35. Vorhergesehen

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Am nächsten Morgen schreckte Draco abrupt aus dem Schlaf, als er eine Bewegung an seiner Seite wahrnahm.

Da lag ein fremder Körper dicht an ihn gedrängt. Er strahlte eine angenehme Wärme ab und roch seltsam vertraut. Er brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen, dass es Harry war, der da friedlich neben ihm schlief.

Diese neue tiefe Vertrautheit zwischen ihnen erschreckte ihn. Noch nie war er nach dem Sex neben jemandem eingeschlafen.
Angst wallte in ihm auf, dass ihm langsam aber sicher die Kontrolle über ihre Affäre entglitt. Vor allem die Kontrolle über seine eigenen Gefühle und die Einhaltung der Grenze, die er sich selbst gezogen, und geschworen hatte, nicht zu übertreten.

Gehetzt presste er die Lippen aufeinander und versuchte sein heftig pochendes Herz zu beruhigen.
Harry war ihm schon viel zu wichtig. Das war nicht gut. Er war trotz allem immernoch sein Feind. Und Draco war klar, dass der Held der Zauberwelt niemals freiwillig seine Zeit mit ihm verbringen würde, würde es den Fluch nicht geben.
Wenn er die Wahl hätte, würde er ohne Zögern zurück zu seinen Gryffindorfreunden und dem kleinen Wiesel rennen.
Harry Potter würde ihm niemals aus freien Stücken gehören.
Er würde ihn nur schlimmer verletzen, als jemals zuvor.

Verzweifelt versuchte er, seine hektische Atmung zu beruhigen.
Er durfte jetzt nicht die Kontrolle verlieren, um die er die letzten Monate so verbissen gekämpft hatte.

Doch das mit Harry war mittlerweile so viel mehr als nur Sex für ihn.
Er war die eine Person, die er schon immer begehrt hatte, und er spürte tief in sich, dass er ihn nie wieder hergeben wollte.

Seine Gefühle drohten ihn zu überwältigen und er brauchte all seine Kraft, sie in die hinterste Ecke seines Bewusstseins zu verbannen.
Sie waren eine Schwäche, die er sich nicht leisten konnte.

Während Draco immer tiefer in sein innerliches Zwiegespräch versank, duchbrach Harrys leises Gähnen die Stille und Dracos Blick wurde wie magisch von den sanften Smaragden angezogen, deren Farbe er so sehr liebte.
Ein glückliches Lächeln umspielte Harrys Lippen.

„Morgen Draco."

„M'orgn."

Mehr als ein Krächzen brachte er nicht heraus. Er spürte, dass es ihn zu sehr aufwühlte, jetzt in Harrys Nähe zu sein und dass seine Maske kaum noch vorhanden war.

„Bin mal unter der Dusche..." murmelte er eilig und sprang aus dem Bett, Harrys Schmollmund ignorierend.
Er brauchte Abstand. Dringend Abstand!

Sein Tag wurde nicht besser, als er beim Frühstück auf Blaise traf.
„Ihr wart so süß gestern zusammen!" flötete er und ein breites Grinsen zierte sein Gesicht.
„Ich bin nicht süß!" Draco kochte innerlich.
„Nein. Aber über beide Ohren verliebt!"
Er riss geschockt die Augen auf. Blaise Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht.

Wie hatte er es nur soweit kommen lassen können, dass selbst Außenstehende ihn plötzlich mit Leichtigkeit durchschauten?
War sein Verhalten so offensichtlich?
Ihm selbst war die Veränderung seines Verhaltens überhaupt nicht bewusst gewesen, weshalb ihn die Erkenntnis nun doppelt hart traf und beinahe von den Füßen riss.

„Dray, alles in Ordnung mit dir?" fragte Blaise besorgt, ob seiner fehlenden Reaktion. Doch er schüttelte nur immer wieder ungläubig den Kopf.

„Ich bin ein Malfoy!" platzte es dann ungehalten aus ihm heraus. „Malfoys lieben niemals, merk dir das!" Mit diesen Worten schmiss er das Besteck auf seinen noch leeren Teller und floh erneut. Teilweise vor Blaise schwachsinnigem Gelaber, teilweise vor der unangenehmen Wahrheit, die er vor sich selbst kaum noch leugnen konnte: Er war dabei sein Herz an die eine Person zu verlieren, der er unter keinen Umständen trauen durfte.

I was made for lovin youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt