#13 Zwei gute Argumente

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"Ja, aber ich habe dir doch gerade erklärt dass es ein Missverständnis war", sagte ich, zu meiner Verteidigung. "Und ich will auch nicht mit dir streiten. Schon gar nicht wegen etwas so unsinnigem".

"Lucia, ich weiß einfach nicht was ich davon halten soll", fuhr Jose weiter, ohne seinen Tonfall zu ändern. "Du rufst mich nicht an, schreibst kaum zurück und bist so gut wie nie erreichbar. Aber so funktioniert eine Fernbeziehung nicht. Und plötzlich taucht auch noch ein Bild auf, auf dem du dich an irgendeinen berühmten Typen kuschelst. Sag mir was ich davon halten soll!". Seine Stimme wurde immer aufgebrachter. Er hatte unterdessen ins spanische gewechselt und es noch nicht einmal bemerkt. Ich wollte ihm wiedersprechen, ihm alles erklären, ihm begreiflich machen dass ich nicht mit Liam gekuschelt hatte. Doch aus Erfahrung wusste ich, dass ich ihn besser nicht unterbrechen sollte, bis er fertig war mit seinem Ausbruch.

"Weißt du Luz. Wenn du nicht willst, dann lassen wir das und sehen weiter, wenn du zurückkommst".

Bam! Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

"Jose..ich...nein...du...ich...ich will nicht Schluss machen. Ich hatte bloß so viel um die Ohren, mit dem hier ankommen und so weiter und da habe ich eben keine Zeit gefunden euch zu schreiben."

Die Worte schossen ungefiltert aus mir hinaus.

"Das mit Liam war ganz anders, ich schwöre dir dass ich nicht mit ihm gekuschelt habe, ich kenne ihn schließlich kaum. Du bist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben und wir stehen dieses Jahr durch, zusammen." Am Ende war meine Stimme beinahe flehend.

"Und was ist wenn du nach London gehst. Was dann Luz? Dann bist du erneut weg, für 3 Jahre. Ich weiß nicht ob ich das schaffe. Verstehst du das?" Jose hatte sich beruhigt. Seine Stimme klang nun traurig.

Ich sagte nichts. Die Lust am Reden war mir vergangen.

Wir schwiegen nun beide und die Leitung knisterte zwischen uns.

Ja, ich verstand Jose. Ich verstand ihn sogar sehr gut.

Wer würde nicht angepisst sein wenn seine Freundin auf einem Internet Bild mit einem anderen Jungen, Arm in Arm auftauchte, den sie angeblich erst seit zwei Tagen kannte und mit dem sie beinahe ein ganzes Jahr um die Welt reisen würde? Ich wäre schrecklich sauer. Und dann gab es da noch unsere alt bekannte Diskussion wegen meines Studiums. Ich wollte nun mal in London studieren und das würde sich so schnell nicht ändern.

Ein Kloss bildete sich in meinem Hals. Aber Jose verlieren? Das war eigentlich keine Option gewesen. Ich hatte gedacht, unsere Beziehung sei stark genug dafür. Wir seien stark genug dafür.

"Luz? Hast du mir zugehört?", fragte Jose nun in die Leitung und unterbrach damit meine Gedanken.

"Ja, ich verstehe dich Jose", antwortete ich mit erstickter Stimme. Zu mehr war ich nicht in der Verfassung.

Wir schwiegen einander nun wieder an.

Eine Träne rollte mir über die Wange und ich wischte sie ärgerlich weg. Ich wollte nicht weinen. Nicht deswegen. Nie mehr wegen eines Jungen.

Nicht nach Ian.

Ian war mein Freund gewesen, kurz vor meiner überstürzten Abreise nach Spanien.

Wenn ich so darüber nachdachte, war ich im Begriff denselben Fehler zu machen wie damals. Ich hatte Ian damals um eine Fernbeziehung gebeten. Es hatte eine Woche gehalten und dann hatten wir Schluss gemacht. Genauer gesagt er. Ich hatte mir die Augen aus dem Kopf geheult und mir dann geschworen, nie wieder wegen eines Jungen zu weinen. Und nun saß ich hier, schwieg mit meinem Freund die Leitung tot und versuchte krampfhaft meine Tränen zurück zu halten.

"Lucia, du wirst immer in meinem Herzen sein. Egal was kommt", brach Jose das Schweigen und für mich klang es wie ein Abschied.

"Ich werde jetzt schlafen gehen. Überlege dir bitte gut ob es noch ein 'wir' geben soll. Ich rufe dich morgen nochmal an. Gute Nacht." Damit unterbrach er die Verbindung und die Leitung brach zusammen.

Er hatte mich vor eine endgültige Entscheidung gestellt. Einfach so.

Auf einmal fühlte ich mich eingekerkert in meinem Zimmerchen.

Ich zog mir einen weiten Pulli über und schlüpfte in meine Schuhe. Leise lief ich nach draußen.

Die kühle Nachtluft tat mir gut. Es roch nach Sommer und ein bisschen nach Regen. Wahrscheinlich würde es heute noch ein Gewitter geben.

Ich ging ein paar Schritte vor dem Bus hin und her. Kam mir dann aber reichlich dumm vor und beschloss ich einen Spaziergang zu machen.

Ich schlenderte um den Bus herum und dann auf das Stadion zu.

Die Nachtluft und der leise Autolärm, regten mein Denken an.

Jose zwang mich zu einer Entscheidung. Er wollte mir noch eine Chance geben, eine Chance es besser zu machen. Besser als bei Ian. Ich musste diese Chance ergreifen, denn ich liebte Jose.

Ohne es zu bemerken, stand ich nun auf der Rückseite vom One Direction Bus. Mit Schwung ging ich um die Ecke des Buses und schrie dann auf.

"Gott Luz, erschreck mich doch nicht so!"

"Ich hätte beinahe einen Herzinfarkt gehabt, nicht du!"

Wir sahen uns geschockt an, dann begannen wir beide schallend zu lachen.

"Mensch Harry, du kreischst wie ein Mädchen", sagte ich noch immer Lachend.

"Danke. Das gebe ich gern zurück."

"Ja warum kreische ich wohl wie ein Mädchen?" Dabei schaute ich auf meine beiden Freundinnen hinab, dann zurück zu Harry und zog dann fragend eine Augenbraue hoch.

"Touché, zwei gute Argumente", sagte Harry zwinkernd.

Ich verdrehte bloß die Augen, wechselte dann das Thema und fragte das erst beste was mir gerade so einfiel.

"Sag mal, was machst du eigentlich hier draußen?".

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