Kapitel 44

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Nathan wachte mit einem tiefen Seufzer auf, sein Körper war schwer vor Müdigkeit, aber sein Herz fühlte sich leichter als gestern an. Er blinzelte gegen das sanfte Morgenlicht, das durch die Vorhänge in Serenas Schlafzimmer sickerte und sich in warmen Strahlen über das Bett legte. Neben ihm lag Serena, noch immer in tiefem Schlaf versunken, ihr Atem ruhig und gleichmäßig. Er konnte den Anblick nicht von ihr abwenden. Er war nie wirklich im Leben alleine gewesen. Als Alpha Anwärter hatte er wie ein Prinz gelebt. Deswegen hatte er nie das Gefühl gehabt, das ihm etwas fehlen würde. Erst als Serena wieder in sein leben getreten war, hatte er diese Anziehung und diese Sehnsucht danach gefühlt, vollständig zu sein und die Lücke in seinem Leben zu füllen, die für sie bestimmt war. Er hatte es gefühlt, er hatte es bloß nicht wirklich verstanden. Der Fluch hatte ihnen beiden etwas genommen, und er war froh, sie endlich wieder zu haben.

Die Ereignisse des Vortages hatten sie beide erschöpft, aber der heutige Tag versprach ein neuer Anfang zu werden, auch wenn der Angriff ihm noch immer Sorgen machte. Heute würden sie nicht nur nach Rehen auf die Jagd gehen... dachte er. 

Serena begann sich langsam zu rühren, ihre Augenlider flatterten, und sie blinzelte verschlafen zu Nathan hinauf. Ein sanftes Lächeln breitete sich über ihr Gesicht, als ihre Blicke sich trafen. Doch dann erstarrte sie, als sie etwas Seltsames bemerkte. Ihr Lächeln verschwand.

„Was ist das?" fragte sie, ihre Stimme bebte leicht, als sie auf die dornenähnlichen Tattoos berührte, die sich über seine Brust und Arme erstreckten. Nathan blickte an sich herunter. Die schwarzen Linien wanden sich über seine Haut, als hätten sie ein eigenes Leben, und erinnerten  an den Fluch, der einst nur Serena betroffen hatte. Er hatte fast vergessen, dass sie da sind, jetzt da er sie selbst bemekrte zog ein flüchtiger Schatten über sein Gesicht. „Es ist nichts, worüber du dir Sorgen machen musst", sagte er ruhig, aber Serena konnte die unterschwellige Anspannung in seiner Stimme hören. 

Serena setzte sich auf und berührte eine der Markierungen, als ob sie dadurch mehr über sie erfahren könnte. „Er geht auf dich über... Wie ist das möglich?"

"Anscheinend ist unsere Verbindung so stark, dass wir uns den Fluch teilen können. Und solange wir uns nicht zu nah sind, bleibt der Fluch im Stillstand. Aber wenn wir..."

"...wenn wir zusammen sind, geht er weiter auf dich über? Wirst du deinen Wolf verlieren?", fragte sie schockiert, "Warum hast du nichts gesagt?"

"Es war nicht von Belang... bis heute Nacht", erklärte Nathan,  "Mein Wolf ist nicht sonderlich begeistert, dass der Fluch ihn treffen könnte. Er fühlt sich eingeengt, und der Fluch schwächt ihn, aber es geht ihm gut. Du musst dir keine Sorgen machen."

"Kannst du erklären, wie ich mir keine Sorgen machen soll?", fragte sie völlig aufgelöst, "Du hast dich an die einzige Person gebunden, die dir Schaden zufügen kann."

"Es gibt eine Lösung dafür." Nathan setzte sich auf und berührte zart ihre Arme, schob das blonde wellige Haar zur Seite und küsste sie auf ihre Schulter. "Dein Vater wird sein Leben geben müssen um den Fluch zu beenden. Erst dann sind wir wirklich davon befreit."

Sie schüttelte schockiert den Kopf. "Ich kann das nicht zulassen.", flüsterte Serena.

"Nach allem, was er dir angetan hatte?", fragte Nathan ohne Verständnis dafür zu haben. Wie konnte sie ihn immer noch beschützen? Dieser Mann hat seine eigene Tochter verraten.

"Es ist nicht seine Schuld, dass meine Mutter ihn betrogen hat.", erwiderte sie, "Wie konnte sie ihm das antun? Ich weiß, dass sie ihn geliebt hatte. Bis zum Ende. Wer tut sowas einem geliebten Menschen an?"

"Du kannst nicht für die Fehler deiner Mutter, du warst ein unschuldiges Kind. Richard war ein erwachsener Mann. Er hätte dies ebenso erkennen können. Er hat seinen Schwur, dich zu beschützen, gebrochen, aus Groll und Hass gegenüber einer toten Frau. Das wird er nie wieder gut machen können, Serena. Und du weißt, welche Strafe bei Wölfen verhängt wird, wenn sie einen Schwur brechen. Er wird sterben... ob durch meine Hand oder durch Jacksons."

"Es ist alles meine Schuld, dass ich dich da hineingezogen habe..."

„Hör auf", unterbrach Nathan sie sanft, legte seine Hand auf ihre und drückte sie leicht. „Wir sollten aufhören, im Selbstmitleid zu baden und unser Leben mit jeder Sekunde auskosten. Heute ist ein Tag der Freude, ein Tag des Neuanfangs. Ich möchte, dass du die Zeremonie vollziehst, die dich zu meiner Luna macht, vor unserer Familie..."

Serena sah ihn an, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ein Lächeln brach schließlich durch ihre Besorgnis. „Fragst du mich ernsthaft so, ob ich dich heiraten will?" 

„Es ist etwas schäbig, ich weiß... Ich habe keinen Ring für dich, wie es die Menschen gern machen...", er strich sanft über ihren Nacken und die Markierung, die er hinterlassen hat, "Aber ob mit oder ohne Zeremonie... du gehörst mir..."

"Ich habe dir schonmal gesagt, dass ich kein Objekt b...", wollte sie einwenden, doch ein stürmischer Kuss unterbrach sie. Nathan löste sich wieder von ihr. 

"Du gehörst mir, Serena... aber ich gehöre auch dir, mit meiner ganzen verdammten Seele.", er legte ihre Hand auf sein Herz. Sie spürte die Hitze und sein schnelles Pochen.

"Wenn das so ist, dann können wir die Zeremonie auslassen."

Nathan lachte leise und schüttelte den Kopf. „Netter Versuch, meine Liebe. Aber diese Zeremonie ist nicht nur für uns. Es ist ein Versprechen vor unserem Rudel, ein Zeichen unserer Einheit und Stärke. Und ich möchte, dass jeder weiß, dass du meine rechtmäßige Luna bist. Nichts weniger als eine offizielle Zeremonie wird dem gerecht."

"Dann frag mich.", forderte sie ihn auf.

"Fragen?", er lachte, "Damit du ablehnen kannst. Du kennst mich schlecht, Serena Bradford."

Rising Omega: Die Versuchung des AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt