Kapitel 8 - Gemeinsame Mittagspause

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Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker. Und klingelte und klingelte und klingelte. Ich wollte nicht aufstehen. Ich wollte viel lieber in meinem kuscheligen Bett bleiben, unter meiner warmen Decke und in Selbstmitleid baden. Meine Gedanken, die ich gestern Abend bekam, verunsicherten mich. Eigentlich hatte ich schon seit Wochen mit Mattheo abgeschlossen, doch dadurch, dass ich herausfand, dass Kenma auch ein Streamer war, kam alles wieder hoch. Ich streckte meinen Arm durch einen kleinen Spalt in meiner Decke, um endlich diesen nervigen Ton meines Weckers auszuschalten. Aber statt aufzustehen, mummelte ich mich noch weiter in meine Decke ein und schloss nochmal die Augen. 'Nein, Tomoko. Mattheo ist auf der anderen Seite der Erde und kann dich nicht mehr manipulieren!', sprach ich mir in meinen Gedanken selber Mut zu. Ich dachte daran, wie nervös Kenma gestern war, als er mich fragte, ob wir die Mittagspause zusammen verbringen würden und musste schmunzeln. Und wenn ich ehrlich bin, freute ich mich darauf. Nicht nur auf die gemeinsame Mittagspause, sondern auch darauf, Kenma und auch das ganze Jungen-Volleyball-Team besser kennenzulernen. Und wer weiß, vielleicht machte ich mir auch nur unnötig Gedanken und Kenma war wirklich ein netter Kerl.

Inzwischen hatte ich es doch geschafft, mich aus dem Bett zu rollen und war gerade dabei, vergeblich meine Augenringe abzudecken. Aber, oh Wunder, waren diese heute einfach viel zu tief. Da half auch der Concealer nichts. In der Hoffnung, es würde von meinem demolierten Gesicht ablenken, machte ich mich an meine Haare. Ich hatte heute Lust, sie mal nicht nur langweilig offen zu tragen. Letztendlich thronten 5 Minuten später zwei kleine Knödel auf meinem Oberkopf, die die Hälfte meiner Haare hochsteckten. Vorne ließ ich zwei breitere Strähnen in mein Gesicht hängen, der restliche Teil meiner Haare blieb offen.
Pünktlich um 7:15 Uhr machte ich mich auf den Weg in die Küche, wo bereits meine Eltern und meine Schwester am Frühstücken waren. "Guten Morgen, Prinzessin, du siehst toll aus.", begrüßte mich meine Mum fröhlich. "Danke.", gab ich zurück und war froh, dass mein Plan, durch die Frisur von meinen viel zu dunklen Augenringen abzulenken, scheinbar funktionierte. Ich setzte mich neben Jun an den gedeckten Tisch und schaufelte mir eine riesige Portion Rührei auf meinen Teller. Plötzlich fiel mir wieder etwas ein, was ich vor der Schule noch erledigen musste. Beziehungsweise etwas, das meine Eltern erledigen mussten. Ich stand also nochmal auf, kramte in meiner Schultasche, die ich bereits im Hausflur abgestellt hatte und kam mit einem leicht knittrigen Formular wieder zurück an den Tisch. "Mum, Dad, kann bitte einer von euch beiden das hier unterschreiben? Ich brauche euer Einverständnis für meinen Beitritt im Volleyball-Club." Ich legte meinem Dad das Formular und einen Kugelschreiber, den ich auch aus meiner Schultasche gekramt hatte, bittend vor die Nase. "Selbstverständlich kriegst du unser Einverständnis. Hier." Keine 5 Sekunden später gab er mir beides wieder. Ich rannte schnell in den Flur, verstaute das unterschriebene Formular und den Kuli wieder in meiner Tasche und widmete mich dann endlich meinem Frühstück. "Tomo-chan, ich fahre deine Schwester heute zur Schule, da sie für ein anstehendes Kunstprojekt die Utensilien mitbringen muss. Sollen wir dich mitnehmen? Wir kommen ja sowieso an der Nekoma vorbei." Meine Mum reichte mir mein Bento, welches ich heute Mittag mit Kenma essen würde. "Oh ja, das wäre nett. Arigato. Ich muss nur noch schnell meine Zähne putzen, dann bin ich startklar.", sagte ich und hüpfte dabei schon die Treppe nach oben ins Bad.

"Tschüss mein Schatz, hab' einen tollen Tag!", verabschiedete sich meine Mum von mir, bevor ich aus dem Auto stieg. "Danke, ihr auch." Ich schlug die Tür unseres Wagens zu, winkte den beiden noch zu und machte mich dann auf den Weg zu meinem Klassenzimmer. Dort angekommen, war ich mit eine der ersten. Aber heute war ich ja auch endlich mal pünktlich. Ich begab mich zu meinem Platz und begann schon mal damit, alles für die erste Stunde auf meinem Tisch auszubreiten. Ich war ganz in meinem Element, als ich meine Stifte, mein Heft und alle sonstigen Utensilien fein säuberlich auf meinem Tisch drapierte, sodass ich gar nicht merkte, wie Kudo und Kenma sich neben mich setzten und mich belustigt anstarrten.
„Sag mal, was machst du da?", fragten die beiden im Chor. Als sie realisierten, was gerade passiert war, lehnten sie sich verlegen zurück auf ihre Plätze. „Was ist denn mit euch los?", fragte ich, als ich in dem Moment aus meinem Sortier-Rausch wieder in die reale Welt trat. „Ä-ä-ähm, n-n-n-ichts...", stotterten die beiden wieder synchron. „Wie ihr meint. Guten Morgen erstmal.", entgegnete ich beiden und lächelte. „Guten Morgen Sakana.", strahlte Kudo zurück. „Morgen.", grummelte Kenma nur in seinem üblichen Tonfall und legte seinen Kopf auf seine verschränkten auf dem Tisch liegenden Armen ab. Ich ignorierte es einfach und bereitete mich weiter auf den Unterricht vor, der in diesem Augenblick beginnen sollte.

Die Zeit bis zur großen Mittagspause verging heute ziemlich schnell. Wahrscheinlich, weil ich mich freute, diese zusammen mit Kenma zu verbringen.
Ich hatte Kudo schon davon berichtet, sodass ich ihr nur noch kurz winkte, als die Klingel zur Pause ertönte. „Bai bai, bis später." „Viel Spaß und guten Appetit.", wünschte Kudo mir noch durch den Raum, bevor ich, Kenma voraus, das Klassenzimmer verließ. Doch anders als gedacht, führte Kenma uns nicht in die Mensa. Ohne es gemerkt zu haben, standen wir plötzlich auf dem Dach der Schule. Alleine. Nur wir zwei. Dieser Gedanke machte mich direkt ein bisschen nervös. Aber ich hatte es mir und vor allem Kenma versprochen, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und mir erst ein Bild von ihm zu machen. Also ließ ich mich darauf ein. „Was machen wir? Ist das nicht verboten, hier hochzugehen?", fragte ich Kenma verwundert. „Uns hat doch keiner gesehen.", gab er monoton von sich. „Außerdem kann mich hier niemand beobachten. Das mag ich.", fügte er noch hinzu und setzte sich auf die einzige Bank, die es hier oben gab. „Setz dich und dann lass uns essen." Er zeigte dabei neben sich, als Aufforderung mich zu setzen. Etwas zögerlich ging ich auf die Bank zu und setzte mich neben ihn. Dann holte ich meinen Bento hervor und begann zu essen. Kenma tat es mir gleich und so saßen wir schweigend und essend nebeneinander.

Watashi no kanpeki na kara 🐚 - Kenma x OC (18+ Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt