-Chap 09-

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•••Loki's POV•••

Mutter und ich erreichten kurze Zeit später den Thronsaal. Odin saß auf seinem Thron, seinen Speer in der Hand haltend. Thor war noch nicht da, aber er würde bald kommen. Mutter stellte sich an Odins Seite auf das Podest und ich nahm meinen Platz eine Stufe tiefer ein. Dann gingen auch schon die großen Flügeltüren auf und mit wallendem Umhang schritt der Gott des Donners herein. Mit großen Schritten kam er auf den Thron zu und kniete sich davor nieder, den Hammer stellte er neben sich.
Odin begann zu sprechen. Er faselte irgendwas über Stolz und Mut und gute Entscheidungen von Thor aber ich hörte kaum zu. Es war ohnehin eine alte Leier, die er wirklich jedes Mal vorsagte. Seine Rede kannte ich sowieso schon auswendig. Eigentlich wollte ich, dass das alles hier schnell vorbei gehen würde, aber als würde er es absichtlich machen, ließ Odin sich heute ganz besonders viel Zeit.
Unruhig begann ich auf meinen Fußsohlen zu wippen und verlagerte mein Gewicht abwechselnd auf den linken und den rechten Fuß.

Endlich schien Odin geendet zu haben und Thor erhob sich. Ein gutes Zeichen. Auch ich verbeugte mich und wollte gerade den Thronsaal verlassen, als Odins Stimme durch den Saal hallte.

„Loki, begleite Thor bitte. Er könnte deine Unterstützung gebrauchen."

Das durfte doch nicht wahr sein. Machte er das absichtlich?
In mir brodelte es und ich war wirklich sehr genervt. Dennoch ließ ich es mir nicht anmerken, drehte mich mit einem möglichst neutralen Blick um und sagte nur schlicht:

„Ja, Vater."

Ich wandte mich von meinem eigentlich Weg ab und lief auf die großen Flügeltüren zu, an denen Thor bereits auf ihn wartete. Kaum waren die Tore geschlossen, klopfte Thor mir brüderlich auf die Schulter ( mit solcher Wucht, dass ich fast in die Knie ging ).

„Bruder, es ist schön, dich zu sehen."

Ich schüttelte seine Hand, die immer noch auf meiner Schulter lag, ab und sah ihn böse an.

„Ich bin nicht dein Bruder. Ich war es nie."

Thor überging meinen Kommentar und redete weiter.

„Geht es dir gut? Du warst vorher irgendwie nicht ganz bei der Sache."

„Wie meinst du das?"

„Dein Blick war komplett glasig und ich glaube nicht, dass du richtig zugehört hast."

„Er quatscht doch eh immer nur die selbe Leier hinunter. Können wir dann langsam mal beginnen? Ich hab heute noch was vor.", meinte ich missmutig.

„Ähm ... du hast wirklich nicht zugehört, oder? Die Liste an Aufgaben wird uns sicher den ganzen Tag kosten."

Er streckte mir die Pergamentrolle entgegen, die ordentlich Gewicht hatte. Das bedeutete nichts Gutes. Ich rollte die Rolle auf und stöhnte genervt auf. Das alles würde sicher den ganzen Tag dauern.

„Hey, wie wär's, gehen wir trainieren?", schlug Thor vor.

„Wag es ja nicht. Wir werden jetzt sofort damit beginnen, damit wir möglichst schnell fertig sind."

Jetzt war wirklich mein ganzer Tag ruiniert. Ich würde sicher erst spät am Abend zu Jenny kommen, wenn sie wahrscheinlich schon schlafen würde. Es war doch Thors Liste mit seinen Aufgaben. Warum musste ich nun auch leiden? Ich meckerte nicht, weil ich faul war, ganz im Gegenteil. Er war immer weg und ich durfte immer die Drecksarbeit machen. Hatte er einmal auch darüber nachgedacht, dass ich auch ein Privatleben hatte?
Nein, natürlich nicht.

Kurze Zeit später saßen wir in der Bibliothek. Freiwillig wäre Thor hier ganz bestimmt nicht reingegangen, aber hier war es am ruhigsten. Man konnte sich hier einfach besser konzentrieren und Konzentration war sowieso niemals Thors Stärke gewesen.

Wie ich es befürchtet hatte, machte ich den Großteil der Arbeit und Thor saß nur da, starrte an die Decke und kritzelte hin und wieder mal auf das Pergament vor ihm. Irgendwann nahm er ein Buch zur Hand.

Plötzlich lies er es mit voller Wucht auf den Tisch knallen.

„Ich kann nicht mehr! Ich sterbe vor Langeweile!", rief er.

„Es waren keine drei Minuten! Du hast gerade mal den Titel gelesen!", entgegnete ich genervt.

„Komm, gehen wir doch raus auf den Trainingsplatz. Das Wetter ist zu schön um hier drinnen zu versauern."

„Thor, von mir aus können wir nachher bis zum Sonnenuntergang trainieren, aber zuerst machen wir das hier fertig."

„Warum stresst du uns so?"

„Weil ich, wie gesagt, heute noch was vorhabe."

„Und was?"

„Das ist privat und geht dich überhaupt nichts an."

„Muss ich mir Sorgen machen?", fragte Thor.

Dann lehnte er sich mit einem Mal vor und ein seltsames Grinsen umspielte seine Lippen.

„Oder geht es um eine Frau?", fragte er und wackelte mit den Augenbrauen.

Ich spürte wie mein Nacken heiß wurde. Wenn er jetzt anfangen würde herumzuschnüffeln, hätte ich ein anderes Problem. Ich hatte nämlich überhaupt keine Ahnung, wie er reagieren würde, wenn er sie finden würde. Ich durfte mir nichts anmerken lassen.

„Nein, natürlich nicht. Und jetzt lass uns endlich arbeiten."

K!DNAPPED BY LOKIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt