Kapitel 43

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4. Juli.2027

Die Tage vor dem 4. Juli waren ein emotionales Auf und Ab. Während ich versuchte, das Leben mit Robert und Brady zu genießen, schlichen sich die Erinnerungen an meine Zeit mit Justin heimlich in meine Gedanken und raubten mir den Schlaf. Jede Nacht lag ich wach, das Kissen fest umklammert, während die Erinnerungen an die Schrecken meiner Entführung wie Schatten über mir schwebten. Manchmal fühlte es sich an, als würde ich in einem Labyrinth gefangen sein, aus dem es keinen Ausweg gab. Ich war zwischen Justin und Maxwell gefangen. Brady schien ebenfalls von den Ereignissen in meinem Leben betroffen zu sein, auch wenn er es nicht direkt zeigte. Er war ein fröhlicher, lebhafter Dreijähriger, der mit seiner Unschuld und Neugier die Welt eroberte, aber ich bemerkte, dass etwas in ihm nicht stimmte. Es war nicht nur der Verlust seines Vaters; es waren die unsichtbaren Wunden, die ich nicht sehen konnte, die aber dennoch seine kleine Seele belasteten. Eines Nachmittags spielten Brady und Kenna, Roberts Tochter, im Wohnzimmer. Zuerst schien alles in Ordnung zu sein. Die beiden lachten und rannten umher, als ich durch das Fenster zusah. Doch plötzlich bemerkte ich, wie Brady sich immer mehr von Kenna entfernte und in einen Zustand der Frustration geriet. „Brady, komm zurück!", rief ich, doch er hörte nicht. Seine kleinen Fäuste ballten sich, und als Kenna ihm nicht gehorchte, raste er vor Wut. Mit einem plötzlichen Aufblitzen von Aggression schlug er seine ältere Stiefschwester, und ich fühlte, wie mein Herz für einen Moment stillstand. „Brady!", rief ich erschrocken, als ich durch die Tür stürmte. Kenna sah verwirrt und verletzt aus, während Brady vor Wut zitterte, seine kleinen Schultern zucken und seine Gesichtszüge verzogen waren. Er ging wieder auf sie los. Robert kam ebenfalls herbei, seine Augen groß vor Schock. Er zerrte ihn von ihr weg „Was ist hier los?", fragte er, als er an meiner Seite stand. Wir knieten uns zu den beiden hinunter, um den kleinen Jungen zu beruhigen, aber ich spürte sofort, dass wir ein größeres Problem hatten. „Ich... ich weiß nicht, was mit ihm los ist", flüsterte ich und fühlte, wie die Tränen in mir aufstiegen. „Er war nie so aggressiv. Was ist nur mit meinem Baby los?" „Es ist nicht nur die Situation mit Justin, die ihn belastet", bemerkte Robert, seine Stimme fest, aber besorgt. „Es könnte auch die ganze Umstellung sein, die wir alle durchgemacht haben. Vielleicht macht ihm der Druck zu schaffen, den wir nicht sehen können." In diesem Moment wurde mir klar, dass wir in den letzten Wochen vor allem auf Kenna geachtet hatten, die sich gut in unsere Familie integriert hatte. Wir hatten Brady in den Hintergrund gedrängt, unbewusst den Fokus von ihm abgewendet und damit eine Kluft zwischen ihm und uns geschaffen. „Wir müssen uns mehr um ihn kümmern", sagte ich und spürte, wie die Verzweiflung in mir wuchs. „Ich wollte nicht, dass er sich vernachlässigt fühlt." Robert nickte. „Ich habe es nicht bemerkt. Wir waren so damit beschäftigt, dass wir unser Leben um Kenna herum anpassen, dass wir die Veränderungen in Brady übersehen haben. Lass uns etwas unternehmen, um ihm zu zeigen, dass wir für ihn da sind. Er braucht unsere Unterstützung." Wir hielten beide die Hände der Kinder, und ich spürte, wie die Berührung meiner kleinen Familie mich in diesem Moment aufrichtete. Wir mussten lernen, die Wunden unserer Vergangenheit zu heilen, sowohl für mich als auch für Brady. In den kommenden Tagen entschlossen Robert und ich uns, Zeit nur mit Brady zu verbringen. Wir unternahmen kleine Ausflüge, spielten mit ihm im Park und schauten gemeinsam seine Lieblingsfilme an. Wir stellten fest, dass er eine Leidenschaft für die Natur hatte und gerne im Freien spielte. Er blühte auf, als wir Zeit miteinander verbrachten, und ich konnte das Licht in seinen Augen zurückkehren sehen. Aber die Erinnerungen an meine Vergangenheit ließen mich nicht los. Ich wusste, dass ich stark sein musste, um für meine Familie da zu sein. Der Weg zur Heilung war lang, aber ich war entschlossen, ihn zu gehen - nicht nur für mich, sondern auch für Brady. Die Herausforderungen, die uns erwarteten, waren beängstigend, aber ich spürte, dass ich nicht alleine war. Mit Robert an meiner Seite und dem Licht, das langsam in Brady zurückkehrte, begann ich, einen neuen Weg zu finden - einen, der uns als Familie näher zusammenbrachte.

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