Am nächsten Tag schien die Sonne durch die Klassenzimmerfenster, aber Yoongi konnte sich nicht darauf konzentrieren. Die Ereignisse der letzten Nacht gingen ihm nicht aus dem Kopf. Die Nachrichten, die er und Hoseok ausgetauscht hatten, hallten noch immer in seinem Kopf wider, und die Tatsache, dass sie sich so nah fühlten, brachte ein sanftes Kribbeln in seine Brust.
Als er in die Klasse kam, spürte er sofort eine Anspannung in der Luft. Jaehyun. Er saß da, wie immer, in der hinteren Ecke des Raums. Yoongi versuchte, ihn zu ignorieren und ging zu seinem Platz. Doch noch bevor er richtig saß, hörte er das abfällige Lachen von Jaehyun und seinen Freunden.
"Na, was ist das, Yoongi? Immer noch auf dem Trip, zu glauben, du wärst was Besonderes?", begann Jaehyun mit diesem höhnischen Ton, den Yoongi schon so oft gehört hatte.
Yoongi wollte nicht darauf eingehen, versuchte, es zu ignorieren, aber es war, als ob Jaehyun genau wusste, wie er ihn aus der Ruhe bringen konnte.
"Was ist? Hast du keine Antwort? Vielleicht braucht deine Freundin Hilfe?", spottete er und sah dabei direkt zu Hoseok, der gerade den Raum betreten hatte.
Hoseok blieb kurz stehen, seine Augen verengten sich, als er Jaehyun bemerkte.
"Was willst du, Jaehyun?", fragte Hoseok ruhig, aber seine Stimme hatte einen klaren scharfen Unterton. Er stellte sich neben Yoongi. Jaehyun lachte nur, seine Freunde lachten mit. Es war ein kaltes, hohles Lachen, das Yoongi erschaudern ließ.
"Was ich will? Nichts, Mann. Ich wundere mich nur, warum du dich immer um diesen Typen kümmerst. Bist du in ihn verliebt oder was? Seid ihr zusammen?"
Yoongi erstarrte. Die Worte trafen ihn wie ein Schlag in den Magen. In seinem Kopf herrschte Chaos. Er wusste, dass Jaehyun es nur sagte, um zu verletzen, um sie bloßzustellen. Aber die Art, wie es klang – so grausam, so abwertend –, schnitt tief.
Hoseok ballte die Fäuste, und Yoongi konnte sehen, dass er wütend wurde. Doch bevor er etwas sagen konnte, legte Jaehyun nach.
"Schwuchtel", spuckte er das Wort aus, als wäre es Gift. "Warum verteidigst du ihn immer? Bist du wirklich so scharf auf ihn, oder was?"
Yoongi fühlte, wie ihm schlecht wurde. Es war nicht das erste Mal, dass jemand diese Worte auf ihn angewendet hatte. Aber in diesem Moment, mit Hoseok direkt neben ihm, fühlte es sich anders an.
"Was redest du da für einen Scheiß?", sagte Hoseok, seine Stimme lauter und schärfer als zuvor. "Das geht dich einen Scheißdreck an!"
Aber Jaehyun hörte nicht auf. "Komm schon, sei ehrlich, Hoseok. Willst du ihn etwa küssen? Oder macht ihr schon mehr? Was ist, erzählt er dir alles im Bett? Wer von euch beiden ist der 'Mann' in der Beziehung, hm?"
Yoongi spürte, wie sein Gesicht heiß wurde. Es war, als ob alles um ihn herum verschwamm. Er konnte die Blicke der anderen Schüler spüren, die sich wie Nadeln in seine Haut bohrten.
Hoseok trat einen Schritt nach vorne, seine Muskeln angespannt, als wollte er auf Jaehyun losgehen. "Halt die Klappe, du Arschloch."
Aber Jaehyun schüttelte nur den Kopf und grinste. "Entspann dich, Mann. Ich will nur wissen, wie es ist, eine Schwuchtel zu sein."
Yoongi stand regungslos da, während Jaehyuns Worte wie eiskalte Nadeln in seine Haut drangen. Es war, als wäre der Boden unter ihm weggezogen worden, und er kämpfte verzweifelt darum, nicht völlig die Kontrolle zu verlieren. Das Schlimmste war nicht einmal das, was Jaehyun sagte, sondern die Blicke der anderen. Diese neugierigen, schadenfrohen Blicke, die ihn auf eine Weise entblößten, wie es Worte niemals könnten.
Hoseok stand neben ihm, die Fäuste so fest geballt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Yoongi konnte die Wut spüren, die von ihm ausging, aber er wollte nicht, dass es so weit kam. Nicht wegen ihm. Nicht, wenn Hoseok am Ende noch Ärger bekommen würde.
"Was willst du damit erreichen, Jaehyun?", fragte Hoseok, seine Stimme nun gefährlich ruhig. "Denkst du, du bist witzig? Oder stark?"
Jaehyun lachte nur wieder. "Oh, komm schon, Hoseok. Ich meine, es ist ja offensichtlich, oder? Ihr beide seid doch... na ja, mehr als nur Freunde, oder? Oder bist du einfach nur zu feige, es zuzugeben?"
Yoongi fühlte, wie sich sein Magen umdrehte. Zu feige. Es fühlte sich an, als ob Jaehyun diese Worte direkt aus seinen Gedanken gestohlen hätte. War er feige? War das, was er für Hoseok empfand, so offensichtlich, dass selbst jemand wie Jaehyun es sehen konnte? Und schlimmer noch, machte er Hoseok damit zur Zielscheibe?
Hoseok trat nun noch näher an Jaehyun heran, und für einen Moment schien es so, als würde er ihn wirklich schlagen. Die Spannung im Raum war greifbar. Yoongi konnte es fast spüren – das Knistern in der Luft, die Erwartung, dass jeden Moment alles eskalieren würde.
"Du hast keine Ahnung, wovon du redest", sagte Hoseok schließlich, seine Stimme bedrohlich leise. "Also hör auf, über Dinge zu sprechen, die dich nichts angehen."
Jaehyun hob die Hände in gespielter Unschuld. "Hey, hey, keine Sorge, ich hab nichts gegen euch. Wenn ihr euch gegenseitig in den Arsch ficken wollt, ist das eure Sache. Aber das heißt nicht, dass wir anderen uns das einfach so anschauen müssen."
Yoongi merkte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Er wollte nicht weinen. Nicht hier. Nicht vor allen. Er wollte stark sein, so wie Hoseok, aber in diesem Moment fühlte er sich schwächer als jemals zuvor.
"Jaehyun, halt. einfach. die. Klappe", sagte Hoseok, und es war klar, dass er kurz davor stand, die Kontrolle zu verlieren.
Bevor etwas Schlimmeres passieren konnte, öffnete sich plötzlich die Tür, und der Lehrer trat ein. Alle drehten sich um, und die gespannte Atmosphäre im Raum zerbrach für einen Moment. Der Lehrer sah sich um, bemerkte die angespannte Haltung von Hoseok und Jaehyun, aber sagte nichts. Vielleicht ahnte er, dass etwas vorgefallen war, aber wie so oft entschied er sich, es zu ignorieren.
"Setzt euch hin", sagte der Lehrer knapp. "Wir fangen an."
Hoseok stand noch einen Moment lang da, seine Fäuste immer noch geballt, bevor er langsam zurücktrat und sich mit Yoongi hinsetzte. Yoongi konnte spüren, wie seine Hände leicht zitterten. Er wagte es nicht, Hoseok anzusehen. Die Scham wog zu schwer auf ihm. Er hatte das Gefühl, als hätte er alles noch schlimmer gemacht.
Während der Unterricht begann und der Lehrer an der Tafel etwas erklärte, war Yoongi wie in einem Nebel gefangen. Die Worte des Lehrers drangen nicht zu ihm durch. Alles, was er hören konnte, war Jaehyuns abwertendes Lachen, und alles, was er fühlen konnte, war diese unbändige Scham, die ihn von innen heraus auffraß.
Nach einer Weile beugte sich Hoseok leicht zu ihm rüber und flüsterte: "Lass dir von dem Idioten nichts einreden, okay?"
Yoongi nickte stumm, konnte aber nichts sagen. Er wusste, dass Hoseok es gut meinte, aber die Wahrheit war, dass es bereits geschehen war. Jaehyuns Worte hatten ihr Ziel erreicht, und nun konnte Yoongi nicht aufhören, daran zu denken, wie sehr er Hoseok in diese unangenehme Situation gebracht hatte.
Der Unterricht zog sich wie Kaugummi in die Länge, und als die Glocke endlich klingelte, stand Yoongi schnell auf, packte seine Sachen und wollte so schnell wie möglich verschwinden. Doch Hoseok hielt ihn am Arm fest, bevor er gehen konnte.
"Yoongi, warte", sagte er leise. "Kommst du nachher mit mir raus? Lass uns reden."
Yoongi wollte ablehnen, wollte sich irgendwo verkriechen, wo er allein sein konnte, aber als er Hoseok in die Augen sah, wusste er, dass er nicht flüchten konnte. Nicht vor Hoseok.
"Okay."
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»𝐍𝐨𝐭 𝐀 𝐆𝐢𝐫𝐥« ˢᵒᵖᵉ
Fanfiction⭑𝘭𝘢𝘶𝘧𝘦𝘯𝘥⭑ Yoongi ist kein Mädchen. Yoonji war ein Mädchen, aber nur äußerlich. Im Inneren war sie immer Yoongi, ein Junge. • • • Nach dem Tod seiner Eltern zieht Yoongi zu seiner Verwandtschaft nach Gwangju. Er muss mit vollkommen fremden M...