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A I D E N
Zwei Wochen später und ich hatte meine vier Wände bisher nur für Arbeiten verlassen. Zur Schule wollte ich im Moment überhaupt nicht und hatte keine Kraft hin zugehen. Ich glaube aber auch das ich dieses mal einen guten Grund habe.
Gegessen habe ich vielleicht das letzte mal vor drei Tagen, doch ich verspürte keinen Hunger.
Generell war mir alles zu viel.
Alles was ich im Moment wollte war schlafen und nie wieder aufzuwachen, aber da ich nicht mal einschlafen konnte, stellt sich dieser Wunsch als recht schwierig heraus.
Es war drei Uhr nachmittags und ich hatte es nach fast vier Stunden aus dem Bett geschafft. Nun wollte ich Duschen gehen, das Gefühl nach dem Aufstehen fand ich immer noch ekelhaft.
Im Bad kämmte ich zuerst meine zerzausten Haare durch, dabei musste ich unabsichtlich in mein Gesicht schauen.
Aus meinem Gesicht sprangen einen dunkle Augenringe und spitze Wangenknochen förmlich an. Meine bleiche Haut machte das ganze nicht unbedingt besser und im Kontrast zu den großteils schwarzen Tattoos wirkte sie noch blasser als sie es ohnehin schon war.
Ich riss meinen Blick von mir selbst ab und ging wie geplant duschen, natürlich mit einer hohen Wassertemperatur. Ich war der Meinung dass Menschen die kalt duschten, irgendwie geistig zurückgeblieben sind. Wie konnte man sich bitte freiwillig unter kaltes Wasser stellen?
Ich konnte dieses Paradis jedoch nicht lange genießen, da ich kurze Zeit später mit dem Gedanken an meine Wasserrechnung das Wasser abdrehte.
Mit handtuchtrockenen Haaren, einer Jogginghose und ausnahmsweise sogar mit einem T-Shirt, ging ich ihn die Küche und machte mir Nudeln. Zwar extra wenig, doch ich musste langsam etwas essen, sonst fall ich um.
Den Halb-vollen Teller starrte ich dann zuerst mal gute 5 Minuten an bevor ich mich dazu überwand ihn zu essen. Bereits ab der Hälfte verspürte ich das Gefühl von Übelkeit, doch ich zwang mich selbst dazu nicht aufzuhören, was sich ihm Nachhinein als recht dämlich herausstellte. Wie zu erwarten war, musste ich mich wenig später übergeben.
Als ich gefühlt meinen ganzen Mageninhalt ausgekotzt habe, stütze ich mich erschöpft auf und wusch mir den Mund aus.
Diese ganze Kotzerei nervte mich abnormal, warum zum Fick konnte ich nicht einfach wie jeder normale Mensch normal essen? Meinem Körper die Schuld zuzuschieben war aber auch nicht richtig, denn ich musste mir langsam eingestehen das ich auch nicht essen wollte. Ein Gedanke an meinen Bauch nachdem ich gegessen hatte reichte aus um mir den Appetit zu verderben.
Vielleicht hatte Alex doch recht.

Den restlichen Nachmittag bewegte ich mich nicht mehr als nötig und setzte mir vor der Arbeit noch einen Schuss, um nicht komplett der Panik zu verfallen.
Die Idee von einem weiteren Entzug hatte ich ziemlich schnell wieder verworfen, mir war es wirklich egal ob ich von Heroin abhängig bin oder nicht, wenn ich Glück habe bringt es mich am Ende um. Doch ich glaube es wird langsam deutlich, dass ich absolut kein Glück besitze.

Im Club war es wieder wie gewöhnlich recht voll. Mich störten zwar die Menschen Massen, doch langsam machte es mir nichts aus arbeiten zu gehen. Erstens werde ich ja bezahlt und zweitens, würde ich zuhause nicht wissen was ich machen sollte, da Schlafen keine Option ist. Somit war ich hier zumindest beschäftigt.
Endlose Gesichter zogen an mir vorbei und schmissen ihr Geld für Alkohol raus, diesen Luxus hätte ich auch gerne.
"drei Mojitos" die bekannte Stimme ließ mich aufblicken. Vor mir standen Blaire, Ava und noch eine aus meiner alten Klasse, aber keine Ahnung wie die heißt. Ich rollte genervt die Augen als ich die drei erkannte, machte mich aber daran ihre Cocktails zu mischen.
"Arbeitest du also immer noch hier?" stellte Blaire gehässig fest. Wie ich dieses Mädchen doch verabscheute.
"Offensichtlich" gab ich gelangweilt zurück. Zu meiner Erleichterung kamen keinen weiteren Sprüche und die Mädchen mischten sich unter die feiernden Leute.

Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte ich endlich nachhause gehen, doch bevor ich auf 'mein' Moped stieg, holte ich meine Zigaretten heraus und zündete schnell eine an.
Bereits wenige Augenblicke später bereute ich meine Entscheidung, als ich die drei Mädchen von vorhin erblickte. Sie kamen gerade durch die Eingangstür nach draußen und enddeckten mich wenige Sekunden später. Natürlich gingen sie auf mich zu.
Ich schätze meine zwei Optionen ab. Entweder ich blieb jetzt einfach wo ich war und bete das sie mich gleich in Ruhe lassen oder ich haue noch schnell ab. Nach kurzem Überlegen erschien mir der erste Weg als der Bessere. Demnach rauchte ich meine Kippe und tat so als hätte ich sie nicht bemerkt, scrollte zusätzlich noch auf meinem Handy herum. Erst als Ava mich mit 'Aiden' ansprach hob ich den Kopf.
"Was" fragte ich scharf und schaute sie fragend an. Keine der Drei schien etwas sagen zu wollen, doch Ava übernahm das reden.
"Also könntest du uns einen Gefallen tun?"
Ich hielt in meiner Bewegung -die Kippe zu meinen Lippen zu führen- inne und schaute sie mehr als verwirrt an. Ohne eine Antwort von mir zu bekommen führ sie mit ihrer Bitte fort.
"Wir müssen für eine Hausparty Alkohol und so besorgen und du bist der erste der uns ein-"
"Nein" Ich schnitt ihr sofort das Wort ab. Was erwarteten die sich denn bitte.
"Bitte Aiden wir kennen niemand anderen der uns welchen besorgen kann"
Ich fing leicht an zu lachen. Meinen die das gerade wirklich ernst?
"Nein" antwortete ich zum wiederholten mal und musste mein Lachen etwas unterdrücken.
"Warum denn nicht?"
"Was bitte hab ich davon?"
Eine Antwort auf meine Frage kam nicht und die drei schauten sich gegenseitig hilfesuchend an. Ich schmunzelte und stieg auf das Motorrad nachdem ich mir den Helm übergezogen hatte. Ohne weitere Worte fuhr ich davon und ließ die drei alleine zurück. Was bilden die sich eigentlich ein? Das war ja schon fast zum Lachen, schafften es nicht mal Alkohol zu besorgen.

Am nächsten Morgen wurde ich durch die Klingel meiner Haustür geweckt. Ich könnte die Person hinter dieser Tür gerade abstechen, ich war vor ca. einer halben Stunde eingeschlafen. Ich nahm mir mein Handy und musste schmerzhaft feststellen, dass wir es halb 10 in der Früh hatten. Wer zum fick klingelt bei anderen Menschen an einem Samstag Vormittag?
Ich drehte mich auf die andere Seite und hoffte die Person würde einfach verschwinden, doch das tat sie dem bestehenden Klingeln nach offensichtlich nicht. Irgendwann ging mir dieses Geräusch so auf die Nerven, dass ich aus meinem Bett sprang und mit voller Wucht die Tür aufriss.
,,Ich glaub ich spinne, was zum fick machst DU hier?" vor mir stand keine andere als Ava. Meine Verblüffung wurde schnell von meiner Wut überschwemmt und ich maulte sie mit dem tödlichsten Blick dieser Welt an. Sie bemühte sich zwar so zu tun als würde es sie nicht interessieren, doch sie man sah einen kleinen Funken Angst in ihren Augen.
"Was. Machst. Du. Hier." fuhr ich sie an als ich immer noch keine Antwort bekommen hatte.
"Könnte ich bitte rein kommen? Ich möchte nochmal über unsere Bitte von gestern reden"
Ich verdrehte die Augen als sie meine Vermutung aussprach und wollte die Tür zuknallen, welche sie jedoch mit ihrem Bein abfing.
"Bitte Aiden" ich verdrehte die Augen und öffnete schließlich erneut die Tür. Ich trat zur Seite und ließ sie eintreten, sie zog sich die Schuhe aus und ging Richtung Küche.
Woher weiß sie wo ich wohne?
Ach ja, die war ja schon mal hier.
Genervt folgte ich ihr.
Dieses Mädchen hatte mich gerade um locker eine bis zwei Stunden Schlaf -was für meine Verhältnisse echt viel ist- gebracht.
Sie setzte sich unsicher auf einen Stuhl während ich mich im Schneidersitz auf die Arbeitsplatte der Küche setzte. Mir wurde mehr als unwohl als ihr Blick nicht mehr meinem Gesicht, sondern meinem entblößten Oberkörper galt und so zog ich mir schnell einen Hoodie über der in Reichweite lag.
Sie schien darauf hin zu bemerken, dass sie mich anstarrte und räusperte sich.
„Tschuldigung" murmelte Ava.
„Warum bist du hier" ich wurde langsam ungeduldig, ich hasste es wenn man meine Zeit verschwendete.
„Können wir bitte nochmal darüber sprechen?"
„Dann fang doch endlich an!" die soll sich bisschen beeilen.
„Was möchtest du dafür haben?"
Ich überlegte. Was brauchte ich? Geld für Drogen. Was wollte ich? Geld für Drogen. Aber nicht von ihnen.
„Warum sollte ich euch helfen" stellte ich die Gegenfrage.
„Wir bezahlen dich ja auch, und du kannst natürlich auch zur Party kommen"
Ich musste erneut ein Lachen unterdrücken. „Ich arbeite in einem Club, glaubst du wirklich ich gehe in meiner Freizeit feiern?"
Fragte ich sie leicht amüsiert.
„Was willst du dann? Sag es mir"
„Das ihr mich in Ruhe lasst, ich hab auch ohne euch genug Probleme" beantwortete ich bissig ihre Frage und deutete mit dem Kopf Richtung Tür. Während Ava sich erhob und ihre Kleidung glatt streifte fing sie an wieder zu reden.
,,Wann warst du eigentlich das letzte mal in der Schule? Man sieht und hört kaum noch was von dir"
,,Geht dich nichts an" mit finsterem Blick wartete ich darauf bis sie endlich meine Wohnung verließ und ich schloss schnell die Tür hinter ihr.
Konnte ich bitte einfach von dieser Welt verschwinden?

Broken apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt