#41 Wie eine Vogeljagd alles veränderte

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Dass ich mich verändert hatte, merkte ich in den nächsten zwei Wochen immer mehr. Jose und ich hatten das zwischen uns geklärt und seither war unsere Beziehung irgendwie komisch. Das schlimme daran war, das es mich nicht einmal störte. Im letzten Monat hatte ich gelernt weniger an mir zu zweifeln und nicht mehr viel darauf zu geben was andere dachten. Denn immer wenn ich eine der Hassnachrichten irgendwo im Sozialen Netzwerk aufgefasst hatte, hatte ich sie nicht ignoriert, sondern wirklich darüber nachgedacht. Dass ich keine Schlampe war, wusste ich. Auch dass ich weder fett noch hässlich war, konnte ich mir selbst bestätigen ohne eingebildet zu sein. Ich war so wie ich war und das wollte ich auch bleiben. Jose vermittelte mir zwar weder das Gefühl hässlich, dick oder in irgendeiner Weise eine Schlampe zu sein, aber dafür spürte ich das er mich für unreif bis kindisch hielt. Dessen war ich mir schon immer bewusst gewesen und ich hatte auch versucht diese Seite in mir zu unterdrücken. Nur das Liam, Zayn, Harry und Niall diese Seite gar nicht bemerkten und Louis sie sogar noch herausforderte. Jetzt erst bemerkte ich, wie sehr ich Jose zuliebe mich selbst ein bisschen aufgegeben hatte. Denn dieses unreife, manchmal kindische Getue, war für mich einfach Spaß haben. Heutzutage war immer alles so ernst und man wurde verrückt wenn man da mitmachte. Und seit ich zurück war, unterdrückte ich es nicht mehr. Ich lebte diese Seite genau so weiter wie in dem Monat zuvor. Damit kam Jose nicht klar. Das sagte er mir auch immer wieder durch die Blume, bis bei ihm eines Tages das Maß voll war.
Wir waren gerade durch den Park spaziert und ich hatte unbedingt einen der Vögel erschrecken wollen. Jose fand das jedenfalls nicht so toll. Auch dass ich ihm anschließend auf den Rücken sprang und wir beinahe hinfielen.
"Kannst du dich nicht ein Mal wie eine Erwachsene benehmen?", herrschte er mich leise an. Was war bitte sein Problem? Keiner war im Park um uns zu beobachten, nur ein älteres Paar hatte vorhin am Teich Enten gefüttert. Ja das Vogeljagen war sogar für meine Verhältnisse Kindisch, aber musste er mich gleich so anfahren?
"Tut mir leid", sagte ich klein beigebend. Wir spazierten den kurzen Weg zu mir nach Hause und ich war im Nachhinein froh dass meine Mutter nicht zuhause war. Wir zogen unsere Schuhe aus und ich summte leise vor mich hin, als ich zur Couch ging.
"Könntest du damit aufhören?", fragte Jose gereizt und ich sah ihn verwundert an.
"Mit was?"
"Du summst." Das war mir noch nicht einmal aufgefallen. Ich zuckte die Schultern.
"Na und?" Ich konnte absolut nichts Verwerfliches daran finden.
"Naja mich stört das eben." Ach ja, ich hatte vergessen wie unmusikalisch mein Freund war.
"Entschuldige bitte." Mein Tonfall war nun ebenfalls gereizt, aber es war mir egal. Sollte er ruhig merken dass er mich sauer machte mit seinem Verhalten.
"Lucia es tut mir leid aber seit du von dieser Tour zurück bist, erkenne ich dich kaum noch. Du bist laut, kindisch und total unreif. Du machst unüberlegte Dinge und singst die ganze Zeit vor dich hin." Ob mein Freund das wahrhaben wollte oder nicht, so war ich. Ich war laut, spontan, unreif und kindisch. Musik war mein Leben, ich wollte es schließlich Studieren, also tat es mir auch nicht leid dass ich vor mich hin sang. Seit ich einen Monat lang mit Musikern unterwegs war, fielen mir dauernd neue Melodien ein. Jose schien keine Antwort von mir zu erwarten, denn er sprach einfach weiter und was er sagte, ließ bei mir eine Sicherung durchbrennen.
"Ich weiß ja nicht wie die Leute das einen ganzen Monat ausgehalten haben, aber ich tue es nicht." Das Mass quoll über und bevor ich darüber nachdenken konnte sprach ich meine Gedanken laut aus.
"Dann geh!" Ich sagte es emotionslos und mit kräftiger Stimme. Verdutzt sah Jose mich an.
"Was soll ich?"
"Gehen. Du hältst mich keinen Monat aus so wie ich bin? Dann geh. Es tut mir leid dir das sagen zu müssen, aber ich bin so und nicht anders. Ich habe keine Lust mehr diese Seite an mir zu unterdrücken. Ich mag mich so wie ich bin und werde nicht mehr auf diesen Teil von mir verzichten, nur um dir zu gefallen." Wortlos starrte er mich an.
"Hast du dich etwa doch in diesen Liam verliebt?" Ich keuchte empört. Wie zum Teufel kam er denn jetzt auf die Idee. Völlig verwirrt von diesem nicht vorhandenen Zusammenhang, starrte ich ihn an.
"Sieh mich nicht so an. Es könnte doch sein das du dich verliebt hast in ihn und jetzt versuchst mich loszuwerden, indem du dich so unmöglich verhältst." Bitte, was? Ich verhielt mich unmöglich?
"Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn! Ich verhalte mich nicht unmöglich sondern so wie ich bin!" Wie oft hatte ich das heute schon gesagt? Zu oft.
"Jose ich kann mit niemandem eine Beziehung führen, der mich als unmöglich empfindet." Jose nickte.
"Das kann ich auch nicht." Tief in mir hatte ich das gewusst.
Wir standen da, die Couch zwischen uns und starrten uns an. Jose war der, der den Blick zuerst abwandte, zur Tür ging und sich anzog.
"Du willst jetzt einfach gehen?" Natürlich wollte er das. Das konnte ich sehr gut sehen. Er ignorierte meine Frage und streifte sich die Jacke über. Mit dem Türgriff schon in der Hand, wandte er sich noch einmal um und sprach: "Schade das wir so enden."
"Es hätte nicht enden müssen." Er seufzte und lächelte ein klein wenig.
"Doch. Und du weißt das auch." Vermutlich hatte er recht. Er öffnete die Tür und kurz bevor er aus der Tür trat, sprach er erneut: "Hast du dich wirklich nicht neu verliebt?" Die Hoffnung in seiner Stimme war nicht zu überhören.
"Nein, habe ich nicht. Tut mir leid." Das tat es wirklich, denn ich hatte nie gewollt dass wir so endeten, oder dass wir überhaupt endeten.
"Mir tut es auch Leid Lucia."
Mit diesen Worten zog er die Tür hinter sich zu und ich konnte seine Schritte auf der Treppe hören. Das hatte etwas Endgültiges. Die Kraft wich aus meinen Beinen und ich ließ mich auf den Boden sinken. Ich starrte die Tür an durch die Jose gerade verschwunden war und begann nur langsam zu begreifen was das bedeutete. Wir hatten gerade Schluss gemacht. Ich wartete auf die Tränen, aber sie kamen nicht. Stattdessen fühlte ich nichts. Rein gar nichts. Mein ganzer Körper war Taub.

Keine Ahnung wie lange ich im Flur hockte und die Tür anstarrte, aber mein Handy riss mich schließlich aus meiner Starre. Als ich sah von wem die Nachricht war, verzog sich mein Mund zu einem Lächeln. Das nannte ich Timing unter Freunden. 

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