Kapitel 17

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Der nächste Morgen brach mit einem düsteren grauen Licht an, das durch die schweren Vorhänge in Yoongis und Jimins Zimmer sickerte. Jimins Wecker schon vor Minuten aufgehört zu klingeln und Jimin war mittlerweile schon im Badezimmer verschwunden, doch Yoongi lag immer noch reglos im Bett. Jeder Muskel schien sich zu weigern, ihn zu bewegen, als würde er sich in einer Zwangsjacke befinden, die seinen ganzen Körper zusammenhielt.

Sein Kopf war ein einziges Chaos. Seine Gedanken und Gefühle verschlungen sich ineinander und wurden zu einem undurchdringlichen Knoten verformt. Die Ereignisse des letzten Abends hatten Spuren hinterlassen, tiefe Spuren, die jetzt zu groß und zu schwer erschienen, um sie einfach zu ignorieren. Yoongi konnte die Besorgnis in den Augen seiner Tante nicht vergessen, die Mischung aus Wut und Angst in ihrer Stimme. Es war, als würde ein Teil von ihm langsam ertrinken, während er gleichzeitig versuchte, an der Oberfläche zu bleiben – doch heute Morgen hatte er einfach keine Kraft mehr, weiterzukämpfen.

Er wusste, dass er zur Schule gehen sollte, dass er aufstehen, sich anziehen und den Tag beginnen sollte, wie jeder andere Schüler auch. Aber die bloße Vorstellung, das Haus zu verlassen, sich dem stressigen Schulalltag zu stellen, war überwältigend. Es fühlte sich an, als würde ihm die Luft abgeschnürt, als würde jede Bewegung ein unerträgliches Gewicht mit sich bringen, das er nicht ablegen konnte.

Yoongi zog die Decke fester um sich, als könnte sie ihn vor der Welt da draußen schützen. Er wollte nicht reden, nicht denken, nicht fühlen – er wollte einfach nur verschwinden, zumindest für eine Weile. Doch das leise Klopfen an seiner Tür riss ihn unsanft aus diesem trügerischen Schutz.

"Yoongi?" Die Stimme seiner Tante Soojin war vorsichtig, beinahe zaghaft. Es war die Stimme einer Frau, die versuchte, eine Brücke über einen Abgrund zu bauen, ohne genau zu wissen, wie tief dieser Abgrund wirklich war. "Bist du wach?"

Yoongi schloss die Augen fester, als könnte er damit die Realität ausblenden. Die Tür öffnete sich leise, und Soojin trat ein. Sie blieb einen Moment in der Tür stehen, als müsse sie sich sammeln, bevor sie weitersprach.

"Yoongi, du musst aufstehen. Es ist Zeit, zur Schule zu gehen."

Yoongi rührte sich nicht. Die Worte klangen in seinen Ohren hohl und fern, als würden sie durch eine dichte Wand aus Nebel dringen.

"Yoongi", wiederholte Soojin, nun etwas fester, "du kannst nicht einfach im Bett bleiben. Was ist denn los? Willst du mit mir über gestern Abend reden?"

Der Klang ihrer Stimme, der Hauch von Sorge und Unverständnis, brachten einen neuen Stich in Yoongis Herz. Er zog die Decke fester um sich, als könnte er sich so vor der Welt verstecken, vor den Fragen, die er nicht beantworten konnte.

"Ich... Ich kann nicht", flüsterte er schließlich, seine Stimme kaum hörbar. Es kostete ihn alle Kraft, diese wenigen Worte auszusprechen.

Soojin setzte sich auf die Bettkante und streckte eine Hand nach ihm aus, doch Yoongi zuckte zurück, als ob ihre Berührung ihm wehtun würde. "Was meinst du damit, du kannst nicht? Bist du krank? Hast du Fieber?" Sie streckte eine Hand aus, um diese auf die Stirn ihres Neffen zu legen, doch dieser schlug sie weg.

"Ich kann nicht!", rief Yoongi plötzlich, seine Stimme brüchig und voller Verzweiflung. Die Tränen, die er die ganze Nacht zurückgehalten hatte, begannen erneut zu fließen. "Ich kann einfach nicht. Nicht heute."

Soojin seufzte tief, ihre eigene Frustration und Sorge vermischten sich. "Yoongi, ich verstehe, dass es dir nicht gut geht, aber du kannst die Schule nicht einfach ausfallen lassen. Es wird nicht besser, wenn du hierbleibst und dich versteckst."

Doch diese Worte, die vielleicht gut gemeint waren, drückten Yoongi noch weiter in die Dunkelheit. Er fühlte sich unverstanden, alleine mit seinem Schmerz, und der Druck, der auf ihm lastete, wurde unerträglich. "Du verstehst es nicht!", schrie er plötzlich, die Worte kamen fast unkontrolliert. "Ich schaffe das einfach nicht, okay? Ich kann nicht so tun, als wäre alles in Ordnung, wenn es das nicht ist!"

»𝐍𝐨𝐭 𝐀 𝐆𝐢𝐫𝐥« ˢᵒᵖᵉWo Geschichten leben. Entdecke jetzt