Kapitel 27 - Rettung in letzter Sekunde

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POV Kuroo

Ich war gerade auf dem Weg zu Isa-chan, wollte aber noch einen Abstecher zum Kiosk bei ihr in der Nähe machen und ihr etwas Süßes mitbringen. Kurz bevor ich mein Ziel erreichte, hörte ich jemanden schreien. Ein Mädchen. Und die Stimme kam mir bekannt vor. Ich zog mein Tempo an und sah, wie meine beste Freundin Tomoko von einem Fremden belästigt wurde. Er hatte sie mit seinen Armen fest im Griff, aber er war offensichtlich zu stark für das gerade mal 1,62 Meter große Mädchen. Sie zappelte wild und versuchte sich aus seinen Armen zu befreien, wodurch er seinen Griff nur noch festigte. Ich fragte mich, wieso keiner der anderen Passanten oder der Menschen im Laden etwas unternahmen, denn ich war mir ziemlich sicher, dass man es bis drinnen hören würde. Plötzlich lockerte der braunhaarige Typ seinen Griff etwas und sagte etwas zu ihr. Er hatte ein widerliches, aber zugleich verführerisches Grinsen aufgelegt, welches mir eine Gänsehaut verpasste. Wer war der Typ bloß? Seine verführerischen Worte schienen bei Tomoko wohl etwas auszulösen, da sie sich mit einem Mal nicht mehr gegen ihn wehrte. Plötzlich beugte er sich zu ihr runter, als würde er sie küssen wollen. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und wie von selbst setzte sich mein Körper in Bewegung, geradewegs auf die beiden zu. Ich war eigentlich niemand, der sich prügelte oder generell irgendeine Art von Gewalt ausübte, aber in diesem Moment wusste ich mir und vor allem meiner besten Freundin nicht anders zu helfen. Ich sprintete auf den unbekannten Typen zu und schlug ihm, so hart ich konnte, ins Gesicht. Durch den Schlag ließ er von Tomoko ab und taumelte benommen ein paar Schritte zurück. „Tomo-chan, ist alles okay mit dir? Wer ist der Typ?", fragte ich sie aufgebracht. Sie antwortete mir nicht, sondern starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an, aus denen bereits die Tränen strömten. Schützend und um sie zu beruhigen, legte ich meine starken Arme um ihren, sich in diesem Moment sehr zerbrechlich anfühlenden, Körper. „Komm, ich bring dich hier weg. Aber vorher ruf ich noch die Poliz..." „Nein, keine Polizei... bitte Kuroo...", unterbrach sie mich schluchzend. „Aber der Typ hat dich belästigt!", entgegnete ich ihr. „Ich weiß, aber wir dürfen nicht die Polizei rufen... Ich erklär' dir später alles, aber bitte... Bring' mich einfach nur hier weg..." „Gut, ich nehme dich mit zu Isa, da wollte ich sowieso gerade hin.", sagte ich mit sanfter Stimme zu ihr. Da sie immer noch weinte und unter Schock stand, hob ich sie auf meinen Rücken und ging mit schnellen Schritten weg von diesem Ort. Weg von diesem Typen, der sich wohl bald von meinem Schlag erholen würde. Ich ging so schnell ich konnte, um Abstand zwischen uns und den Ort des Geschehens zu bringen.

Bevor ich bei Isa klingelte, versicherte ich mich, dass der Typ uns nicht verfolgt hatte. Da ich niemanden sehen konnte, drückte ich auf den Knopf mit dem Namen Kudo. „Kudo hier, wer ist da?", drang Isas Stimme aus der Gegensprechanlage. „Oi, Isa-chan, ich bin's Kuroo.", sprach ich in das kleine Mikro an der Wand vor mir. „Alles klar, ich mach' auf." Der Summer ertönte und ich konnte das Treppenhaus betreten. Da ich ja noch Tomoko auf dem Rücken trug, rief ich mir ausnahmsweise den Fahrstuhl. Eigentlich nahm ich in den 3. Stock immer die Treppe, aber darauf hatte ich jetzt grade keine Lust. Isa-chan öffnete mir die Tür und wollte gerade etwas sagen, hielt dann aber innen und sah mich nur geschockt an. „W-W-Wieso trägst du T-T-Tomo-chan auf dem Rücken, Kuroo?", fragte sie stotternd. „Lange Geschichte, Isa-chan. Lässt du uns bitte erstmal rein?", antwortete ich ihr mit meinem schönsten Lächeln. „Oh, k-k-k-klar." Sie machte einen Schritt zur Seite, sodass ich mit Tomoko auf dem Rücken die Wohnung betreten konnte. Ich steuerte direkt auf das Sofa zu und setzte Tomo-chan vorsichtig ab. Eigentlich dachte ich, sie wäre auf dem Weg hier her eingeschlafen, aber jetzt bemerkte ich, dass sie immer noch in ihrer Schockstarre war und sich deswegen nicht bewegt hatte. Wir, also Isa und ich, versuchten schon seit ein paar Minuten, unsere Freundin wieder zurück in die reale Welt zu holen, doch nichts half. „Es tut mir leid, aber ich glaube, es geht nicht anders.", sagte ich mehr zu mir selbst. „Was meinst du?", fragte Isa verwirrt. Ich antwortete ihr nicht, sondern klatschte Tomoko stattdessen meine flache Hand ins Gesicht. „Kuroo-kun, was tust du da?" Isa wollte schon lautstark protestieren, als sich neben uns etwas regte. Meine Schelle hatte anscheinend Wirkung gezeigt und Tomoko kam endlich wieder zu sich. „Danke, dass du... mich.... gerettet hast... Kuroo...", stammelte sie und wischte sich dabei die Tränen weg. Ohne, dass wir sie dazu aufgefordert hatten, begann sie uns alles zu erzählen. Wer der Typ war, woher sie ihn kannte, was er ihr angetan hatte und warum er jetzt in Tokyo war. „Ach so und kannst du bitte Kenma irgendwie Bescheid sagen? Ich sollte heute eigentlich während seines Streams im Chat aktiv sein, um mich an seine Community zu gewöhnen. Er macht sich bestimmt schon Sorgen...", fügte sie am Ende ihrer Erzählung noch hinzu. „Ja klar, ich schreibe ihm gleich.", bestätigte ich ihr und umarmte sie. Isa schlang auch ihre Arme um Tomoko und so saßen wir zu dritt eine Weile einfach nur da.

POV Kenma

Ich war schon eine Weile am Streamen, aber Tomoko hatte immer noch nichts in den Chat geschrieben. Langsam begann ich mir Sorgen zu machen, was auch meine Community bemerkte. Sie fragten mich, ob alles okay sei, und ich bejahte es stumpf. Plötzlich fiel mir eine Nachricht von Kuroo auf. Er schrieb: „Deiner Kitten geht es gut. Ich habe sie am Kiosk gefunden, als sie ein Typ mitnehmen wollte. Ich konnte es verhindern und habe sie erstmal mit zu Isa genommen. Es geht ihr gut, du musst dir keine Sorgen machen." Er ließ es zum Glück so klingen, als ob es sich um einen meiner Kater handeln würde, wofür ich sehr dankbar war. Klar kamen trotzdem Fragen und Kommentare, aber wenn ich in dieser Situation auch noch preisgegeben hätte, dass ich eine Freundin hatte, würde es alles wahrscheinlich nur noch schlimmer machen. Ich spielte also mit und tat so, als wäre mein Kater weggelaufen und Kuroo hatte ihn durch Zufall wiedergefunden. Natürlich konnte ich unter diesen Umständen mich nicht länger auf mein Game und den Stream konzentrieren, weswegen ich mich kurzerhand bei meiner Community verabschiedete und den Stream beendete. Nachdem ich den PC ausgeschaltet hatte, sprintete ich wie ein wildgewordenes Tier die Treppe runter, schlüpfte in die nächstbesten Sneaker und rannte einfach los in Richtung Isas Wohnung. Mir war egal, dass die Leute mich anstarrten, als wäre ich verrückt geworden. Ich wollte einfach nur so schnell wie möglich zu meinem Mädchen. Schuldgefühle kamen in mir auf. 'Ich hätte sie doch nicht alleine lassen sollen... Was wäre, wenn Kuroo nicht zufällig am Kiosk vorbeigekommen wäre und sie nicht hätte retten können? Ich bin der schlechteste Freund der Welt...', dachte ich, wütend über mich selbst.

Völlig außer Atem kam ich 20 Minuten später bei Isas Wohnkomplex zum Stehen. Mit zittrigen Händen betätigte ich die Klingel und keine 30 Sekunden später ertönte Isas Stimme. Sie ließ mich rein und ich hastete die, gefühlt unendlichen, Stufen in den 3. Stock hoch. Dort angekommen, warteten Isa und Kuroo schon an der Tür auf mich und führten mich direkt zu meiner Freundin, die inzwischen auf der Couch eingeschlafen war. Ich setzte mich neben sie und streichelte ihr sanft über die zerzausten Haare. „Es tut mir so leid, Kitten.", flüsterte ich und war den Tränen nahe. „Das ist doch nicht deine Schuld, Kenma.", versuchte mich Kuroo zu beruhigen. „Und ob es meine Schuld ist. Ich habe sie alleine gelassen, obwohl ich über Mattheo Bescheid wusste. Aber ich, dummes Arschloch, wollte ja unbedingt streamen. Das hab' ich jetzt davon. Was ist, wenn du nicht zufällig da vorbeigekommen wärst? Dann hätte der Typ ihr bestimmt schlimmeres angetan. Schon wieder. Und dass, obwohl ich ihr versprochen hatte, sie zu beschützen!" Ich hatte mich so in Rage geredet, dass mir nun endgültig die Tränen kamen und ungebremst meine Wangen runterliefen. Mein bester Freund, der für mich wie ein großer Bruder war, nahm mich einfach schweigend in den Arm, wodurch ich mich wirklich wieder etwas fing. „Kenma, beruhig dich. Das Wichtigste ist, dass es Tomoko gut geht und ich schlimmeres verhindern konnte. Ich kann verstehen, dass du dich schuldig fühlst, aber davon kannst du es auch nicht ungeschehen machen. Am besten wäre, wenn wir, sobald sie wach ist, uns zusammen überlegen, was wir jetzt machen. Sie nochmal alleine zu lassen, wäre auf jeden Fall keine gute Idee. Vielleicht sollten wir meinen Dad einweihen und den Urlaub absagen. Oder was meinst du Kenma?" Ich hatte mich inzwischen wieder beruhigt und meine Schuldgefühle hatten sich in Hass auf diesen Mattheo umgewandelt. „Ja, du hast recht. Wir dürfen Tomoko nicht mehr alleine lassen und müssen sie vor diesem Bastard beschützen. Der wird es noch bereuen, nach Tokyo gekommen zu sein.", fauchte ich. „Aber jetzt lassen wir Tomoko lieber erstmal schlafen. Sie muss bestimmt den Schock verarbeiten." Ich setzte mich wieder zu meiner schlafenden Freundin aufs Sofa, legte ihre Beine auf meinen ab und nahm ihre Hand, die ich sanft anfing zu streicheln. Kuroo und Isa nahmen neben mir Platz und gemeinsam warteten wir, dass Tomoko wieder aufwachte.

Watashi no kanpeki na kara 🐚 - Kenma x OC (18+ Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt