Kapitel 14 - Das erste Aufeinandertreffen

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Die Schulglocke kündigte den Beginn der nächsten Unterrichtsstunde an. Aber das war uns in dem Moment egal. Wir blieben einfach in der Umarmung, bis uns jemand unsanft auseinanderzerrte. Es war Kudo. „Ich will euch Turteltauben echt ungern trennen, aber der Unterricht hat angefangen. Und ihr wisst, wie streng Sensei Kamado sein kann, wenn man nicht pünktlich ist.", sprach sie, während sie uns in die Klasse zerrte. Wie von selbst trugen mich meine Füße zu meinem Platz, auf den ich mich gedankenverloren plumpsen ließ. Ich stützte meinen Kopf mit den Händen und verbrachte die komplette Doppelstunde damit, Kenma einfach nur verträumt zu beobachten. Ab und zu vernahm ich ein leises, dumpfes Kichern von Kudo, aber das interessierte mich in diesem Moment nicht. Alles, woran ich in dem Moment denken konnte, waren Kenmas starken, warmen Arme, die ich am liebsten nie wieder verlassen hätte.

Wie so oft, riss mich die Pausenklingel aus meinem tranceähnlichen Zustand. Ich hatte nicht mal bemerkt, dass ich die komplette Doppelstunde einfach nur dagesessen und Kenma angeschaut hatte. Plötzlich hörte ich eine vertraute Stimme meinen Namen rufen. „Oi, Sakana. Kommst du endlich? Wir müssen noch was wichtiges besprechen!", rief Kuroo mir zu. Ich sprang auf, schulterte meine Tasche und stratzte Richtung Tür. Dabei winkte ich meinen beiden Freunden und sagte: „Sorry ihr beiden, ihr müsst heute mal ohne mich auskommen. Ich habe etwas wichtiges mit Kuroo zu besprechen. Bis später." Die beiden schauten mir ziemlich verwirrt hinterher, als ich mit Kuroo auf dem Flur verschwand. Eigentlich hätte ich Kenma gerne involviert, aber ich wollte nicht, dass Kudo die Pause alleine verbringen musste. Auf dem Weg zu unserem geheimen Treffpunkt, schrieb ich Kenma deswegen noch eine kurze Nachricht, dass er sich um Kudo kümmern sollte und ich ihm später alles erklären würde. Hinter der Sporthalle angekommen, wartete das restliche Volleyball Team schon auf uns. Wir wollten für Kudo eine kleine Überraschungsparty zu ihrem Geburtstag morgen planen, deswegen durfte sie nichts davon mitbekommen.
„Also, Kuroo stellt die Location und besorgt den Alkohol, Yaku und Lev kümmern sich um die Deko, Yamamoto und Inuoka sind für die Musik zuständig und ich backe einen Kuchen und sorge dafür, dass der Ehrengast auch da ist.", zählte ich noch einmal alles auf, was wir besprochen hatten. Alle nickten zustimmend.
„Gut, dann sind wir hier ja fertig!", trällerte ich zufrieden. „Wer kommt mit Essen?", fragte ich noch in die Runde und wand mich zum Gehen. Wie erwartet trotteten alle Jungs hinter mir her, sodass wir keine fünf Minuten später gesammelt die Mensa betraten. Ich steuerte direkt auf den Tisch zu, an dem Kenma und Kudo saßen und begrüßte die beiden fröhlich. Ich war froh zu sehen, dass sie sich angeregt unterhielten. „Darf ich mitreden?", fragte ich die beiden und setzte mich zu ihnen an den Tisch, dicht gefolgt vom Team. „Klar, wir reden gerade über unsere Pläne fürs Wochenende. Ich hab' ja morgen Geburtstag, weiß aber noch nicht, was ich machen möchte. Deswegen habe ich Kenma nach Ideen gefragt.", antwortete Kudo. „Kenma? Ideen für Unternehmungen? Und da kam was Gescheites bei raus?", neckte ich ihn. Er legte beleidigt die Stirn in Falten. „Er hat vorgeschlagen, in den Park zu gehen und Volleyball zu spielen, sollte das Wetter gut sein. Aber ich habe noch nie einen Volleyball in der Hand gehabt, deswegen weiß ich nicht, ob es mir Spaß machen würde.", erzählte Kudo in die Runde. Ich stieß Kuroo unauffällig in die Seite. Zum Glück verstand er die Anspielung und ergriff das Wort. „Ich finde den Vorschlag von Kenma gut und kann dir gerne beibringen, wie man Volleyball spielt.", sagte Kuroo sanft zu ihr. „Also abgemacht, wir treffen uns morgen alle um 15:00 Uhr im Park.", beschloss ich einfach über den Kopf von Kudo hinweg und widmete mich dann endlich meinem Bento. Kudo nickte nur und aß ebenfalls weiter. „Ich kläre dich später beim Training auf, Kenma.", flüsterte ich ihm zwischen zwei meiner Bisse leise ins Ohr. Er sah mich einfach nur an und nickte.

Ich wartete auf der Bank vor der Turnhalle auf Kenma und Kuroo, so wie ich es jedes Mal nach dem Training tat. Es war schon zur Routine geworden, dass wir uns nach dem Training gemeinsam auf den Weg nach Hause machten. Wir kamen gerade an der Kreuzung an, an der wir uns immer voneinander trennten. Kuroo und Kenma setzten gerade zum Gehen an, als ich Kenma am Arm zurückhielt. "Möchtest du vielleicht noch mit zu mir kommen?", fragte ich nervös. "Meine Mum würde den Jungen, der heimlich bei mir übernachtet hat, gerne kennenlernen.", fügte ich etwas leiser hinzu, damit Kuroo es nicht mitbekam. Allerdings besaß dieser nicht nur Augen, sondern auch Ohren wie eine Katze, weswegen er es trotzdem gehört hatte und mit den Augenbrauen wackelte. "So so, unser kleiner Kenma hat also bei einem Mädchen übernachtet.", piesackte er seinen besten Freund. "Sei ruhig, Kuroo!", brummte Kenma und sah ihn böse an. "Ok ok, ich geh' ja schon. Wir sehen uns dann morgen im Park. Bai bai, ihr Zwei. Habt noch einen schönen Abend und tut nichts, was ich nicht auch tun würde.", sagte er mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht und verließ uns. "Das heißt, du kommst noch mit zu mir?", hakte ich nach. "Ja.", sagte er nur und folgte mir. "Meine Mum war heute morgen echt sauer, weil ich deine Übernachtung nicht angekündigt habe. Sie wird dich also wahrscheinlich erstmal ausfragen. Ich weiß, dass du das nicht magst, aber bitte lass' es einfach über dich ergehen, ja? Sobald sie sieht, dass du ein netter Kerl bist, wird sie dich auf jeden Fall mögen, da bin ich mir sicher." Ich versuchte Kenma noch kurz ein bisschen auf das vorzubereiten, was ihn gleich bei mir Zuhause erwarten könnte. Dieser schnaubte nur, nickte dann aber. "Hier wären wir." Inzwischen waren wir bei meinem Haus angekommen. Ich nahm meinen Schlüssel aus der Tasche und öffnete mit leicht schwitzigen Händen die Haustür. Ich hatte schon ein wenig Bammel davor, wie meine Mum auf Kenma reagieren würde, nachdem ich heute morgen seinetwegen eigentlich nicht zur Schule wollte. Aber ich kannte meine Mum. Sie würde ihn genau unter die Lupe nehmen und ihn dann tief in ihr Herz schließen, da war ich mir ziemlich sicher.

Ich betrat zusammen mit Kenma den Hausflur und hörte, wie meine Mum direkt angelaufen kam. Mit verschränkten Armen und einer in Falten gelegten Stirn stand sie vor uns und versperrte den Weg ins restliche Haus. "Sakana Tomoko, würdest du mir bitte mal erklären, was das heute morgen sollte? Erst willst du wegen einem Jungen, der unabgesprochen bei uns übernachtet hat und dich dann auch noch zum Weinen gebracht hat, nicht zur Schule und eine Stunde später rennst du dann doch wie ein wild gewordenes Pferd los, als wäre nichts gewesen, und lässt mich vor der Schule dumm dastehen. Das finde ich nicht in Ordnung und erwarte eine Erklärung von dir!", tobte sie direkt los, obwohl ich noch nicht mal Schuhe und Jacke losgeworden war. "Hi Mum, ich werde dir gleich alles erklären, aber bitte lass uns doch erstmal rein.", lächelte ich sie besänftigend an. "Und übrigens habe ich jemanden mitgebracht. Das ist Kenma, der Junge, von dem du grade sprichst." Ich versuchte ernst zu bleiben, hätte aber am liebsten losgelacht. In diesem Moment wäre es aber einfach unangebracht gewesen, deswegen verkniff ich es mir, so gut es ging. Meine Mum musterte meine Begleitung skeptisch. "So so, du hast meine Tochter also zum Weinen gebracht." Sie hielt kurz innen. "Da sie dich jetzt aber mitgebracht hat und dich mir vorstellt, heißt das wohl, dass du ein guter Kerl bist. Na, dann kommt mal rein und klärt mich auf. Ach ja, ich bin Sakana Yuria." Mum trat einen Schritt zur Seite und forderte uns mit einer passenden Handbewegung dazu auf, ins Wohnzimmer zu gehen. Dort angekommen, setzten wir uns zu viert, meinen Dad holte ich noch dazu, auf die Couch und ich erzählte ihnen was passiert war. Dass ich nicht alleine essen wollte und deshalb Kenma eingeladen hatte, es dann aber zu spät wurde und ich ihn deswegen bat, hier zu übernachten. Dass es ein großes Missverständnis war und ich dachte, Kenma wäre einfach ohne etwas zu sagen, abgehauen, dabei war er nur zu schüchtern und wollte uns keine Umstände machen. Dass wir uns in der Schule ausgiebig umarmt und nicht wirklich am Unterricht teilgenommen hatten, erzählte ich ihnen lieber nicht.
"Okay, wir verzeihen dir, dass du ohne unsere Erlaubnis einen Jungen über Nacht bei dir hast schlafen lassen. Das nächste Mal fragst du uns bitte vorher, erst recht, wenn es unter der Woche ist.", sagte meine Mum, endlich wieder lächelnd. "Ja, versprochen. Tut mir leid, Mum.", antwortete ich ihr und drückte sie fest an mich. "Und du Kenma, brauchst nicht so schüchtern zu sein. Wenn Tomoko dich einlädt, brauchst du dir keine Sorgen zu machen, eine Last zu sein.", sprach mein Dad Kenma direkt an. "Vielen Dank, Sir.", gab er kleinlaut von sich. Dass Kenma eigentlich wegen der Umarmung so schüchtern und völlig überfordert war, haben wir den beiden lieber nicht verraten. Das brauchten sie nun wirklich nicht zu wissen.
"Ihr habt doch bestimmt noch nichts gegessen oder? Auf dem Herd steht noch Curry, wenn ihr wollt.", sagte meine Mum noch, bevor sie sich wieder dem Fernseher widmete, auf dem sie bereits vor unserer Ankunft eine Serie geschaut hatte. "Arigato, Mum." "Danke, Mrs. Sakana." Wir nahmen uns beide eine riesige Portion Curry und gingen vorsichtig, versuchend nichts vom Essen auf dem Fußboden zu verteilen, in mein Zimmer. 

Watashi no kanpeki na kara 🐚 - Kenma x OC (18+ Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt