Kapitel 50

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Glacier POV

7 Uhr morgens. Ich war früh wach, denn ich hatte etwas vor.

Ich regte mich zwischen den beiden Körpern neben mir. Arctics Kopf lag auf meinem Bauch, mein eigener Kopf hatte vor wenigen Sekunden noch auf FearBs harter Brust gelegen. Als ich aufstand, bildete sich der größte Abstand zwischen den beiden Jungs. Fast so, als würden sie etwas spüren, verzogen sich ihre Gesichter unzufrieden.

Ein Lachen musste ich mir verkneifen, als ich mich leise an FatB und Bree vorbeischlich.

In meinem Kopf ging ich sämtliche Drohungen durch, mit denen ich Lysander zwingen könnte. Doch zu meinem Erstaunen musste ich keine anwenden, denn er kam freiwillig mit. Seine Begründung: Er wusste, dass ich damit drohte, Harris zu verletzen. Das war mir gar nicht in den Sinn gekommen, aber ich merkte es mir für das nächste Mal.

Ich verpasste Lysander noch eine ordentliche Giftspitze, Harris ebenso, und zog den jungen Meister dann an den Fesseln mit mir. Auch hier folgte er mir ohne Widersprüche.

Meine Leute schliefen noch, sodass wir unbemerkt ein paar Schritte gehen konnten. „Ich habe hier kaum Netz", stellte ich laut fest, damit er verstand, was ich vorhatte. Die Kommunikationsblume hielt ich fest in der Hand, während ich Ausschau hielt, ob sich etwas veränderte.

„Was ist dein Plan?", fragte Lysander überraschend ruhig. Ehrlich gesagt genoss ich es gerade, mit ihm hier zu sein. Es war... vertraut. Vor allem, wenn er so ruhig blieb. „Ich möchte deinen Bruder anrufen, und du wirst mit ihm reden. Sag ihm die Wahrheit, dass ich dich hier festhalte, und bitte ihn, zu kommen", erklärte ich meinen Plan. „Ich soll es also eskalieren lassen?", hinterfragte der junge Meister. „Kein Grund zur Sorge. Ich werde ihm nichts tun", erwiderte ich. „Er dir aber", entgegnete er. Schluckend setzte ich meinen Weg fort. „Machst du dir Sorgen um mich?", fragte ich schmunzelnd. „Das meine ich nicht. Aber die Situation ist bereits außer Kontrolle geraten. Würde er dich angreifen, wird sich nichts verbessern. Höchstens, dass einer von uns ruhiggestellt wird. Und das versuche ich zu verhindern", erklärte der junge Meister. „Ich kann nicht versprechen, dass ich keinem von euch etwas antue, aber das ist nicht mein Ziel", sagte ich und überreichte ihm die Kommunikationsblume. „Sei ehrlich. Versuch, so zu sprechen, als würdest du diesen Anruf heimlich machen. Als sei ich nicht in der Nähe. Du kannst ihn ruhig vor dem Gift warnen."

Der junge Meister zögerte kurz, bevor er nach der Blume griff. Durch seine Sonnenbrille konnte ich seine Augen nicht sehen, doch ich ahnte, was in seinem Kopf vorging. Entweder überlegte er, wie er mich austricksen konnte, oder er spielte einfach mit, um den größten Schaden zu verhindern. Er war unberechenbar, aber in seinem Zustand nicht stark genug, um gegen mich anzutreten. Zumindest nicht, um zu gewinnen.

Plötzlich donnerte es, und wir sahen beide in den Himmel. Es war nichts Ungewöhnliches, doch es klang seltsam, unpassend in diesem Moment. Wir versuchten, es zu ignorieren, und der junge Meister suchte den Kontakt in der Kommunikationsblume.

Trotzdem war uns beiden bewusst, dass etwas nicht stimmte. Keine Ahnung, warum wir nicht darüber sprachen, doch es herrschte ein stilles Einverständnis zwischen uns.

Dann krachte es erneut, und wir zuckten zusammen.

„Hier stimmt irgendetwas nicht", murmelte ich. „Schon bemerkt?", knirschte der junge Meister mit den Zähnen, aber ich ignorierte seinen spitzen Kommentar. Wir schauten uns um; die Kommunikationsblume war vergessen, und ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus. Etwas stand bevor.

„Scheiße".

Als das Wort aus Lysanders Mund kam, erkannte auch ich, was er meinte. Eine riesige Schneewolke raste auf uns zu, sie stürzte die Fernberge hinunter, und plötzlich schien alles gleichzeitig fern und nah.

Mr. Winters Right Hand || boyxboy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt