Das Geschenk

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Ich saß in der hintersten Ecke in meinem Zimmer auf dem Boden. Seit zwei Tagen hatte ich mich geweigert etwas zu Essen oder zu Trinken. Ich fühlte mich schwach und mein Magen knurrte unaufhörlich. Ich zog die Arme noch fester um meinen Bauch und versuchte die Bauchkrämpfe zu unterdrücken, die mich immer und immer wieder heimsuchten, aber vergeblich.
Darüberhinaus war heute Weihnachten. Normalerweise würde meine Mutter jetzt schon lange in der Küche stehen und alles für heute Abend vorbereiten. Ich musste an das leckere dampfende Essen denken, was mich erwarten würde und an die leckere gefüllte Gans, die mein Vater gestern stundenlang gerupft hatte, so wie es Tradition war. Dazu würde es wie immer Kartoffeln und Rotkohl geben und außerdem als Nachtisch einen riesigen Schokopudding... Mir lief das Wasser im Mund zusammen.
Nach dem Essen würden wir dann Weihnachtslieder singen und unter dem Weihnachtsbaum Geschenke auspacken. Es würde gelacht und sich über die Geschenke gefreut werden. Vielleicht würde ich ein neuen gestrickten Pulli von meiner Mutter bekommen, mein alter war kaputt gegangen. Der Wollfaden war gerissen und der Pulli hatte sich Stück für Stück aufgelöst. Ich musste lächeln, aber der Gedanke, das ich dieses Jahr nicht dabei sein konnte, brannte mir ein tiefes Loch in mein Herz und ich vergrub mein Gesicht in meine Knien. Ich weinte keine Tränen, dafür hatte ich nicht mehr genügend Wasser in meinem Körper, aber ich schluchzte ein wenig.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und herein spazierte Loki, wer sonst? Ich schreckte hoch und sprang auf. Er trug auf einem Tablett einen großen Teller mit Essen und eine großes Glas Wasser. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, aber ich riss mich zusammen.,, Verschwinde!", rief ich wütend. Ich wollte ihn nicht sehen, obwohl seine Gesellschaft vielleicht ganz gut getan hätte. Seit ebenfalls zwei Tagen, war ich komplett alleine gewesen. Loki hatte jeglichen Kontakt zu mir verboten. Die Zwillinge hatte ich seit dem nicht mehr gesehen, aber Melodie schon. Sie hatte mir mein Essen, was ich eh nicht angerührt hatte, gebracht. Auch sie hatte nicht unter den Blicken der Soldaten mit mir geredet, aber sie hatte mir besorgte Blicke zugeworfen, die alle ihre Gedanken aussprach. Seit dem Abend hatte ich auch nicht mehr Loki gesehen und auch wenn ich es nicht zugeben wollte, hatte ich ihn irgendwie vermisst. Trotzdem funkelte ich nun wütend an. Er blieb mittem im Raum stehen und schaute mich mit schiefgelegtem Kopf an.
,,Also hast du keinen Hunger?, fragte er neugierig.,,Nein!", sagte ich kühl und wurde gleich darauf mit einem heftigen Krampf im Bauch für meine Worte bestraft. Ich krümmte mich leicht und hielt mich an einer der Stangen von dem Himmelbett fest. Loki blickte mich gespielt gekränkt an und drehte sich wieder um und marschierte langsam zurück zur Tür mit dem Tablett.,, Also, wenn du keinen Hunger hast. Dann kann ich ja wieder gehen...", sagte er kalt.  ,,Warte!", rief ich und er drehte sich wieder zu mir um. Auf seinem Gesicht lag sein altbekanntes teuflisches Grinsen und ich verfluchte mich und meinen Bauch innerlich.,, Vielleicht habe ich doch ein kleines bisschen Hunger...", sagte ich dann nach einigen Sekunden der Stille langsam und stotternd. Sein Lächeln wurde breiter und er kam zurück. Er stellte das Tablett auf dem Tisch ab. Dann bedeutete er mir mit einer einladenden Handbewegung, das ich Platz nehmen sollte. Langsam setzte ich mich in Bewegung und beäugte ihn immer noch misstrauisch. Ich ließ mich auf dem Stuhl nieder und begann zu Essen. Zwar langsam, da ich ihm nicht das Gefühl geben wollte, dass ich doch mehr Hunger hatte, als ich zugab. Aus dem Augenwinkel aber betrachte ich ihn immer noch misstrauisch und auch missbilligend. Er ging im Zimmer derweil auf und ab und ich verfolgte ihn mit meinem Blick, während ich an einem Brotstück knabberte. Dabei überlege ich die ganze Zeit, ob ich ihn fragen sollte, wie es meiner Schwester ging, aber ich traute mich nicht so recht. Ich wollte nicht, dass er noch einmal so wütend wurde wie vor zwei Tagen und mich vielleicht wieder schlug. Unwillkürlich fasste ich an die Stelle, an der er mich geschlagen hatte. Selbst nach zwei Tagen war noch ein roter Fleck zu sehen, wenn auch nur ganz leicht. Irgendwann hallte seine Stimme durch den Raum und ich zuckte zusammen.,, Lucy, frag was dir auf dem Herzen liegt. Ich sehe dir an, das du etwas von mir willst." Ich legte das Stück Brot, welches ich in der Hand hielt beiseite und begann leise die Frage zu stellen, die mir auf der Seele brannte:,, Geht es meiner Schwester gut...?" Im Augenwinkel sah ich, wie sein Grinsen breiter wurde und ich senkte meinen Kopf und schloss meine Augen. Ich wartete auf seine Antwort. Ich betete nicht diese wenigen Worte zu hören: Sie ist Tod... Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit.
,,Sie lebt und ihr geht es gut...", sagte er leise. Er stand direkt hinter mir. Ich atmete tief aus und fasste mir mit meiner rechten Hand an mein Herz. Plötzlich spürte ich seinen heißen Atmen in meinem Nacken und mein Herz schlug schneller.,, Ob es ihr aber weiterhin soo gut geht, hängt von dir ab...", raunte er mir in mein Ohr.,, Denk an unseren Deal...", fügte er nach einer kurzen Pause noch hinzu. Ich fuhr herum und stand dabei auf:,, Deal!?!? Das...-" ich erstarrte. Unsere Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt.,, Das was?", sagte er und auf seinen Lippen bildetete sich wieder ein teuflisches Lächeln. Ich machte einen Schritt nach hinten, um wieder ein wenig mehr Abstand zwischen uns zu bringen. Die Nähe zu ihm brachte mich beinahe um den Verstand, doch auch er machte einen Schritt auf mich zu. Ich aber konnte keinen weiteren Schritt mehr zurück machen, denn hinter mir war die Tischkante.,, Loki...", flüsterte ich verängstigt, doch er hob seine Hand und strich mir über meine Wange. Der Stuhl, auf dem ich gerade ebend noch gesessen hatte, kippte um und ich zuckte zusammen. Der Abstand zwischen uns verringerte sich langsam aber stetig und ich kniff verängstigt die Augen zusammen, doch plötzlich machte er wieder einen Schritt nach hinten. Ich atmete tief und hörbar aus und schaute ihn verwirrt und ängstlich an. Meine Wangen waren hoch rot. Er grinste verwegen.,, Das hat noch Zeit...", lachte er.,,Wie meinst du das?" fragte ich verwirrt. Ich verstand gerade gar nichts mehr und meine Finger krallten sich in die Holzplatte.,, Ach gar nichts, Prinzessin....", antwortete er und machte dabei eine wegwerfende Handbewegung. Er klang dabei so gleichgültig, dass ich ihn noch verwirrter ansah, doch er schüttelte nur den Kopf.,, Egal...", sagte er nur. Dann drehte er sich abrupt um und ging ein paar Schritte fort, doch dann schien ihm etwas eingefallen zu sein und er kam zurück. Ich legte meinen Kopf schief und sah ihn fragend an.,, Heute ist doch bei euch Menschen Weihnachten und man kriegt da doch Geschenke, oder?", fragte er verlegen.,,Ja?", antwortete ich langsam. Was war jetzt schon wieder los? Er griff in eine seiner Manteltaschen und stockte. Dann sah er mich mit einem gereizten Blick an, die Hand immer noch in der Tasche.
,,Augen zu machen!", befahl er mir. Ich gehorchte und schloss gehorsam meine Augen.
,,Hände nach vorne!", befahl er mir weiter. Wieder gehorchte ich und im nächsten Moment spürte ich, wie etwas kaltes metallenenes in meine gelegt wurde. Ich blickte auf und blinzelte verwundert. In meinen Händen lag ein Schlüssel, der an einer Metall Kette baumelte. Mein Schlüssel! Instinktiv fasste ich mir an den Hals, wo die Kette noch vor wenigen Tagen gebaumelt hatte, aber ich fasste nur ins leere. Verblüfft sah ich Loki an und setzte an:,, Wie... Wann..." Er aber lächelte mich nur verlegen an.,,Dein Weihnachtsgeschenk Prinzessin..." Ich lächelte gerührt, als plötzlich ein heftiger Bauchkrampf mich durchschüttelte und mir Schwarz vor Augen wurde. Kraftlos sank ich zusammen.

I will always hate youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt