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Madow

Dieser Traum war so viel mehr als ein Traum. Seit langem hatte ich nicht mehr so intensiv und wirklichkeitsnah geträumt. Diese Hände, diese Griffe, alles war noch so präsent in meinem Kopf und in meinen Erinnerungen, dass es mich immer noch sichtlich einschüchterte. "Das war nur ein Traum" Harrys Worten wiederholte ich lautlos immer wieder in mir und versuchte mich so irgendwie von diesen unguten Gefühlen zu befreien. Auch wenn mich der Vorfall mit Harry für einige Minuten abgelenkt hatte, war ich froh als wir wenige Stunden später an unserem Bungalow wieder ankamen.

Während Harry auf der Terrasse saß, war ich dabei unser Abendessen vorzubereiten. Immer wieder hörte ich ihn draußen leise singen, reden oder zu einer Melodie auf den Tisch klopfen. Kurz stand ich im Türrahmen und beobachtete ihn. Er bekam nicht mit, dass ich dastand und zusah, wie er fleißig in seinem braunen Notizbuch schrieb. Ich weiß noch als wir uns das erste Mal in diesem Café in Malibu getroffen haben, da hatte er kurz davor auch wild dort hineingeschrieben. Heute weiß ich, dass er dort all seine Gedanken und Ideen notierte, und das seit Jahren.

Kurz vor unserem Urlaub hatte ich gesehen, dass dieses Buch langsam wirklich voll war und auch jetzt schrieb er auf einen der letzten Seiten herum. Lächelnd drehte ich mich wieder um und ging in die Küche, ich hoffte sehr, dass er sich morgen über sein Geschenk freuen würde. Morgen war unser letzter Tag hier auf der Insel und ich wollte mich irgendwie bei ihm bedanken und ich hatte wirklich lange überlegt, was ich diesem Mann schenken könnte. Einem Mann, der sowieso alles hatte, oder es sich ohne Probleme einfach kaufen konnte. Ich meine ja, durch meinen Job bei Harry verdiente ich mittlerweile auch genug Geld, um mir selber mal Sachen zu gönnen, die früher nicht so einfach drin gewesen wären. Dennoch hatte auch ich nicht das Geld ihm eine schöne Uhr, oder Kette von tausenden von Euro zu kaufen.

Ich wusste, dass Harry gar nicht auf Geschenke bestand, und da es ihm ausreichte, die Tage einfach nur mit mir ruhig zu verbringen, weit weg von Trubel, Stress und Lautstärke. Noch immer konnte ich nicht glauben, welches Leben Harry eigentlich führte. Auch wenn ich jetzt schon 9 Monate an seiner Seite war, und das Tour leben und alles, was noch dazugehört, miterleben durfte, verstand mein Gehirn nicht, dass das alles andere als ein normales Leben war. Dieses unruhige Gefühl machte sich in mir breit, dass der Tag kommen wird an dem Harry unsere Beziehung nicht mehr schützen kann. Das wir fotografiert werden, dass die Leute wissen, dass ich nicht nur seine Fotografin bin.

Auch wenn ich diese Zweisamkeit hier wirklich genoss, es machte mir auch genauso wie Angst. Wir vermieden jeden Kontakt zur Außenwelt. Harry achtete streng darauf, dass wir ungestört blieben. Dabei liebte ich es, spazieren zu gehen, andere Leute zu treffen, in einem Restaurant essen zu gehen, in einen Freizeitpark zu gehen, das Kino zu besuchen oder ein bisschen in die Stadt, um einfach zu etwas zu bummeln. Aber ich wusste, dass all das nicht möglich war, zu mindestens nicht mit Harry.

Gedankenverloren rührte ich durch das Gemüse, was in der Pfanne langsam abrannte. "Ehm, Honey... du solltest... Madow????" erschrocken fuhr ich rum und sah in Harrys besorgten Blick. "Hey..." hauchte er und griff nach meiner Hand, die noch den Pfannengriff umklammerte und schob diesen vom Herd runter "Es brennt an..." hauchte er leise und lässt meine Hand wieder los, um diese vorsichtig auf meine Wange zu legen. Ich sah die Besorgnis in seinen Augen, und bevor er fragen konnte, sagte ich ihm schon "mir geht's gut..." hauchte ich. Eindringlich sah er mich an, ich wusste genau, dass er mich nicht glaubte, aber war froh, dass er nicht weiter nachfragte, sondern langsam von mir abließ und sich dem Gemüse widmete. "Ich glaub es ist noch essbar. Ich mache noch eine Sauce, dann schmeckt es nicht ganz so verkokelt" küsste er mich sanft auf die Stirn und schon stellte er die Pfanne wieder auf den Herd, den er zuvor etwas runtergedreht hatte.

Eine Weile stand ich wie angewurzelt da und beobachtete ihn, wie er anfing das Essen fertig zu machen. Als ich merkte, wie sich Tränen in meinen Augen bildete drehte ich mich um und ging ins Badezimmer. Was war auf einmal wieder los? Es ist, als würde mein Körper plötzlich rebellieren und mir etwas mitteilen wollen. Bildete ich mir das ein? War es, weil ich mir immer wieder einredete, dass ich nur noch 2 Tabletten hatte? Harry hatte Recht, ich bin nicht krank. Ich war einfach nur erschöpft. Ich musste aufhören mich so verrückt zu machen.

Hold my Hand (h.s.) [+18]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt