Die letzten Wochen hatten mich zu einer Kriegerin gemacht, einer Soldatin, einer Anführerin. Doch Serena trainierte mich auf eine Art und Weise, die mir mehr abverlangte als ich jemals geglaubt hätte und mich an meine absoluten Grenzen brachte.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag Clara neben mir. Troy schien das Zelt schon vorher verlassen haben, seinen Speer mitgenommen. Ich war nach draußen gekrochen und hatte ihn alleine an der Feuerstelle sitzen sehen. Leichter Rauch stieg von ihr auf, doch die Flammen waren erloschen und hatten nur schwarze Asche zurückgelassen.
Troy hatte aufgesehen und für einen Moment so verletzlich ausgesehen, dass ich mich fragte, ob ich ihn während der gesamten letzten Tage einmal gefragt hatte, wie es ihm überhaupt ging. Doch als sich sein Blick wieder verhärtete und er in Richtung See nickte, war die alltägliche Wut gegenüber ihm und seinen Lügen wieder zurückgekehrt.
Ich ließ Clara in seiner Obhut und lief zum See. Serena mit einem dicken Seil einen Kreis gelegt und saß nun mit geschlossenen Augen darin, meditierte. Sie bewegte sich nicht als ich nähertrat, doch ein paar Sekunden später sagte sie: „Ihr seid genau passend gekommen. Lasst uns anfangen."
Sie war aufgestanden und hatte mich in den Kreis gewinkt. Oberste Regel war, diesen während unseres Trainings nicht zu verlassen. Ich hatte genickt. Zweite Regel: Es galten alle Tricks. Selbst die gemeinen, unfairen. Alles war erlaubt. Dritte Regel: Keine Magie.
Sie warf mir ein geschnitztes Holzschwert zu und stellte sich dann breitbeinig mit gesenkten Knien vor mich hin. Ich jedoch wartete darauf, dass sie ihre eigene Waffe wählte.
„Ich brauche keine Waffe, um Euch zu besiegen, junge Meisterin", hatte Serena beinahe belustigt gesagt. „Noch nicht."
Und sie hatte Recht behalten. Innerhalb zwei Minuten hatte sie mir drei Mal das Schwert aus der Hand genommen und plötzlich in ihrer eigenen gehalten, drei Mal auf den Waldboden geschleudert und unzählige Tritte und Schläge verpasst.
So ging das die ganzen nächsten Tage. Ich wusste nicht, was Troy in der Zwischenzeit mit Clara machte, aber jedes Mal, wenn ich geschunden und niedergeschlagen zu einer Pause zurück ins Camp kam, waren die Beiden zusammen und tuschelten leise. Keiner wollte mir verraten worum es ging, selbst nach vielem Nachfragen, und so beließ ich es einfach dabei.
Am vierten Tag steigerte Serena das Training. Meine Muskeln schmerzten, meine Augen brannten von zu wenig Schlaf und meine Hände schienen kaum noch genug Kraft zu haben, um das Holzschwert zu heben, mit dem ich morgens immer trainierte. Die Urwäldlerin hatte dabei einen ganz bestimmten Trainingsplan, dem sie strikt folgte. Morgens nach dem Aufstehen trainierten wir das Kämpfen mit dem Schwert – meine Einwände, dass ich zwei Kurzschwerter besaß und kein einzelnes langes, ignorierte sie gekonnt- Darauf folgte eine Pause, in der wir tranken und frühstückten, meistens Joghurt und Früchte. Ich hatte sie einmal gefragt, woher sie den Joghurt bekam, denn ich sah nirgendswo Tiere die ihr die Milch dafür geben würde und in meiner Zeit hier hatte sie kein einziges Mal das Camp verlassen. Doch sie hatte mir nicht geantwortet.
Nach dem Frühstück folgte Boxtraining. Dann kam Verteidigung dran, wobei diese Trainingseinheiten hierbei variierten. Mal musste ich mich mit einem kleinen Ast verteidigen, dann mit bloßen Händen.
Mittags aßen wir mit Clara und Troy zusammen. Dann kam endlich der Part, in dem ich außerordentlich gut abschneidete und zur Ausnahme sogar anerkennende oder überraschende Blicke erntete, was für Serenas Verhältnisse so viel Wert war wie ein ausgesprochenes Lob. Sie redete nicht wirklich viel, manchmal Stundenlang gar nicht, und wenn sie es doch tat, dann nur um mir Befehle zuzurufen, wie ich mich besser zu bewegen oder das Schwert zu schwingen hatte.
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Die Waldläufer
FantasyMein Name ist Diane. Ich erzähle eine Geschichte, die mir niemand glauben wird. Kein Mensch zumindest. Ob du es tun wirst, weiß ich nicht. Das werde ich auch nicht herausfinden, denn ich schätze, wir werden uns niemals persönlich treffen. Aber n...