Für den folgenden Tag hatte Loki nichts zu tun. Als er in der Früh mit dem Frühstück kam, hatte er unter dem Arm ein Schachbrett geklemmt.
„Ich dachte mir, das könnte dir gefallen.", hatte er gesagt.
Schach hatte ich schon immer gerne gespielt. Meine Großeltern hatten es mir beigebracht. Schach, Rummy, Joker, generell Kartenspiele und Strategiespiele das konnte ich alles dank ihnen. Das er wusste, was mir gefiel und was nicht, wunderte mich mittlerweile nicht mehr. Gruselig und unangenehm fand ich es dennoch.
Wir begannen die erste Runde während des Frühstücks. Seitdem ich hier gefangen genommen wurde, war es das erste Mal, dass ich ihn essen sah. Normalerweise aß immer nur ich und er saß bloß daneben. Schon während der ersten Runde erkannte ich, dass er gut war im Spiel. Sehr gut sogar. Er setzte seine Züge strategisch wirklich sehr gut. Er war gewieft und schlau.
Während ich versuchte, den Schein zu wahren, wuchsen in mir die Sorgen und Ängste.
Was, wenn ich ihn nicht überlisten konnte?
Was, wenn er mich bei meinem Fluchtversuch wieder einfangen würde?
Was würde er dann mit mir machen?
Und was wäre, wenn ich nicht einmal die Möglichkeit bekäme, zu fliehen?Ganz plötzlich, wie aus dem Nichts, traf mich eine ganz andere Erkenntnis. Was war mit meinen Eltern?
Hatten sie schon bemerkt, dass ich verschwunden war?
Machten sie sich Sorgen um mich?
Suchten sie bereits nach mir?
Sie würden mich nicht finden. Niemand würde mich jemals finden. Zumindest nicht hier.Wut und Verbissenheit machte sich in mir breit. Ich würde mir selbst helfen müssen. Irgendwann würde ich hier schon rauskommen, es war nur eine Frage der Zeit und Zeit hatte ich hier ja mehr als genug.
„Schach-Matt.", sagte ich triumphierend, als ich meinen Läufer vor seinen König setzte.
„Nicht schlecht.", meinte Loki anerkennend.
„Du bist aber auch gut. Spielst du oft?"
„In den letzten 300 Jahren eher weniger. Ich hab damals oft mit Thor gespielt, wenn er mal nicht mit seinen Freunden unterwegs war. Er war gut, aber ich war besser."
„War zu dieser Zeit das Schachspiel überhaupt schon erfunden?"
„Bei uns zumindest schon."
Wir stellten die Spielfiguren wieder auf und begannen die zweite Runde.
„Es ist so, dass sich die 9 Welten mehr oder weniger separat voneinander weiterentwickelt haben. Wir in Asgard haben zum Beispiel eine bessere, medizinische Versorgung, sogar weiterentwickelte Technik, aber wir haben keine Autos.", erzählte er.
„Wow, und ich hab mich schon gefragt, warum die Schachfiguren nicht auf Befehle reagieren und sich bewegen, ohne dass man sie anfasst."
Er lachte auf.
„Du hast zu viel Harry Potter gesehen."
„Hey, ihr seid die höher entwickelte Spezies.", entgegnete ich und setzte meinen nächsten Zug.
„Hmm... die Spielfiguren bewegen, ohne sie anzufassen... so etwa?"
Der schwarze Läufer begann grün zu glimmen und zog dann ganz von allein über das Brett. Meine Augen wurden groß und als sie zum Stehen kam, nahm ich sie in die Hand und begutachtete sie genauer. Kein Magnet, kein noch so kleines Kabel konnte ich entdecken. Es war eine stinknormale Holzfigur. Ich blickte ihn misstrauisch an und stellte die Figur wieder auf ihr Feld zurück.
„Der Trick ist gut. Wie hast du das gemacht? Mit Magneten?"
„Nein, mit Magie."
Ich stieß ein ungläubiges Schnauben aus.
„Ja klar, und was erzählst du mir als nächstes? Das David Copperfield eigentlich aus Asgard kommt?"
„Du würdest es mir nicht glauben."
Ich sah ihn an und zog ungläubig eine Augenbraue nach oben.
„Nein, war nur ein Spaß, aber du wirst selbst noch früh genug erkennen, dass das Leben hier auf Asgard anders läuft, als bei euch auf Midgard. Magie ist, zumindest hier im Schloss, etwas alltägliches."
„Das heißt, du kannst zaubern. Also wirklich, wirklich zaubern.", erkannte ich, noch immer etwas ungläubig.
„Ich meine, ich habe gewusst, dass du Kopien -Klone- von dir erschaffen kannst, aber ich hätte nicht gedacht, dass du noch mehr beherrschst."
„Darling, ich beherrsche noch viel mehr."
Ich unterdrückte den Würgereiz, der mich jedes Mal überkam, wenn er mir einen dieser Kosenamen gab.
„Ich kann zum Beispiel mein Aussehen verändern und andere Leute imitieren."
Ich zuckte erschrocken zurück, als plötzlich nicht mehr Loki, sondern der blonde Hüne Thor vor mir saß.
„Sogar die Stimme kann ich fast perfekt nachmachen.", sagte der Mann vor ihr mit seiner charakteristischen tiefen und lauten Stimme.
Dann, binnen Sekunden, verwandelte er sich wieder in den schwarzhaarigen, blasshäutigen Mann, der er eigentlich war. Er grinste schief und lachte bei meinem erschrockenen Gesichtsausdruck.
„Ta-daa.", grinste er.
„Wahnsinn. Wirklich absolut jeden? Egal, ob Mann oder Frau? Und ist das Alter auch nebensächlich?"
„Ja. Wirklich jede Person, die dir einfällt.", bestätigte er.
„Wo hast du das gelernt? Und kann man das überhaupt lernen?"
Loki lachte erneut auf und wischte sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Meine Mutter hat es mir beigebracht. Ich habe damit angefangen, wie ich noch ein Kind war. Ich mache das jetzt alles schon ziemlich lange, aber, wie man bei euch sagt, man lernt nie aus."
„Und wie funktioniert das? Muss man schon mit irgendwelchen magischen Fähigkeiten geboren werden, oder kann das jeder lernen?", fragte ich, weil es mich wirklich interessierte.
„Ich glaube nicht, dass das nötig ist. Ich glaube, dass auch ich ohne, wie du so schön gesagt hast, magische Fähigkeiten geboren wurde. Aber wenn du möchtest, können wir es mal ausprobieren."
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K!DNAPPED BY LOKI
Fiksi PenggemarJennifer ( Jenny) Peizer war eine ganz normale, junge Frau. Sie lebte in New York, war gerade in eine kleine Mietwohnung gezogen und arbeitete in einem Museum. Niemals hätte sie gedacht, dass das alles abrupt ein Ende finden würde. Als sie nämlich v...