Kapitel 7 - Eine erschreckende Entdeckung

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Kozu.. äh, Kenma führte mich durch die gesamte Sporthalle und erklärte mir die Aufgaben als Managerin. Diese bestanden daraus, die Flaschen der Jungs während des Trainings und bei Spielen aufzufüllen, sowie ihnen Handtücher zu bringen. Ich sollte mir außerdem Notizen zu jedem einzelnen machen, damit das Analysieren von Fähigkeiten und Spielzügen am Ende leichter fiel. Zusätzlich konnte ich zusammen mit dem Coach Trainingsspiele und -Camps organisieren und planen, erzählte mir Kenma zum Abschluss. Der letzte Punkt hörte sich wirklich interessant an, denn, auch wenn man mir es vielleicht wegen meinem unordentlichen Zimmer nicht ansehen würde, ich war ein wahres Organisationstalent. Das würde ich liebend gern auch unter Beweis stellen.
"Das war eigentlich alles, was du über den Job als Managerin wissen musst.", beendete Kenma seine Führung. Wir waren wieder bei Coach Nekomata angekommen, der mich freundlich in Empfang nahm. "Danke Kozume, dass du Sakana alles gezeigt hast. Eigentlich sollte Kuroo das machen, wo steckt der schon wieder? Na egal, bitte geh dich jetzt schnell aufwärmen, die anderen warten schon." Kenma setzte sich unmotiviert in Bewegung. "Coach Nekomata, kann ich Kenma vielleicht begleiten? Ein paar Runden zu laufen, würde mir auch mal ganz gut tun.", kicherte ich, "Danach werde ich mich auch sofort um meine neu erhaltenen Aufgaben als Managerin kümmern, versprochen." Ich verbeugte mich leicht und hielt meine Hände bittend vor meine Brust. "Ja, mach das gerne. Kozume freut sich bestimmt über Gesellschaft beim Laufen. Aber komm danach bitte direkt zu mir, damit ich mit dir alles Weitere besprechen kann." "Geht klar, danke Coach!", rief ich ihm noch dankend zu, während ich bereits loslief und zu Kenma aufholte. "Oi, Kenma. Der Coach hat gesagt, ich kann mit dir ein paar Runden laufen, damit du nicht so alleine bist." "Von mir aus.", erwiderte Kenma in seinem üblichen monotonen Tonfall. "Übrigens, die Frisur steht dir sehr gut, die solltest du öfter tragen." Kenmas Wangen färbten sich in einem leichten rosa, als er mein Kompliment wahrnahm. "Da-da-danke Tomoko. Aber so binde ich sie mir, wenn dann nur beim Training.", entgegnete er mir, immer noch mit einem rosanen Schimmer im Gesicht. "Ich glaube, ich laufe die letzten Runden lieber alleine, danke, dass du mir Gesellschaft geleistet hast, Tomoko.", sagte er und zog das Tempo an. Ich war etwas überrascht darüber, dass er plötzlich schneller lief, da Kenma vorher schon außer Atem war. Völlig perplex blieb ich einfach stehen. "Mach dir nichts draus, Kenma braucht Zeit, um sich zu öffnen." Kuroo hatte uns wohl beobachtet und stand nun direkt vor mir. Er beugte sich zu mir runter und wuschelte mir durch meine sowieso schon zerzausten Haare. "Ey, lass das Kuroo!" Gespielt verärgert schlug ich seinen Arm weg. "Ganz ruhig, Kleine. Ich weiß, dass ich keine Chance bei dir habe." Er zwinkerte mir noch einmal provokativ zu und ging wieder zu seinen Teamkollegen, die sich gerade für ein Trainingsspiel aufstellten. Ich sah, dass auch Kenma seine Aufwärm-Einheit beendet hatte, also beschloss ich, wie besprochen zu Coach Nekomata zu gehen. Dieser erklärte mir dann kurz die wichtigsten Regeln beim Volleyball und bat mich, während des Trainingsspieles, welches soeben begonnen hatte, alles aufzuschreiben, was mir auffiel.

Es machte Spaß, den Jungs beim Spielen zuzusehen und am Ende des Trainings hatte ich eine ganze Seite meines Blockes voll mit Notizen. Ich gab sie dem Coach, brachte die benutzten Handtücher zum Wäschekorb im Clubraum und verabschiedete mich dann vom Team. Coach Nekomata gab mir noch ein Formular, welches ich bis zum nächsten Training unterschrieben wieder mitbringen sollte und entließ mich danach endgültig aus der Halle. Ich wollte grade zum Gehen ansetzen, als mich jemand aufhielt. Es war Kenma. Verlegen trat er von einem Bein auf's andere und versteckte sein Gesicht so gut es ging in seiner Trainingsjacke. 'Wie süß.', dachte ich. "Kenma, was gibt's? Ich muss echt langsam nach Hause. Meine Eltern warten wahrscheinlich schon auf mich.", sprach ich. "Ich wollte dich fragen, ob wir morgen in der Mittagspause zusammen Mittagessen wollen." Er sprach so schnell, dass ich ihn fast nicht verstand. "Klar, können wir machen. Bis morgen." Ich schenkte ihm ein Lächeln und winkte ihm zum Abschied. Dann machte ich mich zügig auf den Weg zur Bahn. Ich hatte heute Morgen in der Eile ganz vergessen, meiner Mum Bescheid zu sagen, dass ich mich für einen Club entschieden hatte und deswegen später kommen würde. Als ich im Zug saß, holte ich mein Handy aus meiner Tasche und schrieb ihr eine SMS, dass ich auf dem Weg nach Hause sei und sie sich keine Sorgen zu machen brauchte.
30 Minuten später, genau genommen um 19:07 Uhr betrat ich endlich das Haus. Erschöpft ließ ich meine Tasche im Flur fallen, zog meine Schuhe aus und ging zu meinen Eltern ins Wohnzimmer. Ich hatte mir nicht mal die Mühe gemacht, meine Schuhe aufzuschnüren, sondern sie einfach nur abgestülpt und in irgendeine Ecke gepfeffert. "Konbanwa*, da bin ich wieder.", begrüßte ich müde meine Eltern. "Tomo-chan, da bist du ja endlich. Du kommst ja ganz schön spät." Mein Dad nahm den Blick vom Fernseher und versuchte mich streng anzuschauen. Dabei wussten wir beide ganz genau, dass er der entspannte Elternteil war. "Gomen, ich habe heute morgen ganz vergessen Bescheid zu sagen, dass ich nach dem Unterricht noch in meinem neuen Club bin.", entschuldigte ich mich mit einer kleinen Verbeugung. "Ach, dann hast du dich also entschieden. Und, welcher Club ist es geworden?", fragten meine Eltern beide gleichzeitig, woraufhin wir alle drei in lautes Gelächter ausbrachen. "Vor euch steht die neue Managerin des Jungen-Volleyball-Clubs der Nekoma-Oberschule.", verkündete ich, nachdem wir uns beruhigt hatten. "Sehr schön, Schatz. Das freut uns sehr. Aber du hast bestimmt Hunger, im Ofen steht noch eine Portion Ramen für dich. Da du sicher auch noch Hausaufgaben hast, darfst du gerne in deinem Zimmer essen.", sagte meine Mum sanft. "Danke Mum, du bist die Beste." Ich umarmte sie kurz, schnappte mir meine Tasche, die ja immer noch im Flur stand, holte mir die noch warme Portion Ramen aus der Küche und stapfte zufrieden in mein Zimmer. Während ich an meinen, zum Glück ziemlich einfachen, Hausaufgaben saß, schlürfte ich genüsslich die Ramen. Ich liebte Ramen. Neben Sushi mein absolutes Lieblingsessen.

Ich klappte mein Matheheft zu und schaute auf die Uhr. Es war noch nicht mal 21:00 Uhr, ich war echt schnell mit meinen Hausaufgaben heute. 'Dann habe ich ja noch ein bisschen Zeit, bis ich in Bett gehe. Vielleicht ist das eine gute Gelegenheit, endlich mal wieder ein bisschen zu zocken.', dachte ich, während ich vom Boden aufstand, die leere Ramen-Schüssel auf meinen Nachtschrank stellte und mich auf meinem unfassbar gemütlichen Gamingstuhl niederließ. Wie ich dieses Gefühl, wie auf einer Wolke zu sitzen, vermisst hatte. Zögerlich drückte ich den Knopf des PCs, welcher direkt bunt aufleuchtete. Das Hochfahren kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit. Als der Bildschirm mir auftrug, mein Passwort einzugeben, stockte ich. Sollte ich mich wirklich wieder in die Gamingwelt begeben? Was ist, wenn ich doch wieder abstürzte? Nein, ich war noch nicht so weit. Ich entschied mich dafür, es für heute nochmal sein zu lassen, schaltete den PC wieder aus und ging stattdessen ein bisschen betrübt ins Bad, um mich Bett fertig zu machen. Zurück in meinem Zimmer schmiss ich mich lustlos auf mein Bett, nahm mein Handy und öffnete Instagram. Mir sprang direkt ein Posting von Kenma entgegen. Es zeigte ihn vor seinem Gaming Set-Up. Zögerlich drückte ich auf den Like-Button. Ich wollte gerade zum nächsten Posting in meinem Feed scrollen, als mir etwas auffiel. Wie viele Likes hatte Kenma bitte für dieses Bild bekommen? Hastig klickte ich mich weiter zu seinem Profil und riss geschockt die Augen auf, als ich die Zahl seiner Follower entdeckte. 26.497 Follower stand dort weiß auf schwarz. Mit Erschrecken musste ich feststellen, dass Kenma nicht nur privat gerne zockte, sondern neben der Schule auch noch auf Twitch streamte. Und das auch noch vor nicht grade wenigen Zuschauern. Jedes andere Mädchen hätte ihn dafür jetzt bestimmt angehimmelt, aber da ich leider in der Vergangenheit negative Erfahrungen machen musste, hegte ich eine persönliche Abneigung gegen Streamer.
Niedergeschlagen legte ich mein Handy zurück auf den Nachtschrank. Vorher schaltete ich meinen Wecker ein, damit ich nicht wieder verschlafen würde, und schaltete dann das Licht aus. Anders als die letzten Tage, schlief ich nicht sofort ein. Meine Gedanken hielten mich wach. 'Was mache ich denn jetzt? Kenma wirkt ganz anders als Mattheo. Gar nicht abgehoben und eingebildet, sondern viel mehr in sich gekehrt. Aber was ist, wenn sich die ganze Sache wiederholt, wenn ich mich mit ihm anfreunde und ihn an mich ranlasse? Andererseits bin ich nicht mehr in Deutschland, sondern am anderen Ende der Welt. Spielt das eine Rolle? Hier können die Jungs doch genauso drauf sein, wie an meiner alten Heimat...' Ich wälzte mich unruhig hin und her, während ich vor mich hin grübelte. Als ich nach unzähligen Stunden, oder zumindest fühlte es sich so an, endlich einschlief, hatte ich entschieden, Kenma eine Chance zu geben und ihn nicht direkt mit Mattheo in eine Schublade zu stecken, ohne ihn nicht erst einmal kennengelernt zu haben. Wenigstens war meine viel zu kurze Nacht, die ich dank des Gedankenchaosses hatte, traumlos und unbeschwert.

*Konbanwa = Guten Abend

Watashi no kanpeki na kara 🐚 - Kenma x OC (18+ Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt