Teil 108

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Claire

Im Taxi lasse ich meinen Tränen freien Lauf. Der Taxifahrer schaut mich mitleidig an. "Miss, wo soll es hingehen?" Fragt er und beobachtet mich im Rückspiegel. "Ins nächste Hotel, bitte." Presse ich zwischen meinem schlurzen hervor. Er sieht mich an, so als ob er meine Preisklasse abschätzen könnte, doch es ist mir egal. Keine zweite Minuten später stoppen wir vor einen Nobelhotel. Na super. Wie zum Teufel soll ich mir das leisten.  Doch dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich habe nicht einen Dollar bei mir. Woher auch. Flehend blicke ich zu dem Taxifahrer. "Moment." Sage ich, hole mein Handy raus und wähle Stella's Nummer. Nach nur zwei Mal klingeln geht sie dran. "Claire, was ist los?" Fragt sie alarmiert. Unter Tränen erzähle ich ihr von dem Antrag und dass ich weggelaufen bin und vor dem Hotel im Taxi sitze. Sie scheint über die Tatsache, dass Enzo mir einen Antrag gemacht hat, nicht erstaunt zu sein. Natürlich nicht. Sie sind Familie. Sie wusste es. Würde sie jetzt überhaupt noch was mit mir zu tun haben wollen? "Ach weißt du was. Vergiss es. Ich komme schon klar. Es tut mir leid für die Störung. Danke für alles." Flüstere ich und lege auf. Wenn der Blick des Taxifahrers eben noch mitleidig war, ist er jetzt eher genervt von so viel Drama. Ich streife meine Cartier Uhr vom Handgelenk und reiche sie ihm rüber. Natürlich weiß ich, dass es viel zu viel ist, aber sie hat mein Vater mir geschenkt. Noch eine Erinnerung, die ich aus meinem Gedächtnis löschen will. Grinsend schaut er sich die Uhr an. "Ist die echt?" Erkundigt er sich. "Natürlich." Erwidere ich und steige schleunigst aus dem Wagen. Gerade als meine Füße den Bordstein berühren, gibt der Typ Gas. Arschloch!

Der Page vor dem Hotel guckt mich interessiert an. Er wird sich aus meinem Erscheinungsbild keinen Reim machen können. Eine Frau im Designerkleid mit verheultem Gesicht. Wahrscheinlich sehe ich eher aus wie eine Horrorfigur.

Ich laufe einige Schritte, um nicht weiter aufzufallen. Doch wo soll ich hin. Suchend stehe ich hier und schaue in den Himmel. "Lieber Gott. Was soll ich jetzt tun?" Flüstere ich. Doch eine Antwort bekomme ich nicht. Keine Ahnung wie lange ich hier stehe und den wenigen Passanten nachschaue und die Gäste des Hotels beobachte. Soll ich wirklich rein gehen? Ich habe noch eine Kreditkarte meines Dads. Sollte ich sie nutzen? Erwartet er dann was von mir? Und was ist, wenn er erfährt, dass vor Enzo geflüchtet bin... Schwanger?

Weitere Tränen strömen meine Wangen entlang. Ich habe keine Wahl. Ich kann nicht in New York alleine auf der Straße übernachten. Tief durch atmend wische ich mir meine Tränen weg, in der Hoffnung, dass mein Makeup nicht zu verlaufen ist und laufe zögerlich auf den Portier zu. "Miss?" Wendet er sich an mich. Ob er mich überhaupt in dieses Hotel lässt?

Plötzlich hakt sich jemand in meinen Arm ein. "Wo willst du hin?" Höre ich Stella fragen. Ein Gefühl von Panik überkommt mich. Was hat sie vor? Doch sie zieht mich sturstracks mit ins Hotel. Kaum, dass sie ihren Namen erwähnt, bekommt sie eine Key Card gereicht. Sie gabelt mich auf und wir gehen in das Zimmer.

Dort drückt sie mich auf das Bett, zieht den Sessel etwas vor, um mir genau gegenüber zu sitzen. "Was genau ist passiert? Ich konnte am Telefon nicht viel verstehen." Erklärt sie einfühlsam. Noch immer versuche ich meine Gedanken zu sammeln. Dann lasse ich den ganzen Abend Revue passieren und Stella hört einfach nur zu und hält meine Hand.

Nachdem meine Tränen irgendwann versiegt sind, holt Stella tief Luft. "Du bist verrückt." Sagt sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. "Enzo liebt dich und du stößt ihn weg. Warum?" Fragt sie mich nun eine Spur ernster. Erstaunt sehe ich sie an. "Er will keine Kinder und ich will ihm nicht zur Last fallen. Ich will nicht, dass er sich genötigt fühlt bei mir zu bleiben." Erkläre ich und weitere Tränen steigen mir in die Augen. "Wer sagt, dass er wirklich so denkt. Es war für ihn nur theoretisches Denken. Wenn er aber weiß, dass ein Baby - euer Baby - in dir wächst, wird er das alles anders sehen." Beteuert sie mir.

Ist es wirklich so? "Im Moment weiß ich gar nichts mehr. Ich bin total verwirrt." Erkläre ich ihr und lasse mich seitlich aufs Bett fallen. Stella krabbelt zu mir aufs Bett und lehnt sich an dem Kopfteil an. "Hat Enzo dir mal erzählt, wie Leonardo und ich uns kennengelernt haben?" Fragt sie schließlich. Ich rücke ebenfalls ans Kopfteil und schaue sie an. "Nein." Antworte ich kurz.

"Wir haben uns vor vielen Jahren in der Disco kennengelernt. Ich war ein jungfräuliches Mauerblümchen. Leonardo hat mich jedoch angezogen wie die Motte das Licht und wir hatten Sex. Sex auf dem Klo der Disco. Mein erstes Mal. Wir waren wie besessen und haben nicht verhütet. Naja, eigentlich nahm ich die Pille.... Es gab einen Notfall bei Leonardo und wir haben uns aus den Augen verloren." Schnaubt sie vollkommen in der Erinnerung gefangen. "Ich habe geglaubt, ich war nur ein unbedeutender Fick für ihn und war am Boden zerstört. Dann stellte sich heraus, dass ich mit Luca schwanger war. Ohne Geld, ohne Ausbildung und ohne Kindsvater habe ich gekämpft. Für Luca. Lucy stand mir zwar die ganze Zeit zur Seite, aber ich war zerbrochen, denn ich dachte, Leonardo würde mich und das Baby nicht wollen." Fährt sie fort. Alleine bei ihren Erzählungen kommen mir die Tränen. Sie greift nach meiner Hand und drückt sie. "Nach sechs Jahren haben wir uns durch einen dummen Zufall wiedergetroffen und es klärte sich alles auf. Leonardo wollte mich die ganze Zeit, er hat mich vom ersten Augenblick geliebt und er wollte auch das Baby." Schnieft sie jetzt auch. Fassungslos starre ich sie an. "Was ich damit sagen will ist, dass die Dinge oft anders scheinen, als sie wirklich sind. Rede nochmals in Ruhe mit ihm." Sagt sie sanftmütig. "Ich brauche etwas Zeit, um nachzudenken." Erkläre ich ihr und anscheinend reicht ihr das. "Ok. Machen wir Pyjama Party. Magst du was vom Zimmerservice." Fragt sie lächelnd und hält bereits den Telefonhörer in der Hand.

Nach einer riesen Portion Pommes und Eis geht es mir tatsächlich schon viel besser. Wir kuscheln uns in die Bettdecke und Stella erzählt mir nochmals detailliert ihre Kennenlerngeschichte. Auch die beiden hatten einige Hindernisse zu überwinden und es gibt mir etwas Hoffnung, dass vielleicht noch nicht alles zu spät ist.

Ein Mafia Boss verliebt sich nicht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt