Kapitel 39

1.5K 88 9
                                    

Serena betrat mit Nathan an ihrer Seite den Raum, in dem sich die Wentworths und Fitzgeralds bereits versammelt hatten. Das Zimmer war von einer bedrückenden Stille erfüllt, die nur durch das leise Summen der Klimaanlage unterbrochen wurde. Alex hatte die Familien um einen langen, ovalen Tisch gruppiert, der die Mitte des Raumes dominierte. Die schweren Vorhänge an den Fenstern waren zugezogen, sodass das Licht der Deckenlampen die einzige Quelle der Beleuchtung war.

Serena spürte die Blicke auf sich gerichtet und kämpfte gegen das Gefühl an, dass ihr die Luft abgeschnürt wurde. Sie atmete tief ein, als Nathan sie an den Tisch führte. Seine Hand auf ihrem Rücken gab ihr etwas Halt, aber die aufkeimende Panik in ihrer Brust konnte sie nicht vollständig unterdrücken. Ihre Eltern saßen auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches und ihre Blicke waren voller Unglauben und Schock.

„Was hat sie hier verloren?", rief Evelyn, Serenas Stiefmutter, sofort. Ihre Stimme war schneidend und voller Abscheu. „Was hat diese Omega hier zu suchen?"

Serena fühlte, wie ihr Magen sich zusammenzog. Evelyns kalte Augen musterten sie, als wäre sie etwas Schmutziges, das aufgetaucht war, um das perfekte Bild zu ruinieren. Sie unterdrückte das Zittern in ihrer Stimme und hob das Kinn ein wenig höher.

„Ich verstehe nicht", sagte ihr Vater Richard, sein Gesicht war bleich und seine Augen weiteten sich vor Verwirrung. 

"Ist es alles, was du mir nach all den Jahren zu sagen hast?", fragte Serena bitter in einer leisen Stimme. Sie spürte, wie Nathan ihre Hand ergriff um sie zu stützen.

Der Alpha der Fitzgeralds, Jackson, schaute Nathan an, seine Stirn in tiefe Falten gelegt. „Ich dachte, wir sind hier um über Friedensverhandlungen zu reden? Was hat diese Omega hier zu suchen?"

Nathan blieb kühl und gefasst. Seine Stimme war fest und klar, als er sprach. „Serena ist meine Luna. Sie kam zu uns ohne die Verwandlung vollziehen zu können. Ihre Wölfin war schwach aber sie hat zu ihrer Wölfin wieder gefunden." 

Serena runzelte die Stirn Wieso nur zum Teil? Sie hatte geglaubt, dass der Fluch vollständig gelöst worden war.

„Du sollst eine Wölfin haben?", fragte Evelyn höhnisch. Ihr abfälliger Kommentar schnitt wie ein Messer durch die angespannte Stille im Raum. „Ich glaube kein Wort von diesem Märchen. Sie ist nicht bestimmt, mit unseren Wölfen zu jagen, mit solch niederen Wesen..." Ihr blieb das Wort im Munde stecken, als sie Nathans wütenden Blick sah.

Nathan sprach weiter, seine Stimme bestimmt. „Serena war beeinflußt durch einem unbrechbaren Fluch. Das Leid, das sie dadurch erfahren musste, ist unverzeihlich. Dieser Fluch konnte nur gelöst werden, weil er teilweise auf mich überging. Ihr versteht sicherlich, dass ein verfluchter Alpha eine schwere Last für sein Rudel darstellt. Deshalb werde ich diesen Fluch endgültig brechen müssen. Und das kann ich nur tun, wenn derjenige, der Serena verflucht hat, sein Leben lässt. ich habe Grund zur Annahme, dass einer von euch dafür verantwortlich ist." Nathan hielt kurz inne. "Entweder stellt sich der Schuldige freiwillig, oder mein Rudel und ich werde jeden Einzelnen von euch bekämpfen, bis ich den Verantwortlichen gefunden habe."

Die Anwesenden erstarrten, die Atmosphäre war plötzlich elektrisch aufgeladen. Alle Alphas und ihre Betas waren sofort in Alarmbereitschaft. Sie sprangen vom Tisch auf,  und stellten sich in Kampfposition.

„Entspannt euch, Wentworth", sagte Nathan ruhig. „Ich glaube nicht, dass ihr zu so etwas in der Lage seid." Doch sein Blick wanderte zu den Fitzgeralds. „Aber die Fitzgeralds kenne ich zu wenig, um dasselbe über sie zu sagen."

Jackson, der Alpha der Fitzgeralds, trat vor und musterte Nathan mit einem finsteren Blick. „Du hast keine Ahnung, was du da tust, Alpha", sagte er warnend. Trotz seines Alters von 60 Jahren strahlte er eine gefährliche Energie aus, bereit, jeden Kampf aufzunehmen.

Nathan schüttelte den Kopf. „Das wird hoffentlich nicht nötig sein.", sagte er, seine Stimme fest und beruhigend. Doch in seinen Augen lag eine Entschlossenheit, die niemand übersehen konnte.

Serenas Herz klopfte heftig in ihrer Brust, und sie spürte, dass dieser Moment alles verändern würde. Sie wusste, dass sie stark sein musste, dass sie die Wahrheit erfahren musste, egal wie schmerzhaft sie sein mochte.

"Warum glaubten Sie nicht, dass Serenas Wölfin erwacht ist,... Evelyn?", fragte Nathan. 

Evelyn sah unsicher in den Raum, ihre Augen flackerten nervös von einer Person zur nächsten. Alle Blicke richteten sich auf Serenas Stiefmutter und eine Welle der Unruhe durchlief den Raum und ließ eine gespannte Stille zurück.

„Ich?", sagte Evelyn mit gespielter Empörung. Doch Serena erkannte sofort, dass die Empörung nur eine Maske war. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen, als sie realisierte, dass Evelyn etwas von dem Fluch wusste. All die Jahre hatte sie nichts gesagt, hatte zugesehen, wie Serena litt, ohne jemals ein Wort zu verlieren. Hatte sie diesen Fluch auf Serena gehetzt? War sie die Ursache für Serenas Leiden?

Serenas Gedanken rasten. Wie oft hatte sie sich gefragt, warum Evelyn sie so behandelte, warum sie niemals wirklich zu ihr durchdringen konnte. Jetzt wurde ihr klar, dass Evelyn die ganze Zeit ein dunkles Geheimnis hüten musste. Ihre Hände zitterten leicht, und sie ballte sie zu Fäusten, um die aufsteigende Wut zu unterdrücken.

Nathan trat einen Schritt vor, seine Stimme war fest und klar, als er sprach. „Nun, ich habe da eine Theorie. Denn ich glaube, Sie wissen ganz genau, dass Serenas Zustand durch einen Fluch ausgelöst wurde, den keiner brechen konnte", sagte er und ließ seine Worte im Raum nachhallen. „Weil Sie dafür verantwortlich sind..."

Ihr Vater, Richard, hob zögernd die Hand und trat vor. Seine Augen waren schwer und seine Schultern hingen herab, als ob die Last der Schuld ihn erdrückte. „Meine Frau ist nicht verantwortlich für diese Misere.", verteidigte er sie und sah seine Tochter an. "Ich war es", sagte er leise, kaum hörbar. „Ich bin die Quelle diesen Fluches."

Wenn sie ihr nicht schon alles genommen hätten, würde ihre Welt noch einmal zerbrechen. Aber so fühlte Serena nur einen dumpfen Schmerz, eine Taubheit, die sich in ihr breit machte. Sie hatte immer gedacht, die Böswilligkeit würde von ihrer Stiefmutter kommen, ganz wie in den Märchen, die sie so gern als Kind gelesen hatte. Doch in Wahrheit hatte ihr Vater sie verraten. Sie erkannte es ganz klar in seinem Blick. Er versuchte nicht Evelyn zu verteidigen, er sprach die Wahrheit.

„Wie konntest du mir das antun?", fragte Serena, ihre Stimme zitterte vor unterdrückter Wut und Schmerz, "Deiner eigenen Tochter."

"Du warst nie mein Kind.", flüsterte Richard.

Rising Omega: Die Versuchung des AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt