Kapitel 13 [überarbeitet]

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Das erste, was ich bemerkte als ich die Augen aufschlug, war die nasse Bettwäsche um mich herum. In den ersten Sekunden war ich nicht in der Lage mich zu bewegen, spürte nicht den Untergrund, nicht die eklig warme Hand die meine hielt. Ich sah auch nicht Gabriels besorgtes Gesicht über meinem. Das Bild von Sarah hatte sich viel zu fest in mein inneres Auge eingebrannt, als dass es plötzlich hätte weg sein können.

Die Stimmen kamen als letztes. Ich hatte mich kein bisschen bewegt, nur geatmet. Nach und nach kamen meine Sinne zurück. Hören jedoch konnte ich erst Minuten nachdem ich wieder in der wirklichen Welt aufgetaucht war.

„Diane, Diane, kannst du mich hören?" Dumpf drang Calums Stimme zu mir durch, während das Knistern des Feuers mich immer und immer wieder einholte.

„Verdammt!"

Gabriel über mir zuckte zusammen, ein Detail, das viel mehr mein Unterbewusstsein bemerkte und verarbeitete als irgendein anderer Teil von mir. Es war, als wäre ich ein Computer. Ich verarbeitete die Informationen die man mir reichte, war jedoch nicht in der Lage darauf zu reagieren.

„Seher, bitte, was ist los mit ihr?" Gabrieles Stimme klang weinerlich. Sein Gesicht verschwand aus meinem Blickfeld. Das des Sterndeuters tauchte dafür jedoch wieder auf.

„Ich kann es Euch nicht sagen, Schüler Gabriel. Aber ich erbitte mir nun Ruhe. Baumleserin, könnt Ihr mich verstehen?"

Calum und Gabriel waren tatsächlich still geworden, keiner sagte mehr ein Wort.

„Meine junge Meisterin, es wird bald hell und Euer Bruder und ich werden gehen müssen. Bitte, sagt mir, dass ich Euch unbeschadet zurück geholt habe."

In meinem Kopf ratterte es, mein Gehirn suchte nach der passenden Antwort. Meine Kehle brachte ein einzelnes Wort heraus.

„Unbeschadet?" Sarkastisch. Zynisch. Strafend.

Der alte Mann hatte keine Ahnung was mit mir geschehen war.

„Ich werde Euch erklären was passiert ist", setzte der Seher an, doch ich schüttelte den Kopf. Er sollte es Gabriel erklären. Ich wollte in Ruhe gelassen werden. Alexis' kleiner Bruder würde es mir später irgendwann wiedergeben können.

„Ich verstehe", murmelte der Sterndeuter und senkte den Blick.

„Verzeiht mir, junge Meisterin. Das hätte so niemals passieren dürfen."

Tränen füllten meine Augen, während sich die Dunkelheit wieder in mir breitmachte und das Bild der Leichenberge mitbrachte. Erneut füllte Wasser meine Lungen, verbrannte mich Feuer, ließen mich Stürme durch die Lüfte fliegen.

Ich drehte mich weg, bevor irgendjemand die Träne sehen konnte, die aus meinem linken Auge floh wie ein scheues Tier. Ich richtete meinen Kopf weg von meinen Besuchern, meinem Bruder, meinem Freund, dem bekannten Fremden. Mein Blick richtete sich gen Fenster in die dunkle Nacht Richtung Himmel, an dem ich Sterne erwartet hatte. Doch es waren Wolken aufgezogen. Sie hatten den Mond und seine Begleiter hinter sich versteckt und eine bedrückende Finsternis mitgebracht.

***

Ich hatte die Worte des Sehers gehört. Sie waren da gewesen, um mich herum geflogen, während er versucht hatte Gabriel und Calum zu erklären was geschehen war. Doch ich hatte keinen der Sätze aufgenommen.

Der leichte Geruch nach Lavendel weckte mich am nächsten Morgen. Bald darauf streichelten schlanke Finger meine Wangen, zart, meine Haut kaum berührend.

Ich schlug die Augen auf und sah in Alexis' hübsches Gesicht. Sie hatte sich über mich gebeugt, ihre langen blonden Haare kitzelten ungewollt meine Nasenspitze.

Die WaldläuferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt