Alles was zählt

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*°•《♡》•°*

I've been watchin' you for some time
Can't stop starin' at those ocean eyes
Burning cities and napalm skies
Fifteen flares inside those ocean eyes
Your ocean eyes

No fair
You really know how to make me cry
When you gimme those ocean eyes
I'm scared
I've never fallen from quite this high
Fallin' into your ocean eyes
Those ocean eyes

Billie Eilish ▪︎ Ocean Eyes

*°•《♡》•°*







“Ob es der Kerl wohl auch irgendwann mal hinkriegt, dich unverletzt zurückzubringen?” knurrte Shoko bei dem Anblick meiner dürftig verbundenen Hände.
“Es war nicht seine Schuld.” Murmelte ich vor mich hin und war selbst einen Augenblick überrascht, dass ich ihn in Schutz nahm. Shoko zog eine Augenbraue nach oben und warf die Mullbinden in einen nahegelegenen Mülleimer.
“Es ist ja nicht seine Technik, die einem das Fleisch von den Knochen schmelzen konnte.” fügte ich humorlos hinzu und erntete einen müden Augenaufschlag, der sie ihre Arbeit unterbrechen ließ.
“Du bist ja in Hochform. Ist was während der Mission passiert, das du mir erzählen willst?” Gab sie zurück, als das Kribbeln ihrer Fluchtechnik wieder einsetzte.
Ich musste sofort daran denken, wie er mich inmitten eines Sturmes aus Flüchen an den Schultern gepackt hatte.
Wie seine Augen, in denen so viel schimmerte auf mich herab geblickt und er um mein Vertrauen bat, als ob Gojo wirklich auf meine Kraft angewiesen wäre. Seine sonst so arrogante Art war nicht zu finden gewesen, als er es riskierte, von meinen Flammen verbrannt zu werden, nur damit wir es zusammen zu Ende brachten. Damit ich mir nicht nutzlos neben ihm vorkam.
“Nichts besonderes.” antwortete ich Shoko, statt dem Gefühl, das bei all diesen Gedanken erneut hoch kriechen wollte, nachzugeben. Stattdessen richtete ich meine Gedanken auf etwas anderes, das mich weniger verwirrte.
“Hatten Mei Mei und Gojo etwas in der Vergangenheit?” Shoko sah so aus, als ob sie sich ein Auflachen verkneifen musste.
“Das musst du ihn schon selbst fragen.” Nur über meine Leiche würde ich das tun. Am Ende kam Gojo noch auf den Gedanken, dass ich eifersüchtig wäre.
Dabei war ich mir sicher, dass es vermutlich gar nichts an der Beziehung gegeben haben konnte das in irgendeiner Weise Eifersucht gerechtfertigt hätte.
“Wie kommst du überhaupt drauf?”
Ich zuckte mit den Schultern und betrachtete meine nun wieder unversehrte Hand, die Shoko freigab, ehe sie sich ohne weiteres der zweiten widmete.
“Sie wollte mich euch abspenstig machen beim Austausch und dabei besaß sie so eine winzige Note Rache, die auf Gojo abzielte.” Ihr darauffolgendes Schnauben war eins der missgünstigen Sorte.
“Mich würde eher interessieren, wie viel in ihre Tasche geflossen ist für dieses abgekartete Spiel.” Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen und fixierte ihren immer noch gesenkten Kopf.
“Was meinst du?”
Langsam, vermutlich um nicht ihre Konzentration zu verlieren, begann sie zu erklären.
“Die gute Mei Mei hat schon immer nur einen Finger krumm gemacht, wenn dabei die richtige Summe heraussprang, lass dich also nicht von ihr verunsichern.”
Bei dem letzten Wort kam mein schlechtes Gewissen erneut zum Vorschein. Auch wenn es keine Lüge war, dass ich Mei Mei nicht alles geglaubt hatte, schien die Sache mit meinem Grade nur allzu gut zu Gojo zu passen. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass er einfach über meinen Kopf etwas hinweg entschied.
Und wenn ich ehrlich war, hatte ich mich tatsächlich so weit von ihren Aussagen verunsichern lassen, dass ich dank meines unsinnigen Gedankenkarussells irgendwann begonnen hatte, auch alle anderen Dinge, die Gojo jemals getan hatte, in Frage zu stellen.
Doch die Wut über sein eigensinniges Wesen war wie weggewischt gewesen, als dieser gekränkte Ausdruck über sein Gesicht geglitten war wie ein Schatten, so schnell war er wieder von seinen Zügen verschwunden. Danach war es nichts weiter als Stolz gewesen, der versuchte eine Erklärung aus Gojo heraus zu locken.
Zumindest bis sich dieser Schleier ohne Vorwarnung um uns ausgebreitet hatte.
“Deinem Gesichtsausdruck zu urteilen ist es wohl schon passiert.” Ich blinzelte Shoko an, die mich musterte, als wäre ihr kein Wort in meinen Gedanken verborgen geblieben. Meine Wangen wurden warm.
“Kann sein.” Mittlerweile tat mir sogar der einzelne Fluchgeist leid, der unter meinem blinden Anfall von Hass auf die ganze Situation zum Boxsack degeneriert worden war. Ich konnte so nicht weitermachen.
“Wir hätten dich vor ihr warnen sollen, gomen ne.” Halbherzig schüttelte ich mit dem Kopf, bevor ich mit einem Murmeln erwiderte “Es sollte nicht eure Aufgabe sein, mich ständig vor allem und jedem zu beschützen.”
Shoko blinzelte und richtete sich Kerzengerade auf, ihre Hände schlossen sich etwas fester um meine
“Wir sind deine Freunde, es wird immer unsere Aufgabe sein dich zu beschützen.”
In meiner Kehle bildete sich ein Kloß, gegen den ich rein gar nichts tun konnte während sich das erleichternde Gefühl der Dankbarkeit eine Sektion tiefer ausbreitete.
“Ich habe euch nicht verdient.”
Auf Shokos Zügen blitzte etwas auf das Bedauern am nächsten kam. In meinem Nacken formte sich ein Kribbeln, das zwischen meinen Schulterblättern endete.
“Sag sowas nicht. Jeder hat es verdient, jemanden zu haben, der auf einen achtet.”
Mein Herz lief beinahe über schlug leise und stetig gegen das Gefühl an. Es war anders als die schwindelerregende Höhe, die meine Brust laut poltern ließ, wenn Gojo mir näher kam, aber nicht weniger erfüllend. Sie strich ein letztes Mal über meine nun wieder porzellanfarbene Haut, bevor sie meine Hand freigab. Shokos Fluchkraft die ihre Unterarme umspielte ebnete langsam ab. Als es noch einige weitere Momente still blieb, sagte ich endlich “Arigato.” Auch wenn es viel zu simpel für alles klang.
Shoko nickte mit dem Schatten eines Lächelns auf den Lippen, als wäre sie mit den Gedanken woanders. Müdigkeit machte sich dank des niedrigen Stands meiner Fluchkraft und Shokos Behandlung breit, doch das letzte, was ich jetzt tun wollte, war schlafen.
“Bist du heute Abend frei?”
Nachdenklich summend stieß sie sich leicht ab und gleitete auf ihrem Rollhocker zu dem PC, der in der Ecke des kleinen Behandlungszimmers stand.
Ihre Finger flogen kurz über die Tastatur, was den stillen Raum mit dem Geräusch füllte, gefolgt von einem Mausklick.
Als Shoko fertig war, glitt sie mit leisen Rollen zu der Liege zurück, auf der ich saß und verkündete mit einem zufriedenen Ausdruck “Jetzt schon.”
Ich grinste sie an und erwischte mich gleichzeitig bei dem Gedanken, ob Gojo wohl auch Zeit hätte, mit uns auszugehen. Doch dieser zerstiebte sofort, als ich daran dachte, wie schnell er wieder verschwunden war, kaum dass wir den Boden der Jujutsu High erreichten. Und vielleicht wollte er nach heute auch erstmal seinen Abstand vor mir wahren.
Mein Blick fiel auf etwas das verdächtig wie eine Voodoo Puppe aussah und aus Shokos Hosentasche baumelte kaum das sie aufrecht stand.
“Zählt Voodoo mittlerweile auch zu deinen möglichen Praktiken als Jujutsu Sorcerer?” fragte ich ernsthaft interessiert und legte den Kopf schief. Shoko allerdings zog eine Grimasse und hielt ihren Schlüsselbund in die Höhe, an dem das Ding hing.
“Schön wär's, das Teil hat Gojo aus Afrika an geschleppt. Hat er dir denn was sinnvolles mitgebracht?”
Ich zog meine Augenbrauen fragend zusammen und kramte in meiner Erinnerung, bis ich an dem Moment vor dem Austausch angekommen war.
“Er hat dir doch was mitgebracht, oder?”
Meine Hand fuhr langsam in meine Uniformtasche halb erwartend es während des Kampfes verloren zu haben, doch dann ertasteten meine Fingerspitzen das kleine Samtsäckchen.
“Ich hatte noch keine Gelegenheit, es zu öffnen.” murmelte ich und präsentierte ihr das dunkelblaue Säckchen, das sie neugierig betrachtete. Es war die Wahrheit, zumindest zu einem Teil, denn es war tatsächlich so viel los gewesen, dass ich es vollkommen vergessen hatte.
Mit langsamen Bewegungen zog ich den Zugverschluss auf und leerte den Inhalt auf meiner Handfläche aus.
“So ein Mistkerl, und mir bringt er nur einen Schlüsselanhänger mit.” grummelte Shoko mit einem wissenden Lächeln im Gesicht. Sie schien aber nur halb so verärgert zu sein, wie es im ersten Moment schien. Währenddessen starrte ich auf die feine Silberkette, die kühl in der Mitte meiner Handfläche lag.
Mit zwei Fingern hob ich die Kette hoch, an deren Ende ein kleiner Anhänger baumelte, in Form eines Sichelmondes.
Sprachlos bewunderte ich den glänzenden Mond, der aus demselben Material zu sein schien wie die Kette. Ein Blinzeln verhinderte, dass die einzelne Träne, die sich vor schob, meine Wange hinunter lief.
Mein schlechtes Gewissen katapultierte sich in neue Höhen und ließ mich im freien Fall zurück. Die erneut auf begehrenden Gefühle ausschließend packte ich die Kette wieder zurück, wo sie die letzten Tage vergessen worden war.
“Alles in Ordnung?” Shokos Stimme klang, als wäre sie meilenweit von mir entfernt, obwohl sie direkt vor mir stand.
Ich räusperte mich, bevor jedes Wort das mir als erstes einfiel, aus mir herausbrach.
“Ja, mir ist nur gerade etwas eingefallen, wir sehen uns dann später.”
Und damit war ich von der Liege gesprungen und aus dem Zimmer verschwunden, noch bevor Shoko zu einer Antwort ausholen konnte.
Hinter der Tür meines Zimmers angekommen, ließ ich mich gegen das kühle Holz fallen, bis ich auf dem Boden saß. Das kleine Samtsäckchen in meiner Jackentasche wog plötzlich Tonnen schwer. Ich zog es heraus und legte es vor meine Füße, die ich dicht an meine Brust gezogen hatte und betrachtete es eine Zeit lang. Vielleicht maß ich der Sache auch viel zu viel bei. Doch das war kein Handy, weil das alte kaputt gegangen war oder ein Frühstück aus der Stadt.
Hitze überzog meine Wangen, bis sie selbst meine Ohren erreichte, als ich das besagte Smartphone hervor holte.
Den Hintergrund mit Gojos frechem Grinsen hatte ich bereits ausgetauscht und es gegen das Bild ersetzt, auf dem ich es mir mit wehenden Fahnen auf Gojos Rücken gemütlich gemacht hatte.
Mein Glück und zu Gojos Pech waren alle meine Bilder in einer Cloud gespeichert gewesen. Die Erinnerung entlockte mir ein Schmunzeln, während ich den SMS Verlauf von uns öffnete, kurz auf die letzte Nachricht starrte und dann anfing zu tippen. Und zu tippen. Dann alles wieder zu löschen und von neuem anfing. Dann löschte ich alles nochmal.
Was sollte ich ihm überhaupt schreiben?
Plötzlich fühlte ich mich wieder wie ein Teenager, der nichts mit sich oder seinen Gefühlen anzufangen wusste.
Ich erwischte mich dabei erneut zu dem Moment zurückzukehren, der noch allzu deutlich in mir eingebrannt war.
Die Vertrautheit, die sich wie eine warme Decke um mich geschmiegt hatte und mich selbst die Gefahr um uns herum vergessen ließ. Wie Gojo unsere verwobenen Techniken beherrschte, als gehörten sie schon immer zusammen.
Ich setzte einen Punkt unter den Gedanken und kehrte erneut zurück ins Hier und Jetzt. Es war alles so verdammt verwirrend und nichts schien greifbar, auch wenn es direkt vor meiner Nase war.
Als die Stille um mich herum zu erdrückend wurde, erhob ich mich und durchquerte den Raum, der kleine Samtbeutel lag weiterhin am Boden.
Da ich noch etwas Zeit hatte, stieg ich in die Dusche und schrubbte den elenden Gestank der Fluchgeister von mir, bis meine Haut sich endlich sauber anfühlte.
Dann stellte ich mich so lange unter den brausenden Strahl, bis mein Kopf endlich leer war. Kaum dass ich aber unter dem prassendelnden Wasser hervor trat, war es fast wieder wie vorher.
Von allen möglichen Stellen tropfend stieg ich aus der Kabine und stellte mich vor den beschlagenen Spiegel, umhüllt von dem stickigen Dampf. Allerdings wischte ich nicht über die glatte Oberfläche, aus Angst noch etwas zu sehen, das ich nicht verstand. Mit klammen Haar und einem Handtuch das sich wie eine Boakonstriktor um mich schlang trat ich schließlich wieder aus dem Bad. Mein Blick wanderte kurz zu dem Samtsäckchen, bevor ich etwas verloren in meinen Kleiderschrank starrte.
Es gab nicht sonderlich viele Teile von denen man wählen konnte und doch musste ich drei Mal über denselben Stoffen brüten bevor ich am Ende nach etwas in der Ecke des Schranks griff.
Das Kleid hing wie ein Stück Sternenlicht von seinem Hacken und funkelte mir im Sonnenlicht entgegen.
Bei der Erinnerung, wie Gojo mich ermutigte es zu kaufen, sank mein Herz ein Stück, denn diese war eng mit dem Besuch bei Getos Grab verbunden.
Da es vermutlich aber eher weniger Gelegenheiten geben würde es zu tragen, fand ich mich schnell beim ersten und letzten Problem des Kleides wieder.
Mit verdrehten Armen und einem anbahnenden Krampf kämpfte ich mit dem Reißverschluss Millimeter um Millimeter, bis ich ihn endlich am Zipper hatte.
Siegreich stolzierte ich zurück ins Bad und kam mit trockenen Haaren, die mir in leichten Wellen über den Rücken fielen, wieder heraus. Ein harsches Vibrieren zog mich zu meinem Schreibtisch, auf dem ich mein Handy abgelegt hatte.

One Coke and your Curse to go  *°• GojoXOc •°* a Jujutsu Kaisen StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt