A I D E N
Heute war Mittwoch, der Tag meines Verhängnis. Heute würde ich mein letztes bisschen Heroin aufbrauchen. Wir hatten das ganze etwas beschleunigt und Alex bewahrte noch etwas auf, für den Fall das es komplett schief gehen würde.
Wir hatten es etwas vor 5, die letzten paar Minuten bis zum läuten der Glocke. Den ganzen Tag schon war ich paranoid, und äußerst gereizt. Allein der Gedanke, dass ich in wenigen Stunden kein Heroin mehr bekomme machte mich wahnsinnig.
Als die Glocke endlich ihre Töne spielte, war ich schneller weg als irgendjemand schauen konnte.
Da drinnen hielt es doch keiner aus.
Mit schnellen Schritten verließ ich das Gebäude, wurde aber von jemandem der meinen Namen rief aufgehalten.
Ich drehte mich genervt um und erblickte René der auf mich zu kam.
„Yo, hast du Bock heute oder die nächsten Tage was zu machen"
Ich schaute ihn verzweifelt an.
„Sry...die nächsten Tage geht...schlecht"
Murmelte ich und wandte mich wieder ab. Ich sah noch wie René mir verwirrt nachschaute, ich hätte ihm auch wirklich eine bessere Antwort geben können, doch meine Panik kickte wieder abnormal.
Im Bus musste ich mich wirklich zusammenreißen nicht auszuflippen, und ich war heilfroh als ich aussteigen konnte. Zuhause war Alex schon im Wohnzimmer aufzufinden.
Er bekam aber gar keine Begrüßung, stattdessen ging ich schnell dem letzten bisschen H an den Kragen.
Alex beobachtete kommentarlos wie ich mir das Zeug spritzte. Kaum verließ der Inhalt die Spritze spürte ich Erleichterung, und stützte mich auf dem Boden hinter meinem Rücken ab um nicht umzufliegen. Den Kopf legte ich in den Nacken und ich atmete tief durch.
Meine Umgebung nahm ich gar nicht mehr richtig wahr, bis mir Alex die Nadel aus dem Arm zog, ich hätte sie schon wieder vergessen.
„Nimmst du immer so viel?" fragte er dann.
Ich nickte und stand mit wackligen Beinen auf.
„Ich geh heute noch Arbeiten" informierte ich ihn dann.
„Bekommst du das hin?"
„Na klar, aber ab Morgen geht vermutlich gar nichts mehr." Alex nickte verstehend.
„Ich bleib die ganze Zeit hier nur damit das klar ist, ich lass dich auf keinen Fall allein"
Ich grinste leicht. Alex gibt gutes Boyfriend-Material ab, natürlich nicht für mich. Absolut nichts gegen Homosexuelle, jeder soll lieben wen er will, aber für mich ist das nichts.
Ich rauchte ein paar Zigaretten und wir quatschten neben bei. Das übliche.
Irgendwann wurde es dann auch Abend und ich ging arbeiten. Ich würde einfach heute bisschen angeschlagen spielen, dann wäre es auch viel glaubwürdiger wenn ich morgen behaupte ich sei krank.
Gesagt getan, auf der Arbeit beschwerte ich mich über die angebliche Hitze im Club und das ich Kopfschmerzen hätte.
Als auch meine Schicht geschafft war, begab ich mich wieder nachhause.
Trotz der relativ späten Uhrzeit, halb 2, lag Alex mit einem Laptop auf meiner Couch und schaute Attack on Titan. Auch schon zum gefühlten 10 mal. Aber ich liebte diesen Anime genauso sehr wie er, und ich stimmte ihm zu, ich könnte ihn immer wieder anschauen. Also schmiss ich mich in meine Jogginghose und legte mich neben ihn. Meinen Kopf gegen seinen Oberarm gelehnt.
„Und wie gehts? Merkst' schon was?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Noch alles normal"
„Hoffen wir mal es wird nicht zuu schlimm"
Ich nickte erneut, doch wir wussten beide dass es schlimm sein wird. Sprich pausenloses Kotzen, Panikattacken, Zittern wie verrückt und so weiter. Ich habe noch nie von einem Heroinentzug gehört der nicht schlimm war.
„Ich hab Sky übrigens gesagt sie soll morgen in deiner Schule anrufen und behaupten du wärst krank"
„Danke man, ihr beiden helft mir wirklich"
„Kein Ding, dachtest du ich lass dich alleine entziehen oder was? Das kannst du vergessen, sonst springst du mir noch ausm Fenster oder so" wir lachten zwar über seine Aussage, doch wussten wir beide, dass es gar nicht so abwegig wäre.
„Ich würd sagen wir, und vor allem du, versuchst etwas zu schlafen. Die nächsten Tage wird das sowieso nicht viel passieren"
Enttäuscht dass ich nicht mal eine Folge gesehen habe stimmte ich trotzdem zu.
Wir gingen beide Zähne putzen, ehe Alex im ehemaligen Zimmer von Grace und Lukas verschwand.
Ich bemühte mich etwas schlaf zu finden, doch es brachte sich nicht viel.
Um halb 5 wachte ich durch Übelkeit wieder auf, wodurch ich mich auch kurze Zeit später in die Toilette übergab. Alex muss mich gehört haben, denn er stand im Tür Rahmen und betrachtete mich.
„Ich hab jetzt schon kein Bock mehr" brachte ich schwer atmend hervor.
Alex ging neben mur in die Hock und legte mir die Hand auf die Schulter.
„Zieh durch Aiden, und auch wenn's nicht klappt und du rückfällig wirst, kannst du wenigstens sagen du hast es versucht"
Ich nickte niedergeschlagen und kotzte gleich darauf erneut.
Wir warteten die Übelkeit solange ab, bis 10 min nichts mehr kam vermutlich war mein kompletter Mageninhalt schon wieder hochgekommen.
Nicht empfehlenswert.
Erschöpft stand ich auf und bewegte mich Richtung Küche, verzweifelt auf der Suche nach meinen Kippen.
„Hier" meinte mein vorübergehender Mitbewohner und warf mir eine volle Packung zu. Ich setzte mich an den Tisch und rauchte erstmal. Mir war es in dieser Situation komplett egal ob dann in der ganzen Wohnung der Geruch der Zigaretten hängen würde, eines war sicher, ich würde mich ganz sicher nicht dauernd ans Fenster stellen. Alex tat es mir nach, setzte sich mir gegenüber. Ich zog die Beine an und legte meine Arme um meine Knie, in der Hoffnung das unermüdliche wippen meines Beines zu stoppen. Diese nervige Angewohnheit hatte ich schon immer, in der Schule, im Bus, zuhause, immer wenn ich saß und mich nicht bemühte es nicht zu machen, wippte mein rechtes Bein von alleine. Angefangen hatte ich das ganze als eine Art Ablenkung für meine ‚Anxiety', jetzt machte ich es unbewusst. Doch jetzt war es viel schlimmer, jetzt konnte ich es nicht stoppen. Ich hatte mein Handy in einer Hand, wodurch ich automatisch einen kurzen Blick auf das leuchtende Display warf.
Jetzt war es fast halb 7.
Frustriert legte ich den Kopf auf meine Knie und Arme.
„Aiden"
„Hm?"
„Kann ich dich was ziemlich persönliches fragen" Was kommt'n jetzt.
„Wenn du willst"
Eine kurze Stille trat ein, in welcher ich meinen Kopf drehte und auf die Seite legte.
„Willst du sterben?"
Meine Augen weiteten sich und ich starrte gerade aus, was Alex aber durch die Position meines Schädels wahrscheinlich nicht mitbekam.
„Wie kommst du darauf" stellte ich die Gegenfrage.
„Keine Ahnung, hab einfach gerade drüber nachgedacht. Also?"
„Manchmal" gab ich ehrlich zu.
„Hast du's schon mal versucht?"
Hätte mich jemand anderer diese Fragen gefragt hätte ich ihm eine links und eine rechts gegeben.
Bei Alex war es okay, schließlich half er mir auch jetzt, da finde ich, ich sollte ehrlich sein.
„Ja, schon öfters" ich hob den Kopf und sah meinem Gegenüber in die Augen.
Als Alex nichts mehr sagte beschloss ich ihm einfach was zu erzählen.
„Einmal hat mich sogar Grace aufgehalten"
Wieder trat eine kurze Stille ein, in der Alex mich genau beobachtete.
„Du hast sie geliebt oder?"
Ich nickte halbherzig lächelnd.
Das hatte ich, und genau deshalb hat es mich so zerstört als sie ging.

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Broken apart
Fiksi RemajaEin Mädchen dessen Leben gerade am zerbrechen ist, trifft auf einen Jungen dessen Leben schon zerbrochen ist... ,,Menschen sind nicht ohne Grund so wie sie sind. Sie wurden dazu gemacht" Das wird einem aber erst bewusst, wenn man sich selbst verände...