Fliederweg 7

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Für den nächsten Tag hatte ich mir etwas vorgenommen. Es war Sonntag und ich wollte unbedingt nach Hogsmeade, obwohl die meisten Läden gar nicht auf hatten. Als ich morgens in den Gemeinschaftsraum kam, fragte ich Hermine, doch sie wollte lieber ihre Hausaufgaben machen. „Bitte Hermine, es ist wichtig. Es geht um... um meine Mum", sagte ich. Die Braunhaarige schaute auf. „Um - okay, wann willst du los?", fragte sie. „Nach dem Frühstück. Hoffentlich kommen auch Harry und Ron mit", sagte ich und ging zusammen mit Hermine runter in die Große Halle. Wir setzten uns zu den beiden Jungs und nahmen uns ein Toast. Ron warf sehr auffällig immer wieder Blicke zu seiner kleinen Schwester, die etwas abseits saß und sich mit einer Schülerin unterhielt. „Hör auf so zu starren, Ron, du bist fast so schlimm wie Harry", meinte ich grinsend. „Was?", fragte der Schwarzhaarige und schaute auf. „Na du starrst Cho doch auch die ganze Zeit an", meinte ich, ließ ihm aber keine Zeit für eine Antwort. „Wir gehen gleich nach Hogsmeade, alle vier", beschloss ich. „Ich hab noch einen Berg Hausaufgaben, sorry", meinte Ron. „Das ist mir doch egal, ich muss auch noch drei Aufsätze schreiben! Es geht um meine Mum... Ich habe bei meinem Großvater einen Schlüssel für ihre alte Wohnung in Hogsmeade gesehen und möchte mal reinschauen, und zwar am liebsten mit euch", erklärte ich. "Okay, und wie willst du an den Schlüssel kommen?", fragte Harry. "Mein Großvater braucht immer ein bisschen zum Essen, in der Zeit hole ich ihn", antwortete ich. Also gingen wir zu viert hoch in den siebten Stock. "Und  du bist dir ganz sicher, dass niemand dort oben ist?", hakte Hermine nach. "Nope, aber dann sage ich einfach, dass ich auf meinen Großvater warte", antwortete ich, nannte das Passwort und stieg die Treppe hoch. Ich klopfte an der Holztür, doch als niemand antwortete, machte ich sie auf und trat ein. Zu meinem Glück war das runde Büro leer. Ich beeilte mich und ging in den Flur, der zu den privaten Räumen meines Grpßvaters führte, und nahm den Schlüssel von der Wand. Die Adresse stand zum Glück dran:  Lucy Black, Fliederweg 7, Hogsmeade. Ich nahm ihn von dem Schlüsselbrett und ging dann wieder herunter. "Hast du ihn?", fragte Harry. Ich nickte. "Lucy Black? Ich dachte immer, sie hieß Dumbledore", meinte Ron. "Ja, aber sie und Dad haben geheiratet, bevor sie gestorben ist", erwiderte ich.

In Hogsmeade angekommen, blieben wir plötzlich stehen. Wir hatten keine Ahnung, wo sich der Fliederweg befand. "Und was machen wir jetzt?", fragte Ron stirnrunzelnd. "Wir fragen jemanden, der hier wohnt", antwortete ich. "Und wen?", fragte Harry. "Wir könnten Ambrosius Flume fragen, der kennt sich hier doch bestimmt aus", schlug Hermine vor. "Gute Idee!", sagte ich und betrat den Honigtopf, der auch heute geöffnet hatte, allerdings waren viel weniger Schüler hier als am Samstag. "Na, was kann ich für euch tun?", fragte der Mann mit dem seltsamen Hut freundlich. "Wir suchen den Fliederweg, wissen Sie wie wir da hin kommen?", fragte ich höflich. "Aber natürlich, was wollen ihr denn da?", meinte Mr Flume. "Wir wollen uns nur ein Haus anschauen", antwortete ich. "Ja, der Fliederweg war wahrhaftig eine der schönsten Straßen hier in Hogsmeade, jetzt wohnt da fast niemand mehr, nur noch die alten Leute hier. Ihr geht einfach hinter Zonkos Scherzartikelladen rechts rein in die Florastraße und dann nehmt ihr die nächste Kreuzung, rechts, das der Fliederweg", erklärte Mr Flume. "Vielen Dank, Mr Flume. Einen schönen Tag noch", sagte ich und verließ gefolgt von meinen Freunden den Laden. "Also los", meinte Harry und ging in Richtung Zonkos die Straße hoch. Hinter dem Scherzartikelladen bogen wir rechts ein in die Florastraße. Hier standen viele Häuser nah aneinander. "Hier, wir sind da", stellte Ron an der nächsten Kreuzung fest und deutete auf das Straßenschild, auf dem Fliederweg stand. Es war eine ganz andere Straße. Hier standen nicht so viele Häuser, nur ein paar, aber in großem Abstand, und mit großen Gärten, in denen Trampoline, deren Netz abgerissen war, oder Sandkästen, deren Holz morsch aussah, standen. Die Gärten waren überwuchert mit Pflanzen, Unkraut und Blumen. Es sah unordentlich aus, aber zugleich gemütlich. "Welche Hausnummer steht noch gleich auf dem Schlüssel, Emily?", wollte Harry wissen. Ich kramte in meiner Umhangtachse und gab ihm den Schlüssel. "Hier ist es", sagte ron und die Jungs blieben vor einem Holz aus braunem Holz stehen. An der Seite wuchs Efeu die Wände hoch und schlängelte sich bis zu den Fenstern im Obergeschoss. Ich schob das Gartentor auf, für das man keinen Schlüssel brauchte und trat auf einen Steinweg, der bis zu der Haustür führte. Im Garten hatte jemand aus einem Seilen und einem Stück Holz eine einfache Schaukel gebaut und an einen Ast der großen Buche gehängt. Tatsächlich standen auch zwei Fliederbüsche im Rand, doch sie blühten nicht, denn es war Winter. Ich ging um das Haus herum. Auf der anderen Seite war eine Terasse mit Steinplatten, auf der ein Gartentisch und vier Stühle darum standen. Außerdem stand hier eine Tonne, die bis oben hin mit Wasser gefüllt war, und daneben eine große grüne und eine kleine lilafarbene Gießkanne. "Das war bestimmt deine", sagte Hermine und legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich stellte mir mich als kleines Kind vor, wie ich gerade laufen konnte und mit dieser kleinen Gießkanne neben meiner Mutter stand und die Blumen im Beet gegossen habe. Wie ich das ganze Wasser aufeinmal auf eine Blume geschüttet habe, und mich gefreut habe. Es fühlte sich so an, als ob das wirklich passiert wäre, wie eine Erinnerung, die ich vorher nie hatte. Ich ging wieder zur hölzernen Haustür. Neben ihr war ein roter Briefkasten, aus dem eine Menge Briefe quollen und manche schon einfach auf dem Kasten gestapelt wurden. Der oberste war von Alice Longbottom, Nevilles Mutter. Ich nahm ihn und steckte ihn in meine Umhangstasche. Familie Black stand auf dem Klingelschild neben der Tür. "Soll ich aufschließen?", fragte Harry. Ich nickte. Er trat vor mich, steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch und schloss die Tür auf. "Seltsam, ich hätte Schutzzauber erwartet", murmelte Harry. "Die waren wahrscheinlich auch da, aber sie wurden aufgehoben, als Lucy starb", erklärte Hermine. Harry ließ mir den Vortritt. Im Haus roch es nach nichts, nicht alt und auch nicht frisch oder stinkig. Ich trat meine Füße auf einer Fußmatte ab, auf der ein hübsches Muster drauf war, ab. Die Gaderobe im Flur war voll mit Jacken und Mänteln und auf dem Boden standen mehrere Schuhpaare. Sie standen alle sauber aneinander gereiht da. Die letzten Paare waren so klein, dass sie vielleicht halb so groß wie meine Hand waren. "Wie süß", meinte Hermine, deren Blick ebenfalls auf die winzigen Schuhe gefallen war. Die erste Tür nach links führte in einen kleinen Raum mit einer Toilette und einem kleinen Waschbecken. Gerade zu die Tür führte in einen großen Bereich, in dem anscheinend Küche, Esszimmer und Wohnzimmer zuglaich waren. "Wow, du warst ja früher schon eine echte Künstlerin, Emily!", grinste Ron und zeigte auf mehrere Bilder, die an der Wand im Wohnzimmer hingen. Man konnte auf den ersten Blick sagen, dass die Bilder von einem Kleinkind gemalt wurden. Auf manchen waren einfach wild Stricke gezogen, auf einem anderen hatte ich drei Personen gemalt: Sirius, Lucy, und mich in der Mitte. Harry lachte auf, als er die bunten Bilder sah. Auf der Couch waren viele Fussel und auf dem Sofatisch lagen mehrere Wollknäul und Nadeln. "Deine Mum hat wohl gestrickt, das macht meine auch", sagte Ron. "Nein", antwortete Hermine aus der Küche. "Sirius hat gestrickt", grinste sie. Als ich zu ihr kam, stand sie vor dem Kühlschrank, der voll mit Fotos beklebt war. Auf dem einen war Sirius zu sehen, wie er auf dem Sofa saß und an etwas grünem stricke. Natürlich bewegte sich das Bild, denn als er Lucy mit der Kamera bemerkte, grinste er verschmitzt und hielt den grünen Stoff hoch, aus dem gerade ein Pullover wurde. "Hätte ich gar nicht von ihm gedacht", sagte Ron verwundert. "Sieh mal", sagte Harry und deutete auf ein anderes Foto am Kühlschrank. Dort waren Harry und cih zusehen, als kleine Kinder, wie wir in einem Garten auf einem Besen in Mini-Version flogen. Harry saß hinter mir und hielt sich an mir fest, während ich den Besen lachend einen Meter über dem Boden flog. "Wie süß ihr wart", quietschte meine beste Freundin. Auf einem anderen Bild saß ich auf der Schaukel im Garten und wurde von meiner Mum angeschubst, bis ich anfing zu heulen, weil es mir zu hoch wurde. Da kam sie und nahm mich auf den Arm und streichelte mir über den Kopf, bis ich aufhörte zu weinen. Auf einem Bild ganz oben standen Lucy und Sirius und küssten sich, im Hintergrund war Hogwarts. Die Küche war aufgeräumt, alles war an seinem Platz. Auf dem Esstisch, der für drei Personen viel zu groß war, stand eine Vase mit vertrockneten Blumen drinnen und am Kopfende standen zwei Kinderstühle, statt einem. "Wir waren wohl häufiger bei euch", grinste Harry, als er meinen Blick sah. Das würde die vielen Stühle und den zweiten Kinderstuhl erklären. Vom Wohnzimmer konnte man auch durch die Terassentür auf die Terasse und den Garten blicken. "Hier geht eine Treppe nach oben!", hörte ich Ron aus dem Flur rufen. Als ich die Treppe betrat, war der Rothaarige schon oben. Oben an der Treppe war ein Tor als Sicherung für kleine Kinder, damit sie nicht die Treppe herunter fielen. Oben im Flur stand eine braune Komode, auf der wieder mehrere Bilder standen, und darüber hing ein großes Bild vom Orden des Phönix. "Waren deine Eltern beide im Orden?", fragte Ron. "Ja, zum Schluss schon. Vorher war meine Mum eine Todesserin", antwortete ich ehrlich. "Sie war wirklich hübsch", sagte Hermine hinter mir un deutete auf das Bild von Lucy, wie sie Arm in Arm mit Remus stand. "Ja, das war sie", meinte ich und betrat das erste Zimmer. Es war groß und beinhaltete ein großes Doppelbett, dessen Decke so aussah, als wäre gerade jemand aufgestanden, denn sie war nicht ordentlich oder so. Der Schrank stand offen und enthüllte eine Menge Kleider. "Aww, wie süß!", hörte ich Hermine aus dem Nachbarzimmer quietschen. Sie war in meinem Zimmer angekommen. Es war voll mit Spielsachen, die auf dem Boden herumlagen und in dem Kinderbett in der Ecke waren mindestens 10 Kuscheltiere, in Form von Wölfen, Pferden, Phönixen, Einhörnern, Hippogreifen, Katzen, Hunden und noch vieles mehr. An den weißen Wänden konnte man erkennen, dass ich sie angemalt hatte, denn es wurde versucht, das Gekritzel mit weißer Farbe zu überdecken. Auf einem kleinen Tisch lag ein Haufen Papier, von dem ich jedes einzelne Blatt bemalt hatte. Mansche der Bilder hingen im Zimmer an der Wand. Neben dem Kinderbett stand ein Schaukelstuhl und über einer Komode hing ein Bild, auf dem Lucy in diesem Schaukelstuhl saß und mich auf ihrem Arm hin und her wiegte. Im Schrank fand ich sogar den kleinen grünen Pullover, den Sirius mir gestrickt hatte. Der nächste Raum war ein Badezimmer mit Toilette, Waschbecken, Badewanne und Dusche. Der letzte Raum war ein Arbeitszimmer. Von hier aus hatte man gute Sicht auf die Straße. Der große Schreibtisch stand in der Mitte, an den Wänden standen Regale und Komoden. "Emily? Wir müssten langsam los, wenn wir das Mittagessen nicht verpassen wollen", sagte Hermine, die im Türrahmen stand. Ich nickte. "Gut, vielleicht komme ich die Tage nochmal her", murmelte ich und folgte den anderen aus dem Haus. "Im Sommer ist es hier bestimmt noch schöner", sagte Harry, als wir den Fliederweg wieder zurückgingen. "Ihr wart eine richtige, süße Familie", meinte Hermine und hakte sich bei mir ein.

Emily Lily Black und die Wahrheit ihres SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt