Shibuya Incident《1》

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“Das dauert zu lange.”
Kento verschränkte die Arme vor der Brust und verfolgte mit steinerner Miene meinen bereits fest getrampelten Pfad von gut fünf Meter Strecke, die ich in der letzten dreiviertel Stunde auf und abgelaufen war.
“Gojo-san mag zwar beeindruckende Fähigkeiten haben, aber selbst er braucht etwas Zeit für die Menge an Arbeit.”
Die Selbstverständlichkeit, mit der Kento seine Worte aussprach, ließ etwas in mir reißen, das sich langsam klammheimlich aufgebaut zu haben schien.
“Und das macht dir gar nichts aus, ihm alles zu überlassen?”
Sein Blick wurde eher überrascht als defensiv bei meiner Anschuldigung, was mich nur noch mehr zurück rudern ließ.
"Gome, das Warten macht mich einfach nur fertig, das ist alles.”
Kento, der wie üblich in seinem hellen Anzug steckte, verschränkte die Arme, aber wirkte trotz der prekären Lage irgendwie entspannt.
“Würde es dir denn helfen, wenn ich dir etwas berichten würde, das dich auf andere Gedanken bringt?”
Ich hielt in meinem Schritt inne, ließ einen geschlagenen Seufzer meinen Lippen entweichen zusammen mit einem unentschlossenen
“Vielleicht.”
Das Kento aber für gut genug erachtete um es zu versuchen, räumte aber ein
“Eigentlich ist das nicht der beste Zeitpunkt, es anzusprechen."
Er schüttelte seinen wie immer perfekt frisierten Kopf wie um seine Gedanken wieder zu ordnen.
“Aber wann ist es denn schon jemals der richtige Zeitpunkt?"
Ich starrte ihn an, unsicher was für eine Bombe mein Freund gleich platzen lassen würde, das den sonst so selbstsicheren Mann kurz hadern ließ.
“Ich ziehe mich vermutlich bald als Jujutsu Sorcerer zurück.”
Die Nachricht ging nicht nur hoch, sondern radierte alles andere aus, was mich eben noch beschäftigt hatte.
Und da war ich nicht die einzige, der es so ging. Neben mir spawnte Ino praktisch aus dem Nichts, während Megumi sich etwas zurückhaltender an uns heran schob.
“Warum?”
stieß ich verwirrt hervor.
“Bist du krank?”
rief Ino aufgebracht und starrte den Jujutsu Sorcerer irgendwie enttäuscht an.
“Du kannst uns doch nicht einfach alleine lassen, Nanami-san."
Der Überraschung zum Trotz fiel mir das Sommerfest wieder ein.
“Und was ist mit Haruki?”
Kentos sonst so ernsthafte Haltung schmolz ein wenig, was mich für ihn ein glückliches Gefühl empfinden ließ.
Das Lächeln auf meinen Lippen war für Kento wie eine stillschweigende Bestätigung, die er mit einem Nicken quittierte.
“Wer ist Haruki?”
Inos Blick sprang zwischen Kento und mir hin und her. Erpicht darauf, von egal wem eine Antwort zu bekommen.
“Sag es nicht.”
bat er mich mit einer flehenden Falte auf seiner Stirn, doch die Freude für ihn kleisterte ein Grinsen in mein Gesicht.
“Sie ist Kentos Freundin.”
erklärte ich an Ino gewandt der so aussah als ob ihm gleich die Kinnlade herunter fliegen würde.
“Ich sagte doch du sollst es nicht sagen.”
Kentos Einwand blieb ungehört, während Ino sich nun ganz mir zuwandte.
“Seit wann hat Nanami-san eine Freundin?”
Besagter begann langsam, über die offensichtliche Ignorierung seiner Wünsche zu grummeln.
“Seit ein paar Wochen schätze ich.”
antwortete ich wage worauf ein nicht allzu leises Murmeln von Kento zu hören war.
“Gojos Art scheint wohl langsam ab zu färben.”
Ich hielt mich nicht lange mit dem Gedanken auf ob er vielleicht recht hatte und lehnte mich stattdessen verschwörerisch näher an Ino heran
“Er plaudert wirklich nicht gern aus dem Nähkästchen, nicht wahr?”
Der jüngere zuckte mit den Schultern, schien aber genauso viel Spaß an der Sache zu haben wie ich.
“So ist Nanami-san eben.”
Megumi dagegen verfolgte unser Gespräch zwar, schien aber sonst wie immer der Inbegriff eines grummeligen Teenagers zu sein.
Kento schien der Sache überdrüssig zu werden und ergab sich mit einem langen Atemzug, der sich aus seiner Kehle riss.
“Ihr beiden kennt euch doch erst seit einer Stunde.”
Anscheinend war meinem Freund das Wesentliche entgangen.
“Aber dafür kennen wir dich länger.”
Obwohl ich nicht genau für Ino sprechen konnte, begriff Kento natürlich, worauf ich hinaus wollte. Seine Reaktion darauf war aber eher von der kühleren Sorte.
“Daran lässt sich wohl nichts mehr ändern.” Autsch.
Aber ich war zu sehr von meiner Theorie überzeugt, um mich jetzt von Kentos schroffen Art abschrecken zu lassen.
“Es hängt zusammen, nehm ich an?”
Seine Muskeln entspannten sich wieder etwas. Ob sich Kento bewusst war, wie er auf die kleinste Erwähnung von Haruki und seiner Beziehung mit ihr reagierte?
“Das tut es wohl.”
Auch wenn ich mich immer noch für die beiden freute, konnte ich doch nichts gegen den Neid ausrichten, der sich um meinen Brustkorb schloss.
Mal davon abgesehen, dass mir nicht zur Gänze klar war, welche Art von Beziehung ich eigentlich mit Gojo führte, war mir auf irgendeine Weise bewusst, dass es für uns nie einen Ausweg aus diesem Leben geben würde. Zumindest nicht so, wie Kento und Haruki es anstrebten.
Das ferne Klackern einer leeren Dose, die umher getreten wurde, riss mich aus dem Moment wieder heraus, den Kento eigentlich nur zur Ablenkung erschaffen hatte. Die unnatürliche Stille der Straßen Shibuyas machte mich auf einen Schlag noch nervöser als ich es vorher schon war.
Ein ungutes Gefühl, das wie kalte Finger meine Wirbelsäule entlang fuhr, ließ mich jeden Muskel anspannen.
Die Erinnerung an meinen Doppelgänger und wie sie durch Gojos Verteidigung gebrochen war, verwandelte meinen Magen zu einem Stein.
Ich konnte Kentos Frage bereits spüren, obwohl er erst kurz davor stand, sie zu stellen. Bevor er allerdings so weit kommen konnte, passierte eine Sache nach der anderen.
Hinter dem Schleier, vor dem wir Stellung bezogen hatten, brach Chaos aus.
Allein in unserer Reichweite tauchten mehrere Dutzend umgewandelte Menschen auf und gaben uns eine Idee, wer unter anderem für das alles hier verantwortlich war.
Yuji hatte mir von dem flicken Gesicht und seiner Technik nach dem Austausch Event berichtet, wobei mir allein beim Gedanken übel geworden war, wie glimpflich doch der Ausgang meines Aufeinandertreffen mit ihm hingegen schien.
Und der Bastard hatte mich in meinem damaligen Zustand beinahe ertränkt, um sich zu vergnügen.
Doch was meine Nerven endgültig zerriss, war der zweite Schleier, der sich direkt über der Shibuya Station aufspannte, um jeden Jujutsu Sorcerer von Gojo abzuschneiden.
Wie besessen wollte ich schon losrennen, doch Kento war schneller und packte mich am Arm, ehe ich den Rand des ersten Schleiers erreichen konnte.
“Gojo reißt mir den Kopf ab, wenn ich dich einfach so kopflos losstürmen lasse.”
Vergessen war die Freude für meinen Freund. Am liebsten wäre ich auf ihn losgegangen, auch wenn mir bewusst war, dass Kento recht hatte.
“Wir sollten ohne Informationen nicht einfach voreilige Schlüsse ziehen.”
Er ließ mich wieder los, als ich verstehend nickte, aber die nagende Unsicherheit blieb die mir immer und immer wieder das Bild von Gojos verkohltem Hals vor das innere Auge schob.
Kento wusste nichts davon.
Verdammt niemand rechnete damit das es tatsächlich etwas gab das Gojo gefährlich werden konnte. Die einzige Tatsache, die mir zumindest etwas Beruhigung verschaffte war, dass Gojo vermutlich keinen Fehler zweimal begehen würde.
“Aber wir sollten auch nicht länger untätig bleiben, jetzt da der Feind in unserer Reichweite in Aktion getreten ist.”
Ich zwang meine Aufmerksamkeit wieder zu Kento. Zwang mich dazu ruhig zu bleiben und die Sache strategisch anzugehen, auch wenn die Unwissenheit weiter an mir nagte.
“Was aber unsere nächst größere Sorge sein wird- .”
Megumi unterbrach Kento beinahe schon ungeduldig, auch wenn er äußerlich entspannt wie immer wirkte.
“Der zweite Schleier der zeitgleich aufgespannt wurde und Jujutsu Sorcerer aussperrt.” der Schüler sprach es so observativ aus, dass es mich erneut überraschte, wie kühl er doch für sein Alter war. Auch wenn ich langsam begann, die Gefühle unter dieser Schicht zu erkennen.
“Es ist jetzt schon einige Zeit vergangen seit Gojo-senseis Ankunft, warum wirken sie ihn erst jetzt?”
Warum die Mausefalle zuschnappen lassen, wenn sie bereits seit einer Stunde darin hockt? Außer die Falle war gar nicht der Bahnhof an sich gewesen.
Mein Blick huschte für einen kurzen Augenblick zu dem nachtschwarzen Schleier, als ob mir dieser verraten könnte, was hier gerade vor sich ging.
“Entweder ist drinnen etwas vorgefallen oder ihr Plan sieht vor, dass es genau dieser Moment sein musste.”
wandte Kento bedacht ein und fügte mit absoluter Bestimmtheit hinzu.
“Sicher ist nur eins.”
Seine Augen wanderten beinahe warnend zu mir herüber, bevor er weiter sprach.
“Das diese Kerle nicht planlos vorgehen würden.” Dann entledigte sich Kento seines Jacketts wie der Geschäftsmann der bereits mit jeder Menge Überstunden rechnete. Was mit Sicherheit auch genauso zu traf.
“Ihr beiden helft so vielen Zivilisten wie ihr könnt.” dirigierte er an die zwei Jüngeren gewandt, worauf beide mit unterschiedlichem Tatendrang nickten, ehe er sich an mich heftete.
“Wir beide kümmern uns um den Urheber des Schleiers.” ich nickte ebenfalls.
In meinen Fingern kribbelte bereits ein Tropfen meiner Fluchkraft der sich dank meiner fragilen Geduld ein wenig Freiheit verschafft hatte.
Wir durchschritten den Schleier und steuerten im zügigen Tempo den ersten Knotenpunkt des Chaos an, als wir wie eine Einheit in der Bewegung erstarrten.
Ein lauter, langgezogener Schrei hallte durch den ganzen Distrikt, der sich unverkennbar nach Yuji anhörte.
“NANAAAMIIIIIINN!!!”
Wir wandten uns alle in die Richtung, von der Yujis Stimme zu kommen schien.
“GOJO-SENSEI.”
Meine Brust zog sich zusammen.
“WURDE.”
Oh Götter, bitte nicht.
“VERSIEGELT.”
Ich zwang mich, einen Atemzug zu nehmen, während das Blut in meinen Adern gefror und ein unnatürliches Gefühl in mir zurückließ.
Als ob es mich aushöhlen würde.
Die Welt schrumpfte auf einmal von der großen Weite auf ein kleines Sandkorn, das mein Ziel beschrieb.
Doch ich ebnete mich noch bevor eine erneute Kurzschluss Reaktion Besitz von mir ergreifen konnte und wandte mich an Kento.
“Was machen wir jetzt?”
Beeindruckt von meiner nachhaltigen Einsicht fackelte Kento nicht lange.
“Planänderung. Wir stoßen umgehend zu Itadori.”
Wir setzten uns wieder in Bewegung und bahnten uns einen Weg durch die Straßen, immer dem Schall von Yujis Rufen entgegen. Und da dieser nicht eine Sekunde beim Versuch mit uns Kontakt aufzunehmen schwächelte, gestaltete sich das Finden des Schülers letztendlich einfach. Kurzerhand erreichten wir das Dach des Gebäudes, wo dieser an der Kante stand und weiter Nanamis Namen in die einzelnen Silben geteilt in die Nacht hinein rief. Als er selbst Megumi nicht hörte, gab dieser seinen Mitschüler einen Schlag auf den Hinterkopf.
Yuji musterte unsere Gruppe überrascht, bevor er sich eine handtellergroße Scheibe vom Ohr nahm.
“Ist das nicht eins von Mechamarus Spielzeugen?”
Erkundigte sich Megumi beim Anblick des Teils, worauf Yuji es ihm entgegen hielt.
“Eher eine Art Aufzeichnung, die er hinterlassen hat.”
erklärte er wage während die beiden zu dem Zwischenraum zweier Wände trotteten, wo der Rest von uns vor dem Wind geschützt stand.
“Aber das ist jetzt nicht wichtig, bitte hört mir zu.” die Stimme aus dem kleinen Mechamaru klang drängend und begann auch ohne Aufforderung, seine Informationen mit uns zu teilen.
Er fasste kurz seine Kooperation mit den Fluchgeistern zusammen damit wir alle verstanden woher sein Wissen stammte und beteuerte sein Bedauern darüber die Jujutsu Tech verraten zu haben für seinen eigenen Benefit.
Ich konnte nicht behaupten, wütend auf die Taten des Schülers zu sein.
Auch wenn Kento kurz das Gesicht missbilligend verzog, sagte am Ende niemand ein Wort darüber.
Denn letztendlich würde es Mechamaru ohnehin nicht mehr erreichen.
Doch was mich sehr wohl aus der Fassung brachte, war die Schilderung dessen, was der augenscheinliche Strippenzieher bis zu diesem Punkt geplant hatte, und der Name, der ausgesprochen von dieser metallisch kratzenden Stimme wie aus einer anderen Zeit klang.
Mein Rücken drückte sich gegen die kühle Ziegelstein Wand hinter mir, während die Erinnerung an sein Grab und die Trauer dieses Moments wie eine Flutwelle über mich hinweg schwamm.
Ich hatte keine Ahnung, wie lange sich alles um mich herum zu verdunkeln schien, bis eine sachte Berührung mich zurück an die Oberfläche zog.
Megumi war an mich heran gerückt, seine Hände in den Hosentaschen, seine ernste Miene verriet nichts, doch seine grünen Augen schienen besorgt zu glänzen.
“Ich weiß nicht, wie Geto es angestellt hat, aber Fakt ist, dass die Versiegelung von Gojo Satoru erfolgreich war, sonst wären wir alle nicht hier.”
Geto-kun das Gesicht des einstigen Schülers lächelte mir in meinem Inneren Auge entgegen, von der Zeit konserviert.
“Das hat Geto getan?”
Kento zerriss die Stille praktisch mit bloßen Händen, wie immer ernst, der Klang seiner Frage das einzige Anzeichen, dass die Ereignisse ihn nicht völlig kalt ließen.
“Eher das was in Getos Körper steckt.”
Mir wurde übel, auch wenn es die einzig logische Erklärung dafür war.
Doch die angespannte Lage ließ keinen Raum für irgendwelche Pausen.
“Das Innere des Bahnhofs Shibuya ist ein einziges Pandämonium. Special Grade Flüche und die, die sie mitgebracht haben, die Sorcerer unter Geto sowie Zivilisten und umgestaltete Menschen.”
Bei der Aufzählung sprang mir eins meiner Probleme wieder ins Gedächtnis.
“In dem Fall wäre es schneller, von einem der umliegenden Bahnhöfe anzugreifen.
Doch dafür müssen wir zunächst den Schleier beseitigen.”
grübelte Kento und warf mir einen kurzen Seitenblick zu, den ich dank seiner Brille nicht so recht deuten konnte.
“Das ist ein Notfall. Jetzt Multitaske doch ein bisschen."
belehrte die metallische Stimme den blonden Sorcerer, dessen Kiefermuskeln kurz zuckten, bevor ein Brummen aus seiner Kehle stieg.
“Jetzt ist wohl nicht die Zeit, sich zu beklagen.”
Ich fing seinen Blick erneut auf und bedeutete ihm mit einer Geste kurz, mir das Ruder der Besprechung zu überlassen, was ihn für einen Wimpernschlag zu überraschen schien. Natürlich war es nicht sicher, dass sie auch hier in Shibuya war, aber ich würde nicht mit dem Gedanken leben können, wenn noch jemand zu Schaden kommt, nur weil mir derjenige im Eifer des Gefechts vertraute.
Also atmete ich durch alles, was ich bisher erfahren hatte hindurch, bis ich mich standhaft genug fühlte, um nun meinerseits eine Bombe platzen zu lassen.
“Da es unvermeidlich ist, dass wir uns aus den Augen verlieren, solltet ihr noch eine Sache wissen.” Unsicher wie ich das wenige, das ich wusste und mit meinen eigenen Augen gesehen hatte, berichten sollte, begann ich nervös mit meinen Fingern zu spielen, doch am Ende formten meine Erklärungen ein Bild, mit dem ich zufrieden war und dem alle Anwesenden augenscheinlich folgen konnten.
Es folgten einige Sekunden des Schweigens, ehe Kento als erstes aus seiner Grübelei bricht.
“Ein Doppelgänger also.”
Sein Blick lag forschend auf mir, als ob er sich für den Fall der Fälle jedes noch so kleine Detail an mir einprägen wollte.
Als nächstes meldete sich Yuji zu Wort.
“Das Gojo-sensei das nicht in einem Bericht geteilt hat ist seltsam.”
Ich wusste auch nicht so recht, wieso Gojo tatsächlich ein Geheimnis daraus gemacht hat, obwohl ich genauso wenig das Bedürfnis gehabt hatte, über das Geschehene mit jemand anderem zu reden. Megumi, der mit verschränkten Armen neben Yuji stand, schüttelte langsam seinen dunklen Schopf.
“Nein ist es nicht.”
Ich blinzelte und wartete gespannt auf die nähere Ausführung von Gojos Schüler.
“Gojo-sensei hatte im Verdacht, dass es mehrere Spione in unseren Reihen gibt, da würde ich auch nicht gerade dem Feind einen potentiellen Verbündeten auf dem Silber Tablette servieren wollen.”
Es ergab Sinn. Obwohl ich nicht wusste, wie ich es auffassen sollte, dass Gojo mir die Sache mit den Spionen nicht erzählt hatte, ließ ich diese nicht identifizierten Gefühle in den hintersten Winkel meiner Gedanken wandern.
“Aber wie sollen wir dich im Ernstfall erkennen? Sollen wir ein Losungswort festlegen?” fragte Ino, der mich offensichtlicherweise von allen am wenigsten kannte.
Kento brummte nachdenklich und gab darauf zu bedenken.
“Das würde sich in der Hitze eines Kampfes vielleicht eher als unpraktisch erweisen.”
Wir brauchten eher etwas Physisches, das man schnell ausmachen konnte.
Kurz überlegte ich, ob es vielleicht genügte, mir die Haare abzuschneiden, obwohl ich dann gegenüber dem anderen Team womöglich ein anderes Problem hätte. Dann fiel mir das einzige ein, das man in kürzester Zeit vermutlich nicht kopieren könnte, ohne es mir vom Hals zu reißen.
“Wie wärs damit.”
Ich zog die silberne Kette mit dem kleinen Sichelmond unter meiner Uniform hervor, die ich wie ein Drache, der einen Schatz hütet, immer an mir trug.
"Boah, die sieht aber hübsch aus.”
stieß Yuji aus und bewunderte das Schmuckstück, das im Licht der Reklamen an den umliegenden Häusern matt funkelte. Als er damit fertig war, grinste Yuji mich wie der Teenager an, der er war.
“Hast du etwa einen heimlichen Verehrer Tsuki-san?”
Megumi sah so aus, als ob er sich eine Grimasse verkneifen musste und gab Yuji zum wiederholten Mal einen Klaps auf den Hinterkopf, während ich versuchte, die Wärme in meinen Wangen und den Blick von Kento zu ignorieren.
“Kann man so sagen.”
Eigentlich trafen es die Worte heimlicher Verehrer ganz gut, wenn man bedachte, was wir trieben, sobald wir allein waren.
Ich vertrieb gerade rechtzeitig jeden Gedanken daran, bevor Kento mich aus der Situation rettete.
“Sie ist zwar klein, aber besser als gar nichts in dem Fall.”
Mit einem Nicken drapierte ich sie um den Kragen meiner Uniform, damit sie gut sichtbar an meinem Hals hing.
Kento betrachtete den Anhänger noch einige Atemzüge lang bevor er begann wie der Profi, der er war anhand von Mechamarus Informationen einen Plan zusammen zu basteln.
Natürlich bestand das Hauptziel darin, Gojo aus seiner Versiegelung zu befreien, doch vorher würden einige Hürden auf uns warten, auf die wir uns zumindest teilweise schon einstellen konnten, dank des Backups, das der Schüler hinterlassen hatte. Auch wenn ich nicht die ganze Geschichte des Schülers kannte, sendete ich ein Dankesgebet an die Götter dafür.
Ohne ihn würde ich vermutlich immer noch rastlos einen Graben in den Asphalt laufen wollen.
“Vieles kann nur ein Sorcerer auf Grade eins erledigen. Ich gehe mit Tsuki-san raus und kümmere mich mit Ijichi um alles.”
Seine Augen hinter den dunkelgrünen Brillengläser erstickten jeden Widerspruch, den ich vielleicht einwenden könnte.
Dann wandte er sich an die beiden Schüler, die mit unterschiedlichem Tatendrang geladen waren.
“Beseitigt ihr derweil den Schleier der Jujutsu Sorcerer aussperrt.”
Kento steuerte die Tür zum Treppenhaus an, wandte sich aber noch an den Sorcerer, der während unseres Gesprächs auf die Kante der Wand geklettert war.
“Ino.” der jüngere blickte Aufmerksam zu Kento herunter während ich den anderen beiden aufmunternd zu nickte ehe ich zu ihm aufschloss.
“Kusakabe und Ze'nin mit dem Grade eins sollten im Schleier sein. Bitte weihe sie ein wenn du sie triffst und bitte sie um Hilfe.”
Ino nickte und sprang von der etwa drei Meter hohen Wand, als wäre es ein Schritt wie jeder andere.
“Auch wenn sie nach dem Schrei vermutlich schon wissen, was los ist.”
Ein weiteres Nicken, das einem viel zu ernsten “Jawohl.” folgte, das irgendwie nicht ganz zu dem lockeren Kerl passen wollte. Kento öffnete schon die Tür und hielt sie mir auf, als er sich ein letztes Mal zu Ino drehte.
“Und bitte…”
In seiner Stimme lag irgendwas anklagendes während sich die Tür zum Dach langsam wieder schloss
“Kümmere dich um die beiden.”
Dann stiegen wir auch schon die unzähligen Treppenstufen wieder hinab, dass drückende Schweigen nur unterbrochen von unseren hallenden Schritten.
Als wir die Straße schließlich erreichten, ertrug ich es nicht länger, doch bereits die erste Silbe erstarb auf meiner Zunge, als Kento mir zuvor kam.
“Ich vermute mal, dass du umgehend ins UG5 aufbrechen willst.”
Seine Miene blieb unbewegt, doch ich konnte seinen Blick erneut auf dem kleinen Sichelmond spüren, der nun sichtbar an meinem Hals hing.
“Du sagst mir jetzt bestimmt, dass ich das nicht tun sollte.”
Ich versuchte mich erst gar nicht heraus zu reden. Es wäre ohnehin Zeitverschwendung gewesen, dafür kannte Kento mich zu gut.
“Unter anderen Umständen vielleicht.”
Die Überraschung über sein Einlenken stand mir bestimmt ins Gesicht geschrieben.
“Aber jetzt herrscht ein Ausnahmezustand, der es vermutlich verlangt.”
Kentos Ernst verschwand und machte seinen weicheren Zügen Platz.
“Versprich mir einfach, dass ich dich am Ende in einem Stück wieder sehe.”
Natürlich war uns beiden klar, dass es genauso gut das letzte sein könnte, was wir zueinander sagten.
Doch niemand würde große Reden vorsorglich schwingen. Also nickte ich meinem Freund zu und schenkte ihm ein Lächeln.
“Gleichfalls.”
Dann trennten sich unsere Wege auf dieser verlassenen Straße inmitten des Vorboten eines Krieges, der drohte alles was wir bisher kannten, zu zerstören.

One Coke and your Curse to go  *°• GojoXOc •°* a Jujutsu Kaisen StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt