Kapitel 15

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Sie seufzte und stand vom Barstuhl auf. Der Cocktail wärmte ihr inneres, warm und prickelnd, und sie war müde, also sparte sie sich einen bissigen Kommentar, den sie sonst parat hatte, wenn ihr jemand zu nahe kam. Ihre Beine stolperten kurz und sie war im Begriff einzuknicken. Da fing Nathan sie auf. "Vorsicht, Serena." Einen Arm um ihre Taille gelegt, stand Nathan ebenfalls auf.

"Wieso hast du immer den Drang, vor mir davon zu laufen?", fragte Nathan leise und etwas amüsiert.

"Ich laufe nicht davon, ich sollte nur schlafen gehen.", entgegnete sie schnell, denn ihre Worte klangen mehr nach einer Verteidigung als nach der Wahrheit.

"Jedes Mal, wenn ich um dein Vertrauen bitte, oder bloß anmerke, dass du zu mir gehörst, hast du den Drang abzuhauen... selbst wenn du nicht offiziell meinem Rudel angehörst, mach dich mit dem Gedanken vertraut, dass du zu mir gehörst, solange du bei mir arbeitest."

"Ich habe dir schonmal gesagt, dass ich kein Gegenstand bin, den du dir aneignen kannst.", zischte sie leise.

"Ich sehe dich nicht als Gegenstand, den ich einfach 'aneignen' kann, Serena." Seine Stimme war ruhig und ernst, mit einem leichten Unterton der Frustration." Er umfasste sanft ihr Kinn und zog sie näher an sich heran. Seine Worte hallten in ihr nach, ließen eine seltsame Wärme in ihr aufkeimen, die sie nicht ganz einordnen konnte.

"Ich kann nicht leugnen, dass mein Wolf von dir angetan ist. Sehr angetan. Aber glaub mir, in seinen Augen bist du weit entfernt von einem bloßen Objekt. Ich kann noch nicht recht fassen, was du für mich bist... aber ich will, dass es dir gut geht. Ich will, dass du mir vertraust." Nathan ließ ihr Herz ungewollt schneller schlagen, doch gleichzeitig baute sich eine Mauer aus Skepsis in ihr auf. Sie fühlte sie sich in eine Ecke gedrängt, unsicher, was er von ihr erwartete.

Er sah ihr in die Augen und erkannte ihr Zweifeln. "Aber das kannst du nicht. Nicht wahr?" Seine Worte trafen einen wunden Punkt.

"Verzeih mir, wenn ich nicht sofort jedem traue, der mir über den Weg läuft. Ich kenne dich gerade einmal einen Monat.", sagte sie ruhig, "Und nun lass mich los." Einmal mochte sie das naive Mädchen gewesen sein, eine Schachfigur in den Händen anderer, bewegt nach deren Belieben, um den größtmöglichen Nutzen aus ihr zu ziehen. Doch die Zeiten hatten sich geändert; sie hatte sich entwickelt, war über diese Rolle hinausgewachsen. Die Konsequenz dessen war allerdings, dass sie niemanden mehr vertraute. Schon gar nicht einem Alpha.

Nathan lockerte seinen Griff. "Ich kenne dich viel länger als du glaubst."

Sie strich sich das Kleid glatt, ein Versuch, sich selbst wieder zu sammeln, und blickte ihn verwirrt an. "Was bist du? Ein Stalker?", sie lachte unsicher mit einer Spur von Belustigung über die Absurdität der Situation.

"Schätzt du mich so ein?", fragte er belustigt.

In Serenas Kopf wirbelten die Gedanken. Nein, sie schätzte ihn nicht so ein. Ironischerweise schoss ihr durch den Kopf, dass jemand wie Nathan, mit seinem charmanten Aussehen und der selbstbewussten Ausstrahlung, wohl kaum Notwendigkeit hätte, jemandem nachzustellen, schon gar nicht ihr. Sie erinnerte sich an Amanda, die sie in ihrer ersten Woche kennengelernt hatte. Diese wunderschöne Frau in seinen Armen.

"Was meinst du damit, dass du mich schon länger kennst?", fragte sie kühl.

"Wir haben beide die Nocturnus Akademie besucht. Du warst einige Jahrgänge unter mir.", begann Nathan. "Es war mein Vater, der darauf bestand, mich dort einzuschreiben." Es gab interne Unruhen und er glaubte es wäre das Beste, Nathan ans andere Ende des Landes zu schicken, um ihn von all dem fernzuhalten und gleichzeitig eine Ausbildung zu erhalten, die eines zukünftigen Alphas würdig ist. Allerdings war sein Aufenthalt dort kürzer als geplant. Nach gerade einmal einem Jahr musste er seine Ausbildung dort abbrechen und nach Hause zurückkehren, um seinen Platz als Alpha einzunehmen.

Rising Omega: Die Versuchung des AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt