#30 Wilde Vermutungen, Magenknurren & wie verfolgt werden zum Hobby wurde

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Oh dieser Mistkerl wusste genau wie man mich köderte. Vielleicht hätte man andere Mädchen mit einem Liebesfilm oder in seinem Fall einem Autogramm geködert, aber ich war da etwas anders veranlagt. Wer mir Essen gab, war mein Freund. So etwas wie eine Grundregel die ich hatte. Bei Schokolade war ich noch ein bisschen anfälliger. Naja eigentlich bei allem was Zucker beinhaltete war ich sofort mit dabei. Mein Magen begann zu knurren, doch ich hatte meine Entscheidung ohnehin schon gefällt.
„Hey Horan warte mal", rief ich und lief ihm hinterher. Dieser drehte sich mit einem siegessicheren Grinsen im Gesicht zu mir um.
„Wusste ich's doch, dass man dich damit rumkriegt." Womit er leider Recht hatte. Ich zog lachend die Schultern hoch, schlenderte an ihm vorbei und gab ihm dabei einen Klaps auf den Bauch.
„Nah los Horan, ich habe Hunger!" Ich rannte los und hörte nur noch sein „Hey!", als ich durch die Eingangstür verschwand. Ich sprintente mal wieder durch die Lobby und wie es der Zufall wollte, war gerade einer der Aufzüge dabei die Türen zu schließen. In letzter Sekunde quetschte ich mich hinein. Und siehe da, die alte Dame von heute Morgen (oder hatte das schon als Mittag gegolten?) stand wieder im Aufzug. Meine Güte es war beinahe halb eins in der Früh und sie war noch auf? War sie eine Party-Oma? Oder eine Anführerin der Yakuza? Oder war sie am Ende etwa auch auf dem One Direction Konzert gewesen? Während ich sie noch anstarrte und versuchte herauszufinden ob sie zu den Partygängern, der japanischen Mafia oder zur Fanbase der Jungs gehörte, hörte ich hinter mir Nialls Stimme „Ach Luz nicht schon wieder!"- rufen. Ich grinste vor mich hin und betrachtete die alte Dame weiterhin aus dem Augenwinkel. Naja mit ihrem perfekt sitzenden, rosa Kostüm und dem großen Hut sah sie eher aus wie eine alte britische Lady, als wie eine Partygängerin. Auch ihre Hautfarbe stimmte nicht so ganz und die Augen waren null Asiatisch. Also musste ich die Yakuza-Anführerin-Theorie auch ausschließen. Obwohl das ja mal die perfekte Tarnung währe. Britische alte Lady als Oberhaupt der japanischen Mafia. Na gut blieb noch der Fan übrig. Leider sah sie überhaupt nicht so aus als würde sie sich Boybands anhören. Oder sonstige Musik aus diesem Jahrhundert.
„Werden sie eigentlich immer von jungen Männern verfolgt?" – Hatte die Party-Yakuza-Fan-Oma gerade mit mir geredet? Ich sah mich um. Außer uns war niemand im Fahrstuhl. Um diese himmelsschreiende Zeit war das ja auch nicht weiter verwunderlich.
„Miss?", fragte nun die alte Dame und sah mich auffordernd an. Ach ja ich hatte noch gar nichts gesagt.
„Ich...äh...nein", stotterte ich herum. Eine tolle Antwort, bravo Luz. Ich holte tief Luft und probierte es noch einmal. „Ich werde nicht immer von jungen Männern verfolgt. Das ist nur so ein Hobby von mir", antwortete ich ihr höfflich und voller ernst. Viel besser war diese Antwort nun auch wieder nicht, aber allemal besser als mein Rumgestottere.
„Aha", kommentierte die alte Lady meine Aussage. Zum Glück kamen wir in diesem Moment in unserem Stockwerk an. Sie stolzierte aus dem Fahrstuhl und ich folgte ihr. Auf dem Flur drehte sie sich noch einmal halb zu mir um und zupfte an ihrem kleinen Täschchen herum.
„Wenn das öfters vorkommt, sollten sie sich vielleicht überlegen einen Selbstverteidigungskurs zu machen. Wir Frauen müssen wissen wie man sich verteidigt." Und damit ließ sie mich einfach stehen. Nettes Gespräch. Die Britische-Yakuza-Anführerin-Theorie kam mir nun gar nicht mehr so unrealistisch vor. Von wegen wir Frauen mussten wissen wie man sich verteidigte. Ich sah den Korridor entlang. Wo musste ich jetzt eigentlich hin? Das 'Pling'- das die Ankunft des Fahrstuhls ankündigte, riss mich aus meinen Überlegungen. Ich drehte mich in dem Moment um, als Niall aus dem Fahrstuhl trat.
„Auch schon da?", sagte ich und verschränkte lässig die Arme.
„Bloß nicht frech werden, sonst gibt's kein Essen", sagte er bemüht ernst, aber seine Mundwinkel verrieten ihn. Trotzdem spielte ich weiter mit. Ich riss schockiert die Augen auf und packte Niall an den Schultern.
„Nein Niall das kannst du mir nicht antun!", jammerte ich dramatisch und mir traten doch tatsächlich Tränen in die Augen. Davon war ich selbst ein wenig überrascht. Niall hingegen hatte ich damit komplett aus der Bahn geworfen. Er hatte nicht damit gerechnet dass ich gleich so reagieren würde. Hatte ich ja auch nicht. Seine Miene war nun ein Mix aus Schockt, Hilflosigkeit und...Mitgefühl?
„Luz", sagte er sanft, als er sich ein wenig erholt hatte und legte mir nun seinerseits die Hände auf die Schultern. Man mussten wir bescheuert aussehen. Beinahe hätte ich bei der Vorstellung wie wir wohl aussahen gelacht, aber Nialls Blick hinderte mich daran. Er war so – intensiv.
„Ich hab das doch nicht ernst gemeint. Hunger muss um mich herum niemand haben."
„Heißt das du lädst mich zum Essen ein? Ich brauche ganz dringen etwas zwischen die Zähne."
„Klar doch. Ich hätte dich eh gezwungen etwas zu Essen", sagte er mir einem finsteren Blick.
Nun war es an mir verwirrt zu Gucken wie ein Schaf mitten in der Wüste. Dieses Gespräch nahm eine komplett andere Richtung als ursprünglich vorgesehen. Wir hatten doch nur herumgealbert und jetzt guckte Niall plötzlich so komisch.
„Warum das denn?" Er zog eine Augenbraue hoch.
„Denkst du uns ist nicht aufgefallen das du heute noch nichts gegessen hast?"
„Wer ist wir?"
„Nah die Jungs, ich und dieses Mädchen aus der Technik."
„Anna?" Ungläubig sah ich ihn an. Wann bitte hatten sie denn mit Anna geredet?
„Ja genau. Sie hat uns erzählt das du während dem Shoppingtrip nichts gegessen hast und vorher habe weder ich oder einer der andern dich essen sehen." Irgendwie sah er jetzt schon beinahe wütend aus.
„Tut mir leid. Ich hatte so viel um die Ohren. Da habe ich es einfach vergessen, keine Sorge", sagte ich und lächelte ihn warm an. Es war so süß von ihnen das sie sich darauf geachtet hatten ob ich etwas gegessen hatte oder nicht. Mir selbst war es noch nicht einmal aufgefallen das so viel los war.
„Weißt du wir sind wie eine Familie und wir machen uns immer sorgen umeinander. Du gehörst jetzt zu uns. Darum machen wir uns jetzt auch sorgen um dich."
Als Niall das sagte traten mir wieder Tränen in die Augen. So lieb irgendwo einfach aufgenommen zu werden, war ich nicht gewohnt.
„Danke Niall", schniefte ich und er zog mich in eine Umarmung.

Vermutlich wären wir ewig so dort gestanden. Hätte mein Magen nicht auch noch ein Wort, oder wohl eher Knurren, mitzureden gehabt. Er grummelte laut vor sich hin und Niall und ich begannen bei dem unerwarteten Geräusch zu lachen. Naja, Niall lachte wegen meinem Magen und ich wegen ihm. Sein lachen war einfach viel zu ansteckend. Noch immer lachend ließ er mich los.
„Los komm. Wir besorgen Mr. Grolig besser mal etwas zu essen. Nicht das ich am Ende noch einen Finger einbüße."
„Keine Sorge, Mr. Grolig steh mehr auf Ohren. Die sind so schön schmalzig", zwinkerte ich und Niall rümpfte die Nase, brach dann aber wieder in Gelächter aus. 

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