Kapitel 39

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Robert, 21. Mai 2027

Ich trat aus der psychiatrischen Klinik, die schwere Tür schloss sich hinter mir mit einer Endgültigkeit, die in meiner Brust widerhallte. Die sterile Luft war erstickend, und ich holte tief Luft, um das enge Gefühl in meiner Kehle zu unterdrücken. Brady war inzwischen eingeschlafen. Während ich zum Auto ging, spielte ich jeden Moment des Besuchs in meinem Kopf durch, jedes Fragment ein scharfes Stück eines Puzzles, das ich verzweifelt zu lösen versuchte. Cathrine wirkte so zerbrechlich, als könnte sie jeden Moment auseinanderbrechen. Als sie Brady hielt, sah ich einen Funken der Frau, die ich liebte, doch dieser wurde schnell von der Leere in ihren Augen überschattet. Ich hatte gehofft, sie lächeln zu sehen, dieses warme Strahlen, das früher von ihr ausging, aber alles, was ich bekam, war ein Schatten dessen, was sie einmal war. Als ich mich auf den Fahrersitz setzte, brach eine Welle von Schuld über mich herein. Ich weinte nicht, nicht mit Brady auf dem Rücksitz. Er hatte nicht zwei Gebrochene Eltern und einen am Bodenzerstörten Stiefvater verdient.
Ich hatte immer geglaubt, Cathrines Beschützer zu sein, derjenige, der sie vor allem Übel bewahren würde. Aber hier war ich, machtlos, gezwungen, den Schaden zu beobachten, den jemand anderes ihr zugefügt hatte. Ich hätte da sein sollen, als es passierte. Schneller bemerken sollen das die Autopanne kein Zufall war. Ich hätte für sie kämpfen sollen. Stattdessen hatte ich sie im Stich gelassen, als sie mich am meisten brauchte. Meine Hände umklammerten das Lenkrad so fest, dass meine Knöchel weiß wurden. Das Bild ihres tränenüberströmten Gesichts verfolgte mich. Sie in dem Haus am Boden liegend zu sehen. „Es ist nicht deine Schuld, Robert", hatte sie gesagt, aber diese Worte fühlten sich an wie leere Phrasen. Im Hinterkopf wusste ich, dass es nicht meine Schuld war. Ich hatte sie nicht entführt, sie nicht vergewaltigt, Ich hatte Brady nicht in einen Tierkäfig gesperrt und ihm mit dem Tod gedroht. Nicht ich war verantwortlich war für das, was den beiden zugestoßen war-er war verantwortlich. Gordan Fucking Maxwell.
Als ich im Besucherraum stand und die Distanz zwischen uns spürte, konnte ich das Gefühl des Versagens nicht abschütteln, das schwer auf meinem Herzen lastete. Die Art, wie sie mich ansah-ihre Augen voller Hoffnung, die dann schnell wieder erlosch-fühlte sich an wie ein Messerstich. Ich wollte sie erreichen, sie von der Klippe zurückziehen, aber ich hatte Angst, was das bewirken könnte. Würde sie mich hereinlassen? Konnte ich sie überhaupt noch erreichen? Ich erinnerte mich, wie sie Brady fest umklammerte, als wäre er das Einzige, was sie noch an die Realität band. Ich fühlte mich wie ein Zuschauer in ihrem Moment, und die Erkenntnis, dass ich sie verlor, traf mich härter als jeder Schlag.
Ich konnte die Risse in ihrer Fassade sehen, wie sie versuchte, sich für Brady zusammenzureißen, und es brach etwas in mir. Ich musste besser werden. Ich musste mehr tun. Aber wie? Als ich vom losfuhr, spürte ich das Gewicht der Welt auf meinen Schultern. Ich dachte daran, wie schwer es Cathrine fiel, Vertrauen zu fassen, wie sie zögerte, meinen Namen auszusprechen, als trüge er die Last unserer gemeinsamen Vergangenheit. Die Geister unserer Erinnerungen schwebten in der Luft, verfolgten mich mit jedem Atemzug. Ich war ihr Partner, aber ich war abwesend, als sie mich am dringendsten brauchte. Während ich durch zurück in die Stadt fuhr, schien die Welt fern, als würde ich alles durch eine Glasscheibe beobachten. Die lebendigen Farben verschwammen zu einer monochromen Landschaft, ohne Leben. Ich dachte an die Versprechen, die ich gegeben hatte, an die Liebe, die ich zu schützen geschworen hatte, und spürte eine wachsende Entschlossenheit in mir.

Ich würde sie nicht mehr alleine damit fertig werden lassen. Ich musste einen Weg finden, sie zurückzubringen-ihr helfen, zu heilen, sie an die Stärke zu erinnern, die noch immer tief in ihr vergraben war. Sie war noch da, irgendwo unter dem Schmerz und dem Trauma. Daran musste ich glauben. Aber während ich fuhr, nagte ein schrecklicher Zweifel an mir. Was, wenn ich sie nicht erreichen konnte? Was, wenn sie für immer im Dunkeln verloren war? Der Gedanke fraß sich durch mein Inneres, und ich biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Ich durfte nicht verzweifeln. Ich konnte nicht. Nicht ihretwegen, nicht wegen Brady. Ich musste einen Plan machen. Ich musste herausfinden, wie ich die tückischen Gewässer vor mir navigieren und einen Weg zurück zu ihr finden konnte. Es würde nicht einfach werden, aber nichts, wofür es sich zu kämpfen lohnt, ist jemals einfach.

Als ich das Auto parkte, warf ich einen Blick auf mein Handy, dessen Display mit Nachrichten von der Arbeit aufleuchtete. Aber das war jetzt nicht wichtig. Ich musste sie zu meiner Priorität machen. Cathrine war es wert, für sie zu kämpfen. Ich würde ihr zeigen, dass Liebe auch im Schatten existieren konnte, dass sie daraus stärker hervorgehen konnte als zuvor. Und irgendwie würde ich einen Weg finden, sie zu mir zurückzubringen. Und es gab nur eine Person, die mir dabei helfen konnte. Die Luft war geladen mit Spannung, als ich Cyles imposantes Büro betrat, ein weitläufiger Raum, der seinen Status als mächtiger CEO widerspiegelte. Von der Decke bis zum Boden reichende Fenster gaben den Blick auf die Skyline von Manhattan frei, die Hektik der Wall Street spielte sich weit unter uns ab. Die moderne Einrichtung-schlanke Möbel, poliertes Mahagoni und Kunstwerke, die Reichtum ausstrahlten-erinnerte mich daran, in welcher Welt Cyle lebte. Brady hielt ich in meinem Arm. Er hatte die zwei Stunden Autofahrt durchgeschlafen. Auch jetzt noch hüllte er sich in einen tiefen Schlaf. Cyle saß hinter einem großen, minimalistischen Schreibtisch, seine Finger zu einem Dach gefaltet, während er mich mit einem durchdringenden Blick musterte. Der Duft teuren Parfums hing in der Luft, gemischt mit dem schwachen Aroma von frisch gebrühtem Kaffee. Alles in dem Raum schrie nach Kontrolle und Macht, aber ich spürte die unterschwellige Spannung, als wir uns gegenüberstanden. „Robert", sagte er, seine Stimme kühl und knapp, kaum eine Begrüßung. Es gab eine Geschichte zwischen uns, geprägt von Feindschaft und Misstrauen, aber die Notwendigkeit, Cathrine zu finden, hatte uns zu diesem unangenehmen Bündnis gezwungen. Ich wusste, dass Cyle mir nicht vertraute, und ehrlich gesagt vertraute ich ihm auch nicht, aber wir beide kümmerten uns auf unsere Weise um sie.„Cyle", antwortete ich und setzte mich ihm gegenüber. Die Stille dehnte sich wie ein gespanntes Seil, beide von uns sich der unausgesprochenen Worte bewusst, die in der Luft hingen.„Wie geht es ihr?" fragte Cyle, seine Stimme kontrollierter, als ich erwartet hatte. Ich bemerkte einen Hauch von Sorge hinter seiner harten Fassade, und es überraschte mich das ich ihn so leicht durchschauen konnte. „Sie kämpft", gab ich zu, meine Kehle zog sich bei dem Gedanken an Cathrines gequälte Augen zusammen. „Ich glaube nicht, dass sie wirklich versteht, was passiert ist. Zumindest nicht das sie ihn nicht mehr fürchten muss." Cyle nickte, ein kurzes, gequältes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Sie hat die Hölle durchgemacht. Das wissen wir beide." Sein Blick bohrte sich in mich, als fordere er mich heraus, es zu leugnen. „Du denkst, du bist der Einzige, der sich um sie kümmert?"„Das habe ich nie gesagt", gab ich scharf zurück, die Spannung im Raum loderte auf. Brady drehte sich in meine Armen, würden wir uns weiter so ankeifen würde er gleich aufwachen. „Aber du und ich wissen beide, dass ich sie geliebt habe. Ich habe mich tief um sie gesorgt."Cyle lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. „Deine Art von Liebe hat Konsequenzen, Robert. Sie hätte nie in Gefahr sein dürfen. Ich weiß was du getan hast. Diana hat auch mich besucht. Ich wusste, dass du dich für einen dominanten Typ hältst, aber das es dich aufgeilt Frauen zu schlagen, sie leiden zu sehen. Du sagst, du liebst sie, aber heißt das, dass du fähig bist, sie zu beschützen?" Ich ballte die Fäuste, spürte, wie die Frustration in mir aufstieg. „Ich wollte nie, dass sie entführt oder verletzt wird. Ich hätte alles getan, um sie zu schützen. Ich werde sie nie wieder anrühren wenn sie es so will. Ich werde mich von ihr Fernhalten wenn sie es so will. Aber ich hab einmal deiner Frau versprochen das ich immer für Cate da sein würde, so wie sie es mir versprochen hatte als ich Krebs hatte." Cyles Gesichtsausdruck wurde für einen Moment weicher, und ich konnte den Vater hinter dem Mann erkennen. „Ich weiß, dass du denkst, du liebst sie", sagte er langsam, seine Stimme von Skepsis durchzogen. „Aber Liebe allein reicht nicht. Wenn es um jemanden wie Cathrine geht, reicht es nicht immer wieder zu sagen, dass du dich um sie sorgst, und erwarten, dass sich etwas ändert, wenn du ihr nicht eine andere Seite von dir zeigst. Du musst es ihr auch beweisen." Ich atmete tief durch, das Gewicht seiner Worte lag schwer auf meiner Brust. „Ich will besser Mann sein für sie. Das heist auch das ich mein Kriegsbeil mit dir begraben muss."Cyle musterte mich nachdenklich, die Spannungen in seiner Stirn vertieften sich. „Courtney wollte immer das wir uns vertragen." er seufzte. „Poppy hat mir vor kurzem die Wahrheit gesagt, darüber was damals wirklich passiert ist." Erstaunt sah ich ihn an. „Die ganze Wahrheit?" Er erwidertet meine Blick. Das Gewicht seiner Prüfung war spürbar. „Du hast so getan als wärst du ich und hast dann mit ihr geschlafen. Poppy hat mir von ihren Gefühlen für mich erzählt. Und das du es beendet hast, weil du wusstest das eure Beziehung Probleme zwischen mir und Courtney ausgelöst hatte." Er betrachtete mich lange, bevor er schließlich seufzte, die Spannung in seinen Schultern ließ leicht nach. „Ich werde alles tun, um dir-und ihr-zu zeigen, dass sie eine vereinte Familie hat auf die sie bauen kann. Konzentrieren wir uns darauf, was sie braucht. Sie hat genug gelitten. Wir schulden es ihr, das hier zum Laufen zu bringen." Als ich aufstand, um zu gehen, durchströmte mich ein Gefühl der Entschlossenheit. Cyle und ich mochten uns nicht besonders, aber wir hatten nun endlich die Vergangenheit hinter uns gelassen und wir hatten ein gemeinsames Ziel: Cathrine ein sicheres Zuhause zu geben.

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