Kapitel 3

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Durch die Glaswand seines Büros sah Nathan wie die Empfangsdame Serena in das Grossraumbüro führte, in denen technische Zeichner und Architekten zusammenarbeiteten. Sie hatte natürlich keinen Kaffee dabei, stellte er amüsiert fest und entschied es ihr heute durchgehen zu lassen. Der triste Kaffee aus der Büroküche musste wohl reichen.
Die Dame von Human Ressources wies ihr einen Tisch zu, der der alten Assistenz gehört hatte. Serena zog ihren Schal und Mantel aus und hing diese über den Stuhl, während sie sich umsah.
Sie hatte vielleicht nicht mehr die Unterstützung ihrer wohlhabenden Eltern hinter sich, aber die Tochter aus dem wohlhabenden Haus, sah man ihr auch jetzt noch an. Sie trug einen feinen beigen Bleistiftrock und eine hochgeschlossene dunkelblaue Bluse mit einer biederen Perlenkette, die sie schon auf ihrem Bewerbungsfoto getragen hatte. Über ihrer Schulter hing ein weicher, elegant geflochtener, blonder Zopf. Viel zu auffällig und elegant für die Kollegen.

Nathan führte sein Büro ohne Dresscode, ganz davon zu schweigen, dass er diesen bei seinen Architekten eh nicht hätte durchsetzen können. Stattdessen hatte hier jeder seinen Stil, trug Jogginghose oder Jeans, T-Shirt, Shorts oder Rock. Solange jeder seiner Aufgabe nachging, war ihm das egal. Nathan traf sich mit den Investoren. Sie erwarteten den biederen Anzug und Krawatte und es störte ihn nicht. Es war seine tägliche Uniform auch wenn er Jeans gegenüber Stoffhosen jederzeit eintauschen würde. Dennoch ließ er sich nicht nehmen hin und wieder die bunten Socken anzuziehen, die ihm seine Schwester gern zu Weihnachten schenkte.

Sie sieht gut aus, stellte sein Wolf fest, aber riechen tut sie noch um einiges besser. Ich rieche ihren Duft bis hierher.
Nathan schnaubte. „Du warst zu lange gefangen und hast keine Ahnung." murmelte er. „Sie ist völlig fehl am Platz. Was hab ich mir dabei gedacht."
Dann lass mich raus, erwiderte der Wolf, wir toben uns aus. Wir könnten sie einladen...
„Auf keinen Fall. Nicht nach dem letzten Mal. Du hast keine Kontrolle über dich", zischte Nathan. Seit sechs Vollmonden hielt Nathan selbst seine Verwandlung zurück. Es wurde immer schwieriger, den Wolf bei Laune zu halten, aber er konnte nicht riskieren, sich wieder gehen zu lassen. "Außerdem ist ihr Wolf nicht erwacht. Schon vergessen?"
Ich bin einsam, knurrte der Wolf, dann leiser: Du bist einsam. Was denkst du, was passiert, wenn dein Rudel erfährt, dass du - ihr Alpha - deinen Wolf gefangen hältst.
Nathan schüttelte den Kopf. Er hatte keine Lust auf diese Diskussion. Es war die erste seit Wochen, die er mit seinem Wolf führte. Er hatte angenommen, sein Wolf hätte sein Schicksal akzeptiert, aber jetzt fühlte er sich unruhiger an. Es waren noch 13 Tage bis zum Vollmond. Also brauchte Nathan sich keine Gedanken zu machen. Wölfen fiel es nicht schwer, ihre Verwandlung zu kontrollieren. Erst zum Vollmond wurde der Drang sich zu verwandeln schlimmer. Aber auch da war es nicht unmöglich, sich zu zügeln.
Sie ist auch einsam, flüsterte der Wolf, ich fühle das.
Nathan sah wieder zu Serena.

Clarice - die seine HR Abteilung leitete, schaltete den Computer an Serena's Platz ein und übergab ihr eine Ladung Papiere - vermutlich den Arbeitsvertrag, den Nathan nach dem Desaster mit der Assistenz nachjustiert hatte - sowie Geräte, mit denen Serena arbeiten würde. Ein Handy, ein Notebook und den Chip-Schlüssel zum Gemeinschaftsbüro.

Wenn er ehrlich mit sich war, war Nathan nicht sicher, wie sehr er ihr vertrauen konnte, aber er wollte sie in seiner Nähe wissen. Ohne einen erwachten Wolf war sie wehrlos und das Wohngebiet in denen Abtrünnige lebten, war kein Platz für diese Elfe. Zudem kannte sie die Fitzgeralds und andere Rudel mit denen er verhandelte. Er würde die Gelegenheit nutzen und ihr wissen für seine Zwecke verwenden.


Clarice nahm Serena mit in Richtung der Küche. "Vorsichtshalber solltest du wissen, wie diese funktioniert. Üblicherweise machen die Praktikanten den Kaffee für Mr. Harper, aber hin und wieder hat die vorherige Assistenz das übernommen. Er arbeitet immer bis tief in die Nacht. Stell dich schonmal auf einpaar Überstunden ein."

Rising Omega: Die Versuchung des AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt