-Chap 29-

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Die nächsten Tage flogen nur so dahin.
Jeden Morgen wachte ich früh auf und machte mich schnell fertig. Dann kam auch schon Loki mit dem Frühstück und wir fuhren mit dem Unterricht vom Vortag fort.

Es machte Spaß mit ihm herumzublödeln. Er nahm mich auch immer öfter mit in die Bibliothek. Ich brauchte nicht mal mehr die Runentabelle, die er extra für mich geschrieben hatte, um die Seiten zu entschlüsseln.

Heute hatte Loki sich entschuldigt, also entschloss ich mich dazu, ein Bad zu nehmen.

Ich schnappte mir ein paar Handtücher aus dem Holzschrank und legte sie neben das Becken. Der warme Dampf stieg mir entgegen, als ich den Wasserhahn wieder zudrehte.

Ich wollte gerade das Bad nehmen, als mir noch etwas einfiel. Vorsorglich verschloss ich die Tür, denn soweit vertraute ich dem Prinzen nicht.

Ich streifte mir das Kleid ab und öffnete meine Haare, sodass sie mir in leichten Locken über die Schultern vielen. Ich war überrascht, wie lang sie schon waren, denn eigentlich wuchsen gerade meine Haare sehr langsam.

Mit einem genüsslichen Seufzer ließ ich mich in das warme Wasser sinken. Der Duft der Seife umhüllte mich und gab mir ein entspanntes Gefühl.

In so einer Umgebung hing ich gerne meinen Gedanken nach. Seine ganze Geschichte hatte mich zum Nachdenken gebracht. Ja, diese Gedanken spukten mir, seit dem wir diese Unterhaltung geführt hatten, durch den Kopf. Ich versuchte mich in ihn zu versetzen. Ich versuchte, seine Beweggründe zu verstehen.

Warum hatte er Odin nichts gesagt? Es war doch sein Vater. Was ist passiert, dass er ihn so wenig schätzte oder ein so schlechtes Verhältnis zwischen beiden herrscht?

Ich wollte ihm helfen und für ihn da sein. Aber auf der anderen Seite wollte ich auch wieder nach Hause. Ich befand mich wirklich in der Zwickmühle.

Ich holte tief Luft und tauchte unter die Wasseroberfläche, im mal kurz meine Gedanken abzuschalten, da ich mich wirklich nur auf das Tauchen konzentrierte. Ich konzentrierte mich darauf, meinen Herzschlag so ruhig wie möglich zu halten, um länger unten bleiben zu können.

Aber so schön es auch war, irgendwann musste ich aber doch auftauchen. Ich durchbrach die Oberfläche und sog die, im Vergleich zu dem warmen Wasser kalte, Luft ein. Sie stach in meiner Lunge, aber es tat nicht weh, sondern war unglaublich angenehm.

Ich strich mir die nassen Strähnen aus dem Gesicht und lehnte mich zurück.
Konnte er wirklich vollkommen unschuldig sein, oder war da doch ein biss Selbstbeherrschung dabei? Vielleicht wollte ein Teil in ihm die Erde wirklich beherrschen.
Aber als er die Geschichte erzählt hatte, sah ich Schmerz und Angst in seinen Augen. Und warum sollte er Lügen? Über so etwas machte man keine Späße. Ich haderte. Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte.

Als meine Finger langsam schrumpelig wurden, wusch ich mir die Haare und stieg aus dem Wasser. Schnell wickelte ich mir das Handtuch um und machte mich daran, meine Haare abzutrocknen.

Als sie fast trocken waren (der Rest würde Lufttrocknen), fiel mir ein, dass ich kein Gewand mitgenommen hatte. Genervt stöhnte ich auf. Warum passierte das jedes Mal? Langsam nervte mich meine Schusseligkeit.

Ich verließ das Badezimmer und riss genervt die Türen des Schranks auf. Ich durchwühlte ihn. 99,9 Prozent des Gewandes, dass dort drinnen war, waren bodenlange Kleider. Hatten die hier nicht auch Hosen für Frauen?
Im hintersten Eck fand ich die Kleidung, die ich an dem Tag, an dem Loki mich entführt hatte, getragen hatte. Sie war gewaschen, genäht und fein säuberlich zusammen gelegt worden. Sogar meine Chucks standen daneben.

Ich zog mir das Shirt über und man hätte nicht mal ahnen können, dass einmal ein Fußballgroßes Loch hinein gebrannt wurde.

Ich wollte gerade den Rest anziehen, als die Tür aufging. Ich schrie auf und duckte mich hinters Bett.

„RAUS!"

„Kann ich nicht. Wie sähe es denn aus, wenn ich in einem komplett leeren Gang einfach dastehen würde?"

„QUATSCH NICHT UND DREH DICH WENIGSTENS UM!"

Er tat, wie ihm geheißen und schloss dabei die Tür. Schnell zog ich meine Hose an und krempelte mir die Ärmel der dünnen Bluse bis zu den Ellenbogen hoch.

„Bist du fertig, Darling?", fragte er, immer noch der Tür zugewandt.

„Ja."

Er drehte sich mit einem schelmischen Grinsen um.

„Kannst du nicht wieder anklopfen, so wie früher?", fragte ich genervt.

„Ich bitte vielmals um Verzeihung.", grinste er.

„Aber vielleicht bekomme ich eines Tages deine pure Schönheit zu Gesicht, wenn ich nicht anklopfe.", neckte er mich.

Mit hochroten Wangen warf ich das Handtuch nach ihm, welches er allerdings geschickt auffing.

„Du bist ein Arsch.", konterte ich.

„Natürlich. Dann werde ich wohl warten müssen, bis es die Dame von sich aus erlaubt."

Ich verdrehte nur die Augen und setzte mich im Schneidersitz auf die Matratze.
Loki brachte das Handtuch wieder in den Schrank, währenddessen ich versuchte, meine Haare zu einem Zopf zu binden.
Spoiler - es funktionierte nicht.

„Kann ich dir helfen?", fragte er mit einem Grinsen, als er mein leicht genervtes Gesicht bemerkte.

„Wenn du durch das Vogelnest hier durchkommst, dann bitte."

Ich warf die Bürste und meinen Haargummi vor mir auf die Decke und verschränkte die Arme vor der Brust. Loki lachte nur bei dem Anblick.

„Na komm. Dreh dich um, ich helfe dir schnell."

Ich drehte mich und ließ die Füße vom Bettrand baumeln. Er fing an, meine Haare zu entwirren und zu entknoten.

„Was für ein Chaos.", bemerkte er.

„Stell dir vor, das weiß ich schon. Ich plage mich schon mein ganzes Leben lang damit."

Loki lachte und machte weiter.

„Ich bin sicher, dass sich der Aufwand am Ende auszahlt."

Er lehnte sich vor und schon spürte ich seinen heißen Atem in meinem Nacken. Kleine Schauer liefen mir über den Rücken.

„Wie ich sehe, magst du das Shampoo.", grinste er.

Ich wollte gerade etwas erwidern, als er meinte, er wäre fertig. Schnell rutschte ich weg, da mir die ganze Situation irgendwie unangenehm war.

„Ähm... ich mochte den Geruch.", murmelte ich.

Loki lächelte leicht.

„Das hatte ich gehofft."

Ich strich mir nervös einige Haarsträhnen hinters Ohr.

„Ähm... wa-was hast du heute denn vor?", fragte ich.

„Eigentlich wollte ich dir etwas zeigen, aber heute soll es nicht so schön werden."

„Gibts in Asgard jetzt auch schon Wetterdurchsagen im Radio?"

„Nein, aber so etwas in der Art. Aber vielleicht kann ich dich ja für heute mit ein paar Partien Schach zufriedenstellen?", fragte er einladend.

„Kann's kaum erwarten.", erwiderte ich.

K!DNAPPED BY LOKIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt