Kapitel 3 - Ein unerwartetes Wiedersehen

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Ich irrte schon ein paar Minuten durch das riesige Schulgebäude, konnte das Sekretariat aber nirgends finden. Die Flure waren komischerweise wie leergefegt, niemand war zu sehen. Plötzlich entdeckte ich einen Jungen und lief erwartungsvoll auf ihn zu, in der Hoffnung, er könnte mir den Weg zeigen. "Hey du, Puddingkopf, kannst du mir vielleicht helfen?" Erst, als ich vor ihm zum Stehen kam, bemerkte ich, wer er war. Es war der Typ, dem ich am Freitag im Kiosk begegnet bin. Besser gesagt, den ich aus Versehen umgelaufen hatte. Ich musterte ihn. 'Habe ich ihn grade Puddingkopf genannt?', dachte ich belustigt. Aber ich muss zugeben, seine Haare sahen wirklich ein bisschen aus wie Pudding. Sie waren blond gefärbt, wobei der Ansatz schon ziemlich weit rausgewachsen war.
Abgesehen von seinen Haaren, sah der Junge recht unscheinbar aus. Sein Gesicht konnte ich nicht wirklich erkennen, da er die ganze Zeit nach unten auf seine Switch starrte. "Sorry, was hast du gesagt?", fragte mich der Junge desinteressiert. "Ich habe gefragt, ob du mir helfen kannst. Ich suche das Sekretariat.", wiederholte ich mich. "Komm mit, ich führ' dich hin.", sagte der Junge monoton und setzte sich in Bewegung, ohne dabei seinen Blick von seiner Switch zu wenden. "Darf ich fragen wie du heißt?", fragte ich ihn, um die unangenehme Stille zu unterbrechen. 'Ich glaube, er hat mich gar nicht wiedererkannt. Oder doch? Vielleicht ist er deswegen so unfreundlich.' Mal wieder in Gedanken vertieft, bekam ich gar nicht mit, was der Junge geantwortet hatte. "... und du?", fragte er wieder in seinem monotonen Tonfall. "Sorry, ich war in Gedanken, was hast du gesagt?", fragte ich zurück und bekam dabei einen leichten rosanen Schimmer auf meinen Wangen. Es war mir peinlich, dass ich nochmal nachfragen musste. "Kozume Kenma. Wie heißt du?", wiederholte er sich. "Ich bin Sakana Tomoko. Freut mich, dich kennenzulernen." Er antwortete nicht und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Switch. "Was spielst du da?", fragte ich neugierig. "Zelda." "Oh cool, das habe ich auch mal gespielt, das ist echt cool." Plötzlich hatte ich Kozumes Aufmerksamkeit. "Ach echt, du zockst auch? Was denn so?" Auch, wenn seine Stimme trotzdem monoton klang, konnte ich ein leichtes Funkeln in seinen Augen entdecken. Aber wenn er selbst in der Schule mit dem Ding rumläuft, muss er wohl wirklich süchtig nach Zocken sein. 'Schon irgendwie niedlich.', dachte ich. "Früher habe ich sehr viel gezockt, habe es dann aber aus den Augen verloren. Doch ich möchte unbedingt bald wieder mit dem Zocken anfangen, ich vermisse es sehr.", beantwortete ich seine Frage und wurde ein bisschen traurig. Kozume schien es zu bemerken und hakte nicht weiter nach. "Wenn du mal jemanden zum Zocken brauchst, sag' einfach Bescheid. Wir sind übrigens da, hier ist das Sekretariat.", sagte er und blieb vor einem Raum, ganz in der Nähe des Eingangs, stehen. "Nicht dein Ernst? Wie habe ich es geschafft, das zu übersehen?" Ich schüttelte nur den Kopf. "Arigato* Kozume, wir sehen uns bestimmt." Ich verabschiedete mich von ihm und betrat das Sekretariat. Dort wurde mir meine Schuluniform ausgehändigt und mitgeteilt, in welcher Klasse ich war. Die Sekretärin erklärte mir gerade noch den Weg zum Klassenzimmer, als es auch schon klingelte. "Du kannst dich hier noch schnell umziehen und dann vor der Klasse warten bis zu hereingerufen wirst.", sagte die nette Dame zu mir. "Arigato." Ich verbeugte mich, zog mich im Nebenraum um und lief zum Klassenraum. Diesmal ohne mich zu verlaufen.

Ich blieb vor der Klasse 2-3 stehen und wartete, dass ich hereingebeten wurde, wie die Sekretärin es mir gesagt hatte. Mit schlotternden Knien stand ich da, meine Hand schon an der Türklinke. Ich schaute nochmal an mir herunter. Es war ein ungewohnter Anblick, mich in einer Schuluniform zu sehen. Aber sie gefiel mir. Nur der Rock könnte vielleicht etwas länger sein. Gerade als ich mal wieder in meine Gedanken abdriften wollte, hörte ich jemanden im Raum meinen Namen sagen. Das war mein Stichwort. Ich drückte die Türklinge nach unten, öffnete die Tür und betrat das Klassenzimmer. Auf dem Weg zum Lehrerpult merkte ich, wie alle Blicke auf mir lagen. Naja, fast alle. Nur der mir bereits bekannte Puddingkopf, Kozume Kenma, hatte seinen Blick nach unten gerichtet. Wahrscheinlich spielte er unter dem Tisch heimlich weiter Zelda. Ich musste kurz kichern, als ich ihn sah. "Sakana, bitte stell dich kurz vor.", sagte der Lehrer, als ich neben ihm zum Stehen kam. Ich räusperte mich. "Mein Name ist Sakana Tomoko, ich bin 16 Jahre alt und wohne erst seit ein paar Tagen hier in Tokyo. Auf gute Zusammenarbeit." Ich beendete meine kurze Vorstellung mit einer leichten Verbeugung. "Danke. Herzlich Willkommen. Hat noch jemand eine Frage an Sakana?" Der Lehrer sah in die Runde, aber niemand meldete sich. "Alles klar, dann setz dich doch bitte auf den freien Platz neben Kozume.", sagte der Lehrer mit einem Lächeln. Ich machte mich auf den Weg zu meinem Platz. "Hi Kozume, so sieht man sich wieder." Der Junge erschrak leicht, weil er wahrscheinlich nicht damit gerechnet hatte, dass ihn jemand ansprach. Er schaute verwirrt in meine Richtung. "Ach Sakana, du bist es. Wer hätte gedacht, dass wir in einer Klasse sind." Ich dachte, ich hätte kurz ein klitzekleines Lächeln in seinem Gesicht gesehen, da war sein Blick schon wieder nach unten auf seine Switch gerichtet. 'Ha, ich hatte recht!', dachte ich nur und musste leicht schmunzeln.

Der erste Schultag verging wie im Flug. Zum Glück hatte ich keine großen Schwierigkeiten in den Stoff einzusteigen, da das Schuljahr hier heute erst begonnen hatte.
Es klingelte zum Schulschluss und ich packte gerade meine Sachen in meine Schultasche. Die Pausen hatte ich heute in der Klasse verbracht, da ich einfach zu aufgeregt war, um mich schon mit den ganzen neuen Eindrücken und Menschen zu befassen. 'Morgen werde ich Kozume mal fragen, ob er mit mir die Pause verbringen und mir ein bisschen was zeigen möchte.', dachte ich. Plötzlich rief jemand quer durch den Raum: "Oi, Kenma. Beeil dich, wir müssen zum Training!" Ich schaute zur Tür, in der ein großer Typ mit schwarzen Haaren stand, die ihm unordentlich über sein halbes Gesicht fielen. Wer war das und warum schrie er hier so rum? "Man, Kuroo, ich komm ja schon. Du musst nicht so rumschreien.", hörte ich Kozume genervt sagen, während er aufstand, seine Tasche nahm und gemächlich zu diesem Kuroo schlenderte. Grade als ich Kozume aufhalten und ihn fragen wollte, um was für ein Training es sich handelte, war er schon zusammen mit seinem Kumpel verschwunden.
Ein bisschen enttäuscht packte ich meine letzten Sachen in meine Tasche und verließ alleine das Klassenzimmer. Bevor ich mich auf den Weg nach Hause machte, wollte ich noch auschecken, welche Clubs es hier so gab. Ich hatte zwar auf dem Flyer schon ein paar Aktivitäten entdecken können, aber das war mit Sicherheit nur eine kleine Auswahl. Ich ging also zurück zum Sekretariat im Eingangsbereich der Schule, wo sich auch das Schwarze Brett mit allen Club-Angeboten befand. Am Ziel angekommen traute ich meinen Augen nicht, wer dort auf mich wartete.

*Arigato = Danke

Watashi no kanpeki na kara 🐚 - Kenma x OC (18+ Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt