Kapitel 24 [überarbeitet]

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Das Klopfen an die hölzerne Tür von Owens Baumhaus weckte mich aus meinem leichten Schlaf. Wir waren noch lange in der großen Höhle gewesen, hatten geredet und von Amara mitgebrachtes Essen gegessen. Alexis taten die Unterhaltungen gut, auch wenn sie sich wenig beteiligte, sondern mehr zuhörte als sprach.

Stimmen drangen an mein Ohr. Sofort stand ich auf, zog mir einen Pulli und die Hose an, die Owens Schwester mir herausgelegt hatte und stellte mich mit dem Rücken zur Wand neben die Tür.

„Ihr habt weder die Befugnis, noch die Erlaubnis über ihren Kopf hinweg entscheiden zu können, Waldschauer ", sagte gerade eine dunkle, mir unbekannte Stimme.

„Das habe ich", widersprach Owen fest. „Ich bin ihre Leibwache und ich werde entscheiden, was das Richtige für sie ist."

„Wir wissen doch alle, dass Ihr ihr nicht gewachsen seid. Niemand ist das. Will sie jemanden loswerden, dann wird sie es."

Was bitte war das gerade? Sie wollten etwas von mir, doch Owen schien ihnen keinen Eintritt in sein Baumhaus gewähren zu wollen. Er ging ein großes Risiko ein, die Krieger der Meisterin abzuhalten, auch wenn er selbst einer war.

„Hütet Eure Zunge, Blätterkrieger. Sie hat gute Ohren und Euer herablassender Tonfall gefällt mir nicht."

Owen hatte Recht. Der Blätterkrieger, der vor ihm stehen musste, war sehr respektlos.

Ich entschied, mich nicht weiter zu verstecken. Stattdessen lief ich zu dem großen Schrank gegenüber des Bettes, öffnete ihn schnell und warf mir einen Umhang über. Die Haare schnell zu einem Dutt bindend ignorierte ich den Schmuck, den ich dafür hätte verwenden können. Stattdessen schnallte ich mir meine Kurzschwerter und das Messer um und machte mich auf den Weg in das Hauptzimmer.

Die Diskussion verstummte, als ich aus meinem Zimmer trat. Überrascht stellte ich fest, dass auch Ethan anwesend, bis jetzt aber im Hintergrund geblieben war. Seine braunen Augen waren starr auf mich gerichtet, sein hübsches Gesicht versteinert.

Der Mann trat vor, als niemand reagierte. Er schob seinen Kollegen beiseite und trat ohne Zögern an dem nun protestierenden Owen vorbei.

„Euer Zimmer im Haus der Meisterin ist eingerichtet", sagte er und deutete zur Tür. „Wir sollten gehen."

Ich öffnete den Mund, wollte widersprechen. Nichts widerstrebte mir so sehr wie die Tatsache, ins Haus der Meisterin ziehen zu müssen. Doch in dem Moment, in dem ich etwas sagen wollte, trat Amara aus einem anderen Zimmer. Ich sah ihr binnen einer Millisekunde an, dass sie alles mitgehört hatte. Als sie ihre Hand in Richtung Tür richtete, wurde mir bewusst, was für eine Chance sie in dieser Tatsache sah.

„Ich möchte, dass der Waldschauer Owen mir meine Sachen bringt und niemand sonst."

„Das lässt sich einrichten", erwiderte Ethan mürrisch.

„Gut."

Ich folgte Ethan nach draußen, bedeutete Owen still zu bleiben. Noch ehe die Tür hinter mir zuschlug, hörte ich den Waldläufer bereits seine Schwester nach einer Erklärung anfahren.

***

Mein Herz klopfte immer schneller und lauter und fast hätte ich geglaubt, dass Ethan und sein Begleiter es hatten hören können. Sie liefen hinter mir. Ich hatte mich an ihnen vorbeigedrängt und lief nun voran zum Baumhaus. Leichter Nieselregen perlte an meinem Mantel ab und lockte meine Haare. Ich spürte, wie sie mir vom Kopf abstanden.

Es kamen uns mehr Waldläufer entgegen als erwartet. Ich lächelte der Lehrerin Adams zu, die auf ihrem Weg zu den Schulhäusern war. Sie erwiderte es ohne Zögern, wobei ihr Blick beim Anblick der Krieger gefror. Bree lief in einiger Entfernung mit Clara an der Hand an uns vorbei. Ich winkte Mutter und Tochter, die stehen blieben und uns beobachteten. Ich hörte Ethan seufzen und hätte wetten können, dass er die Augen verdrehte. An Claras nachdenklichem Gesicht konnte ich genau erkennen, dass sie gerade versuchte ihn zu lesen.

Die WaldläuferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt