Als ich Tsuki zum ersten Mal begegnet war, schien sie sich noch kleiner machen zu wollen als sie ohnehin schon war.
Wie ein verwundetes Tier, das sich vor weiteren Verletzungen schützen wollte.
Ich hasste es.
Nicht sie, oder die Tatsache, dass sie so zerbrechlich aussah wie ein Ast.
Sondern weil ich vom ersten Augenblick wusste, dass dieses Mädchen alles andere als schwach war.
Es gab nämlich einen feinen Unterschied zwischen denen, die wirklich Schwächlinge waren und denen, die dazu gemacht wurden.
In den meisten dieser Fälle waren es die eigenen Eltern und ihre eigene morbide Vorstellung von dem Kind, das sie aus den völlig falschen Motiven zur Welt gebracht hatten. Dieses Schicksal war besonders in der Gesellschaft des Jujutsu oft vertreten und dazu noch eines der grausamsten.
Denn wer nicht stark war, wurde schnell zu Ballast, der meist zurückgelassen oder entsorgt wurde.
Und wer konnte denn wirklich Ballast in dieser Welt gebrauchen?
Es war an den meisten Tagen immerhin schon anstrengend genug, auf die normalen Menschen achtgeben zu müssen.
Manche alten Säcke würden es vermutlich einfach als natürliche Auslese abstempeln.
Was den unangenehmen Nebeneffekt besaß, dass der Nachwuchs, der von Nutzen war, mit derselben Ideologie herangezogen wurde. Nämlich dass man auf die Welt und deren schwachen Unrat herunter pinkeln konnte, und wenn man hoch genug stand sogar auf die, die als stark erachtet wurden.11.08.2005
“Ohayo Vending-chan.”
Ich lehnte mich gegen den surrenden Automaten und lächelte auf das Mädchen herunter, die seit ein paar Tagen bei uns die Snack Automaten befüllte.
Ihre Statur war geradezu krankhaft schmächtig, ihr Haar, das im richtigen Winkel der Sonne wie Rabenfedern schimmerte, wirkte stumpf und ihre Onyx gleichen Augen waren leer.
Das Lächeln, zu dem sie sich aus Kundenfreundlichkeit zwang, riss ihre spröden Lippen auf und auch wenn sie die Kraft dazu gehabt hätte, zu mir herauf zu blicken, wusste ich ohnehin, was ich in ihrem Gesicht finden würde.
“Ohayo.” Ihre Stimme war so leise, dass sie die meiste Zeit kaum hörbar war.
Mein Kiefer verkrampfte sich, so fest biss ich die Zähne zusammen.
Ich konnte die Spuren der Fluchgeister förmlich an ihr sehen und wie sie sich an ihr festgekrallt hatten, bevor sie einen Fuß auf das Gelände gesetzt hatte.
Die Barrieren der Jujutsu High verhinderten zwar das Fluchgeister auf das Gelände kamen, doch wenn sie zu lange an einem klebten wie Blutegel, hinterließen sie Spuren die unübersehbar waren, selbst wenn man nur ihr Auftreten betrachtete. Und dass es niemanden gab, der die offensichtlichen Zeichen bemerkte, oder noch schlimmer sie sah, aber es niemanden interessierte, beschwor eine Wut in mir herauf, die ich damals im ersten Moment als Laune ab tat.
Und als Suguru mir zu redete, dass wir ihr helfen sollten, war es noch einfacher, es auf seinen Einfluss zu schieben.
Ich war es eben gewohnt, aus meinem jugendlichen Leichtsinn alles in die don't care box zu quetschen, auch wenn es gar nichts darin verloren hatte.
Aber ich war eben nur ein Teenager, wie alle anderen auch, zumindest war es eine Zeit lang so.
Wir fingen klein an. Neutralisierten die Spuren der Fluchgeister, in der Hoffnung, sie würden sie erstmal in Ruhe lassen, wenn diese beseitigt waren.
Bis hin zu einfachen Talismanen, die wir ihr in eine Tasche schmuggelten.
Es half nichts im Geringsten, als wäre sie wie ein Magnet für die Dinger.
Bevor wir allerdings zum nächsten möglichen Schritt übergehen konnten, veränderte sich die Situation zum schlechteren.25.09.2005
“Wo bleibt sie? Es ist ziemlich unhöflich, andere Leute warten zu lassen.”
Mein Bein fing wie von selbst an nervös zu wippen, während ich anfing mich immer weiter gegen Suguru zu lehnen, der dank meiner Platz verschwenderischen Art schon vorsorglich am Rand der Bank saß.
“Hast du etwa einen Narren an ihr gefressen Satoru?”
Ich zog eine Grimasse und starrte meinen Freund an, der ungerührt wartend die Seite seines Schulbuchs studierte.
“Red keinen Unsinn. Die Sakura Coke ist nur schon seit zwei Tagen leer und das grenzt schon langsam an Kunden Beleidigung, wenn du mich fragst.”
Suguru blätterte mit einem wissenden Lächeln die Seite um.
Natürlich war ihm klar, dass meine Sakura Coke Sucht keine echte war, sondern die ausgeklügelte Strategie sicherzustellen, dass unsere kleine Vending-chan immer spätestens nach dem zweiten Tag wieder bei uns auftauchen würde.
Doch dieses Mal schien diese ganz und gar nicht aufgegangen zu sein.
Zumindest war das meine rationale Auffassung gewesen neben der, dass sie endgültig von einem Fluchgeist verspeist worden war.
Es vergingen schließlich zwei weitere Tage des Wartens, bevor wir sie wieder sahen.
Schon von weitem erkannten meine Six Eyes, dass sie in einem noch schlechteren Zustand war als ohnehin schon.
Jedes qualvolle Zusammenzucken ihres Körpers ließ mich mehr in Rage verfallen, die mich beinahe besitzergreifend an der Kehle packte und zu drückte.
“Du bist spät.” presste ich hervor kaum, dass ich sie erreicht hatte und nahm ihr den Pack Sakura Coke ab, bevor sie überhaupt zu einer Entschuldigung ausholen konnte und lief voraus.
Während sich der weitaus gelassenere Suguru der verwirrten Tsuki annahm und mir mit gemäßigten Schritten folgte.
“Sollte ich nicht vielleicht lie- .”
Begann sie zu protestieren, als ich ihr bei den Automaten angekommen schnell den Schlüssel stibitzte und sie mit einer genervten Maske unterbrach.
“Auf gar keinen Fall sonst sitzen wir morgen noch hier bei deinem Tempo.”
Sie gab sich geschlagen und ließ sich seufzend mit Suguru auf eine Bank fallen, wo er begann, leise auf sie einzureden, während ich versuchte, mich an der niederen Arbeit abzureagieren.
Was unter dem Strich lediglich einer Dose das Leben kostete.
Währenddessen spielte Suguru den Einfühlungsvermögenen Part, der mir noch nie so wirklich geläufig war und konnte so die bisher eher verschlossene Tsuki erweichen uns zu erzählen, was passiert war. Und auch wenn wir uns schon vieles selbst zusammen gereimt hatten, war es trotz allem nicht weniger nervenaufreibend, es von ihr selbst zu hören. Am Ende schmerzte mein Kiefer vor zurückhaltender Wut, und das Knirschen der Dose, die unter meiner Kraft zerquetscht wurde, zerbrach die erdrückende Stille, die darauf folgte.
Ich wechselte einen Blick mit Suguru, der unser beider Entschlossenheit widerspiegelte und die Sache besiegelte.
Es folgte, dass wir schließlich Shoko in die Sache einweihten, die sich nur allzu gern dazu bereit erklärte, Tsuki auf ihrem ohnehin so gut wie leeren Wohnheim Stockwerk zu verstecken.
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One Coke and your Curse to go *°• GojoXOc •°* a Jujutsu Kaisen Story
FanfictionOhne Auftrieb oder wirkliche Perspektive pendelt Tsuki in ihrem simplen Job als Automatenbefüllerin in Tokyo von Tag zu Tag. Geplagt von zerstörerischen schwarzen Flammen in ihren Träumen könnte es eigentlich nicht mehr schlimmer kommen, bis sich di...