Kapitel 47

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Serena lag reglos auf dem kalten Boden des Verlieses. Die Dunkelheit hatte ihr die Gelegenheit gegeben, sich zu sammeln, ihre Gedanken zu ordnen und ihre Atmung zu beruhigen. Sie hatte Nathan gehört, seinen verzweifelten Ruf, der durch die Finsternis hallte. Doch sie wusste, dass sie sich erst einmal ruhig verhalten musste, um zu überleben und vielleicht einen Weg zu finden, sie beide zu retten. Der Schmerz in ihrem Kopf pochte unerbittlich, und ihr Körper fühlte sich schwer und benommen an, als ob sie durch einen dichten Nebel watete.

Als das Licht anging und sie die Stimmen hörte, zwang sie sich, still zu bleiben, auch wenn ihr Herz bei dem Klang von Nathans Stimme schneller schlug. Sie konnte die Wut und die Verzweiflung in seinen Worten spüren, und es kostete sie all ihre Kraft, nicht aufzuspringen und zu ihm zu laufen. Doch sie wusste, dass sie geduldig sein musste. Vale war gefährlich, und jede unbedachte Bewegung konnte fatale Konsequenzen haben.

Als Vale näher kam, konnte sie seinen scharfen Geruch wahrnehmen. Er war ihr unangenehm vertraut. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als er mit dem Fuß gegen ihren Körper stieß und sie sich auf den Rücken drehte. Sie zwang sich, vollkommen reglos zu bleiben. Bis ihre Wölfin sich von dem Betäubungsmittel regeneriert hatte, musste sie so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen.

„Was für eine Verschwendung eines wunderschönen Körpers..." hörte sie ihn sagen, und seine Stimme ließ sie innerlich vor Abscheu schaudern. Sie konnte die Art, wie er sie ansah, beinahe fühlen. Ihr Herz schlug so laut, dass sie fürchtete, er könnte es hören.

„Vielleicht werde ich ihn nochmal nutzen, bevor ich ihr Leben endgültig beende." Vales Worte ließen sie vor Wut und Ekel beben. Doch sie wusste, dass jetzt nicht der Moment war, um ihre Gefühle zu zeigen. Sie musste stark sein, für sich und für Nathan.

Als Vale ihr Kinn fest packte und sie zwang, ihn anzusehen, zwang Serena ihre Augen, sich langsam zu öffnen. Sie tat, als würde sie aus der Bewusstlosigkeit erwachen, blinzelte und versuchte, ihre Verwirrung glaubhaft darzustellen. Ihr Blick wanderte zu Nathan, und sie spürte, wie ihre Entschlossenheit wuchs. Sie musste einen Weg finden, sie alle hier rauszubringen.

„Wach auf, Miststück. Ich will, dass du siehst, wie ich deine Familie auslösche," sagte Vale mit einem sadistischen Grinsen.

Serena zwang sich, ruhig zu bleiben, obwohl ihr Inneres kochte. „Was... was willst du von uns?" fragte sie mit schwacher Stimme, obwohl sie innerlich vor Hass auf ihn brannte. Ihre Augen suchten Nathans, und sie hoffte, dass er die stille Entschlossenheit in ihrem Blick erkennen konnte. Sie war nicht bereit aufzugeben, und sie würde nicht zulassen, dass Vale seine Drohungen wahr machte.

„Ich will Gerechtigkeit," zischte Vale, seine Augen glitzerten vor Hass. „Ich will, dass ihr leidet, so wie ich gelitten habe. Ihr habt mir alles genommen, und jetzt werde ich euch alles nehmen."

Serena schluckte schwer und zwang sich, ruhig zu bleiben. „Du weißt nicht, was du tust, Vale. Du bist geblendet von deinem Hass. Das wird dich zerstören."

Sie bemerkte aus dem Augenwinkel, dass Richard begann, sich zu regen, ein leises Stöhnen entwich seinen Lippen, als er gegen die Wand lehnte. Seine Augen öffneten sich langsam, und er sah die Situation vor sich. Sie würde nicht zulassen, dass Nathan oder Richard starben. Also griff sie den Revers von Vale mit beiden Händen und zog ihn zu sich. "Hör zu...", sagte sie, ihre Stimme weich und flehend, "Du brauchst sie nicht töten. Ich mache auch so alles, was du von mir wünschst." Sie ignorierte Nathans Widerstand.  "Du willst mich haben, dann nimm mich. Du willst mich töten, dann töte mich. Solange du sie gehen lässt, wehre ich mich nicht."

Vale lachte und stieß sie zu Boden. "Dich wehren? Was könntest du mir schon tun?" fragte er.

Oh, sie hatte einpaar Ideen, aber es war nicht die Zeit, diese zu verraten. 

"Willst du nicht erst mich erledigen?" krächzte Richard leise, er versuchte sich so aufrecht wie möglich zu halten, aber er war verletzt. Anscheinend hatte er schon einige Prügel einstecken müssen. "Immerhin war ich es, der dir diese nutzlose Omega als Braut andrehen wollte. Sie war mir schon immer ein Dorn im Auge und ich war froh, sie an dich loswerden zu können... Sie war perfekt für dich... Du warst schon immer ein schwacher, feiger Wolf."

Was hatte dieser alte Mann vor? Serena keuchte entsetzt. Wenn er nicht aufhörte Roderick zu provozieren, würde er Richard töten, noch bevor Serena einen Ausweg aus dieser Misere gefunden hatte.

Vale drehte sich langsam zu ihm um, ein böses Grinsen auf seinem Gesicht. „Ach, Richard. Du weißt immer noch nicht, wann du deinen Mund halten sollst." Er zielte mit der Waffe auf Richard. 

„Was tust du da? Hör auf!" rief sie verzweifelt. Sie ahnte genau, was Richard vorhatte, und es brach ihr das Herz. Sie wollte nicht, dass er sich opferte, auch wenn sie wusste, dass er es für sie und Nathan tat.

Ein ohrenbetäubender Knall erfüllte das Verlies, als Vale den Abzug drückte. Der Schuss hallte in der kleinen Kammer wider, und Richard fiel zu Boden. Serena schrie auf, der Schmerz und die Verzweiflung in ihrer Stimme waren unerträglich.

Richard lag schwer keuchend auf dem Boden. Blut sickerte aus seinem Bauch. Serena spürte, wie Tränen ihre Wangen hinunterliefen, während sie versuchte, die unerträgliche Realität zu akzeptieren. 

Serena versuchte aufzustehen und zu ihm zu rennen, doch Vale schubste sie zu Boden und richtete die Waffe auf sie. "Bleib wo du bist. Ich bin noch nicht fertig." 


Rising Omega: Die Versuchung des AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt