Als wir durch den Regenbogen traten und die vertrauten goldenen Hallen von Asgard wieder vor uns auftauchten, fühlte ich eine unerwartete Mischung aus Erleichterung und Beklemmung in mir aufkommen. Die Erde ließen wir weit hinter uns, doch die Leere in mir blieb bestehen. Sie lag schwer und drückend auf mir und meinen Schultern. Ich hatte mich entschlossen, diesen Weg zu gehen, aber ich fürchtete mich davor, wie Loki sich entscheiden würde. Würde er sich für die Macht oder mich entscheiden, denn er würde nur eins bekommen. Das schwor ich mir. Ich hatte nicht alle Strapatzen mitgemacht, um mich von Loki hinter das Licht führen zu lasse. Ich glaubte daran, dass Loki etwas für mich empfand, aber das er auch seinen Bruder eine Zuneigung entgegenbrachte und ihn nicht im Stich lassen würde. Loki ging an meiner Seite, seine Hand noch immer fest um meine geschlossen. Der Griff hatte sich nicht gelockert, als ob er spürte, dass meine Entschlossenheit und mein Vertrauen dem Gott der Lügen gegenüber brüchig war. Ich konnte seinen schnellen Atem hören, fast so, als ob er ebenfalls unter der Last seiner eigenen Entscheidungen litt und sich selbst quälte. Doch seine Miene blieb undurchdringlich, kühl und souverän wie immer. Er ließ nicht in sein Inneres blicken. Das Narbengesicht folgte uns in einigem Abstand. Er beobachtete Loki genau. Er schien abzuwägen, ob er dem Gott weiterhin sein Vertrauen schenken sollte oder ob er ihn gleich hier und jetzt töten sollte. Das Narbengesicht schien aber auch mich genau im Blick zu behalten, denn auch mir schien er wieder zu misstrauen. Was sein Misstrauen in mir wieder erweckt hatte, konnte ich nicht mit Gewissheit erklären. Es war allerdings offensichtlich, dass er mir nicht vertraute, und ich konnte es ihm nicht verübeln. Auch ich war mir nicht sicher, wohin mein Weg mich wirklich führte. Ich hatte zu viele Menschen mittlerweile hintergangen, sodass ich mich selbst nicht vertraute, aber das wollte ich ihm nicht erzählen. Wir kamen an Heimdall vorbei, der uns stumm zunickte. Seine durchdringenden Augen, die nichts und doch alles zu sehen schienen, bedachten mich insbesondere. Sein Blick war kalt und durchdringend, doch ich glaubte so etwas wie Dankbarkeit dahinter zu erkennen.
„Wir sind fast da", murmelte Loki, als wir uns dem großen Thronsaal Asgards näherten. Die riesigen Türen schwangen auf, als ob sie unsere Ankunft bereits erwartet hätten. Zwei Wachen traten zur Seite, und wir betraten den majestätischen Raum. Vor uns erhob sich der goldene Thron, doch er war nicht leer. Ein Symbol der Macht, auf das Loki all seine Pläne und Hoffnungen gerichtet hatte. Ich konnte es in seinen Augen sehen, die vor Ehrgeiz funkelten. Er wollte diesen Thron, doch er gehörte nicht ihm. Sein Vater saß auf dem Thron und im Vergleich zu unserer letzten Begegnung wirkte er jetzt auf einer Art majestätisch, die mir den Atem raubte. Ich kniete aus Instinkt vor dem Gottesvater nieder und hielt meinen Kopf ehrfürchtig, unter seinem einen Auge, gesenkt. Loki tat es mir nicht nach. Er blieb aufrecht stehen und musterte seinen Vater vom Fuß des Thrones aus. ,,Wir sind mit dem Tesserakt zurückgekehrt...", verkündete Loki und seine Stimme klang verheißungsvoll. Odin musterte Loki mit einem kühlen, allwissenden Blick. Seine Augen wanderten zu mir, doch er richtete seine Stimme nicht an mich. Stille senkte sich über den Thronsaal, und das Gewicht dieser Stille machte es schwer, weiter zu atmen. Ich hielt meinen Kopf gesenkt, doch in mir tobte ein Sturm aus widersprüchlichen Gefühlen – Schuld, Angst, aber auch der unaufhörliche Drang, meine Schwester zu befreien. Der Wille, der mich antrieb. „Den Tesserakt, sagst du?" Odin sprach endlich, seine Stimme war tief und voller Autorität. Seine Stimme schien von den Säulen des Thronsaals wiederzuhallen. Ich erschauderte. Loki nickte, und seine Finger streiften den Raum, in dem er den Tesserakt unsichtbar hielt. Ein leichtes, bläuliches Leuchten schimmerte kurz auf, als er die mächtige Quelle der Energie in den Raum rief. Der Tesserakt schwebte nun in der Mitte des Thronsaal. Er funkelte und meine Augen leuchteten von den lebendigen Schein, denn der Tesserakt verströmte, auf. Auch ich, ein einfaches Menschenmädchen, spürte die immense Macht, die der Tesserakt verspürte. Die Energie prickelte auf meiner Haut und ließ mein Herz schneller schlagen. Odin blieb regungslos, doch in seinen Augen blitzte ein Hauch von Interesse auf. „Du hast ihn also zurückgebracht. Doch was erwartest du, Loki? Erlösung? Oder Macht?" Loki ließ seine kühlen Augen nicht von seinem Vater ab. „Es gibt keine Erlösung für mich, Vater. Aber es gibt Hoffnung für Thor und..." Er hielt inne, sein Blick wanderte kurz zu mir, bevor er wieder nach vorne sah. „...und Lucys Schwester. Der Tesserakt besitzt die Kraft, sie beide aus ihrer Gefangenschaft zu befreien." Ich spürte das Narbengesicht hinter mir, wie sich seine Haltung anspannte, als Loki den Tesserakt enthüllte. Für ihn bedeutete dieser Moment eine entscheidende Wendung. Doch für mich war der Tesserakt lediglich ein Werkzeug. Ein Schlüssel zu dem, was ich wirklich begehrte: meine Schwester aus dem Eis zu befreien, bevor es zu spät war. Ich konnte und wollte mir keine Welt ohne sie vorstellen. Odin betrachtete den Tesserakt lange, dann erhob er sich. Die Wachen neben dem Thron rückten instinktiv einen Schritt zurück, als er langsam auf uns zuging. „Und warum sollte ich diesem Wunsch nachgeben?" fragte er leise. „Es gibt immer einen Preis für das, was du verlangst, Loki." Loki, der seine typische, selbstgefällige Haltung beibehielt, trat einen Schritt nach vorne. „Thor ist mein Bruder", sagte er, und ich spürte, wie seine Stimme an Schärfe verlor. „Er hat für Asgard gekämpft, für dich. Du kannst ihn nicht in dieser Gefangenschaft belassen. Und Lucys Schwester... sie verdient eine zweite Chance." Seine Blick strief zu mir und ich spürte wie sein Blick etwas sanfter wurde. Er schien sich für einen Weg entschieden zu haben und mein Herz machte einen Sprung, denn ich wusste, dass ich diejenige war, für die er sich entschieden hatte. Ich wagte es nicht aufzuschauen. Ich hielt meinen Blick zu heben. Ich wusste, dass Loki seine Worte mutig gewählt hatte und es seine Art war, um sich gegen seinen Vater aufzulehnen. Ich hielt den Atem an. Doch ich wusste, dass seine Worte auch ehrlich gewählt waren. Es war das erste Mal, dass ich Loki in dieser Form für jemanden sprechen hörte – nicht für Macht oder Herrschaft, sondern für diejenigen, die ihm etwas bedeuteten. Sein Bruder bedeutete ihm etwas, obwohl er dies wohl niemals zugeben würde. Odin schwieg. Sein Blick war auf Loki gerichtet, doch es war schwer zu sagen, was in ihm vorging. Schließlich nickte er langsam.„So sei es, mein Sohn..." Mit einer einzigen, fließenden Bewegung streckte Odin die Hand aus, und der Tesserakt schwebte zu ihm. Er hielt ihn in seiner gewaltigen Hand, als wäre es nichts weiter als ein gewöhnlicher Stein, und doch leuchtete der Raum um uns herum in einem blendenden Blau auf. Die Luft begann zu vibrieren, und ich fühlte, wie die Energie des Artefakts durch den Thronsaal pulsierte. Ich schluckte hörbar. Odin schloss die Augen und begann in einer alten, längst vergessenen Sprache zu murmeln. Seine Worte klangen wie Donner, der in der Ferne grollte. Der Tesserakt reagierte, seine Energie verdichtete sich, und plötzlich öffnete sich vor uns ein Riss im Raum – eine Vision von dem Raum, der im tiefem Schatten lag. In der Mitte dieses Raumes lagen zwei Gestalten, erstarrt und eingefroren, wie aus Marmor gehauen: Thor und meine Schwester. Ich wusste, wo dieser Raum lag. Ich war selbst dort gewesen, doch diesen Raum durch die Vison zu sehen, sah der Raum so surreal aus. So, als ob dieser nicht wirklich existieren würde. Ein einfach Trugbild, was nicht wirklich der Wirklichkeit entsprach, doch ich wusste, dass dieser Raum existierte. Ich blickte wie gebannt auf die Vision, die der Gottesvater erschaffen hatte. „Das Eis von Jotunheim", flüsterte ich, als ich das kalte Leuchten um die beiden erkannte. Sie waren eingefroren in einer Zeit und einem Raum, den der Tesserakt nun zu durchbrechen begann. „Seid bereit", sagte Odin und öffnete die Augen. Mit einem finalen Befehl in der alten Sprache, die nur den Göttern vorbehalten war, brach das Eis um Thor und meine Schwester mit einem gewaltigen Krachen. Die Energie des Tesserakts fegte durch den Riss, und wie durch eine unsichtbare Hand gelenkt, wurde das Eis, das ihre Körper umhüllt hatte, zu Staub. Meine Haare wurden nach hinten geweht und ich spürte die Macht, die sich dahinter verbarg. Thor fiel als Erster auf die Knie. Seine Augen waren weit geöffnet, als ob er gerade aus einem Albtraum erwachte. Direkt neben ihm lag meine Schwester. Sie wirkte auf dem ersten Blick leblos und mein Herz raste, als ich sie sah. Blanke Panik hatte mich gepackt. Ihre Haut war noch immer blass, aber sie atmete – sie war am Leben. „Thor", murmelte Loki leise, seine Stimme zitterte fast vor Erleichterung. Ich rannte los. Meine Beine trugen mich wie von selbst zu dem Ort an dem sich meine Schwester befand. Ich nahm kaum warhr, dass Loki mir hinterher schrie und mich bei meinem Namen nannte. Für mich hatte nur eine enizige Sache Bedeutung. Ich brach die Tür auf. Thor starrte mich fassungslos an. Ich ignorierte ihn und rannte zu meiner Schwester. Ich fiel vor ihr auf die Knie und nahm ihr Gesicht in meine Hände. „Jane, bitte... bitte wach auf.", schrie ich schon fast und unentwegt liefen Tränen über mein Gesicht. Langsam öffnete sie ihre Augen. ,,Lucy?", sprach sie mit brüchiger Stimme. Ich ergab einen erstickten Laut vor Erleichterung aus und lehnte meine Stirn gegen ihre. Sie fühlte sich so unnatürlich kalt an, aber sie war da. Sie war gesund. Ich würde sie nie wieder loslassen.
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I will always hate you
FanfictionLucy ist 21 Jahre alt. Sie schlägt sich mit ganz normalen Problemen herum. Als plötzlich Loki in ihrem Wohnzimmer auftaucht und von einem Tag auf dem nächsten steht ihre Welt vollkommen Kopf. Nicht nur das er sie nach Asgard entführt. Nein, sie wird...