#36 Verfressene Einbrecher & ein Rudel Wölfe

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Den Rest des Tages verbrachte ich dann zwar ganz unspektakulär mit Lux, aber das war genau das was ich gebraucht hatte. Meine Sorgen und Probleme steckte ich in eine Kiste, machte ein Schloss davor und übergab sie Meister Yoda zur Überwachung. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf sie und sie genoss das offensichtlich. Ich auch. Zeit mit ihr zu verbringen vermittelte mir ein Gefühl von Frieden. Als wäre nichts auf der Welt wichtiger als ihre Buntstiftzeichnung. Oder das die Haare ihrer Barbie verknotet und viel zu lang waren. Die Zeit raste nur so dahin und ich war wirklich erstaunt, als Lou uns zum Abendessen holte. Danach brachte ich Lux zurück in den Bus und machte sie Bettfertig. Dann nahm ich eines ihrer Kinderbücher zur Hand und las daraus vor. In der Hälfte des Buches schlief sie an mich gelehnt ein und ich brachte sie ins Bett. Beim zudecken betrachtete ich aufmerksam ihr schlafendes Gesicht und ein Gefühl von Mütterlichkeit überkam mich. Plötzlich konnte ich es mir viel besser vorstellen jemals eine Mutter zu werden. Natürlich hatte ich mir das auch vorher vorstellen können, aber gerade in diesem Moment, da hatte ich wirklich das Bedürfnis eines Tages eine Mami zu sein. Noch nicht heute oder morgen, aber eines Tages, würde ich Kinder haben. Das wusste ich.
Den Abend ließ ich dann damit ausklingen das ich mir Disneyfilme ansah und dazu heulte. Diese Filme faszinierten einem wenn man ein Kind war. Aber wenn man älter wurde, verstand man erst die wahre Bedeutung dahinter. Keine Ahnung wie lange ich da in meinem Zimmerchen im Bus saß und vor mich hin heulte. Irgendwann ging die Bustür auf und ich hörte Schritte. Schnell pausierte ich den Film und zog mir meine Kopfhörer aus den Ohren. Wer war das? Für Lou waren die Schritte viel zu laut und zu schwer. Leise und ängstlich schlich ich zur angelehnten Tür, besann mich dann aber eines Besseren. Wenn da wirklich jemand im Bus herumschlich, der nicht hier sein sollte, dann würde ich mich zu verteidigen wissen. Ich würde keinesfalls wie diese dummen Hühner in den Horrorfilmen enden und mich unbewaffnet jemandem gegenüberstellen. So schnell es leise ging, hastete ich zu meiner Tasche und kramte das erst beste hervor, das ich als Waffe benutzen konnte. Dann schlich ich zurück zur Tür und späte hinaus. Da war wirklich jemand. Meine Kehle wurde eng und plötzlich hatte ich das Bild einer schlafenden Lux im Kopf.
Wenn er ihr etwas antut– schoss es mir durch den Kopf. Ich würde dieses kleine Mädchen mit meinem Leben beschützen. Meine von der Natur gegebenen Mutterinstinkte waren geweckt. Ich umklammerte meine Waffe fester. Mit einem Ruck riss ich die Tür auf und stand dem Eindringling gegenüber.

Oder zumindest seinem Rücken, denn das war alles was ich sah. Also eigentlich hing der Eindringling gerade Kopfvoran in meinem Kühlschrank. Meine Angst legte sich ein bisschen und ich war nun neugierig. Warum brach jemand in den Bus ein um an den Kühlschrank zu kommen? War es ein Obdachloser? Vorsichtig schlich ich näher und behielt die Waffe einsatzbereit. Der Bus wurde nur mäßig durch das Licht des Kühlschrankes erhellt und ich musste höllisch aufpassen wo ich hintrat. Wenn der Penner da vorne mein Nutella klaute, war Schluss mit Lustig. Da verstand ich so gar keinen Spaß mehr. Gab es in Japan keine Suppenküchen für sowas? Na egal. Ich hatte den Kühlschrank beinahe erreicht, als die Person ihn urplötzlich zumachte und es schlagartig stockdunkel wurde. Sofort blieb ich stehen. Was um alles in der Welt? Bevor ich Zeit hatte zu überlegen, wurde eine Handytaschenlampe eingeschaltet und leuchtete mir direkt ins Gesicht. Ich schrie auf und riss die Hand mit der Waffe hoch. Doch dann hörte ich schalendes Lachen und lies den Arm sinken. Jetzt erkannte ich wer hinter dem Licht stand.
Ich kramte mein Handy hervor und schaltete die Taschenlampe ein. Endlich war dieses Ding mal nützlich. Ich leuchtete auf mein Gegenüber und tatsächlich.

"Niall?", flüsterte ich verwundert.
"Hi", sagte er genauso leise und grinste mich an.
"Was machst du hier?" Verwirrt schüttelte ich den Kopf.
"Ich habe dich gesucht", flüsterte er.
"Im Kühlschrank?", zischte ich ungläubig. Niall sah etwas verlegen aus.
"Okay erwischt. Ich hatte Hunger und wir haben kein Essen mehr", gestand er leise.
"Hä? Ihr hattet doch heute Morgen noch jede Menge Pizza?" Das hatte ich mit eigenen Augen gesehen.
"Ja heute Morgen." Jetzt sah ich wohl aus wie ein Schaf, das sein ganzes Leben lang dachte eine Ziege zu sein. Total verwirrt.
"Warte mal. Ihr habt die alle gegessen?!" Mein Flüstern war nicht mehr wirklich leise.
"Hmmm, ja." Ich schüttelte den Kopf.
"Was wolltest du eigentlich damit?", fragte Niall und deutete auf meine Hand mit der Waffe.
"Mich verteidigen?" Jetzt sah er mich ungläubig an.
"Mit einem Deo?" Ich zuckte die Schultern.
"Was Besseres hab ich nicht gefunden und jetzt komm. Ich mach euch armen Kinderchen was zu essen."

***

"Jetzt reicht's aber! Alle Mann fünf Schritte weg von mir. Ich kann so nicht arbeiten!", rief Luz gerade aufgebracht, weil wir die ganze Zeit um sie herumlungerten. Kein Wunder. Luz Soße verbreitete einen Duft im ganzen Tourbus, bei dem einem das Wasser im Munde zusammenlief. Zum dritten Mal schlug sie Louis nun schon auf die Finger, weil er verzweifelt versuchte von ihrer Soße zu probieren.
"Louis noch einmal und ich werde dir nicht den kleinsten Fetzen Spaghetti abgeben!" Drohend zeigte sie mit dem Kochlöffel auf ihn und stemmte den anderen Arm in ihre Hüfte. Louis schnaubte beleidigt und kapitulierte. Luz lächelte siegessicher und die mir bereits vertraute Lachfalte bildete sich zwischen Nase und Oberlippe. Ich weiß nicht was diese Lachfalte an sich hatte, aber meine Augen wurden von ihr wie magisch angezogen. Bei jedem Mal überkam mich das Bedürfnis sie zu berühren. Mit meinen Lippen darüber zu streichen und auszuprobieren ob man die Einbuchtung spürte.
"Okay ihr könnt wieder herkommen. Ich bin fertig." Ihre Stimme riss mich aus meinen Fantasien. Ich musste wirklich damit aufhören. Es war dumm Gefühle für eine fest vergebene Frau aufkommen zu lassen. Das wusste ich. Aber dagegen wehren konnte ich mich deswegen trotzdem nicht.

Während dem Essen erzählten wir ihr vom Konzert das wir gerade eben gegeben hatten. Luz hörte interessiert zu und bekam einen Lachanfall als wir ihr ein Video von unserer einen Aktion zeigten. Wir hatten versucht das Publikum dazu zu bringen mit uns den Titelsong von Pokémon zu singen und es hatte tatsächlich funktioniert. Luz sang begeistert mit. Ihre Stimme war noch immer eine der schönsten die ich je gehört hatte und ich kannte mich schließlich aus. Selbst wenn sie den Titelsong von Pokémon schmetterte und von eigenen Lachsalven unterbrochen wurde. Wir stimmten alle auch noch einmal in den Song mit ein und widmeten uns dann wieder den leckeren Spaghetti.
Als alles aufgegessen war lehnte ich mich zurück. Es war eine Diskussion ausgebrochen, wer auf die Idee mit dem Pokémon-Song gekommen war. Ich hielt mich raus und beobachtete stattdessen heimlich Luz. Sie hatte sich ebenfalls zurückgelehnt und ein zufriedenes Lächeln war auf ihrem Gesicht ausgebreitet. Wieder einmal starrte ich auf ihre Lachfalte. Ich konnte mich einfach nicht beherrschen. Immer wieder musste sie hinter vorgehaltener Hand gähnen und stand schließlich auf.
"Jungs. Ich bin Hundemüde und werde jetzt schlafen gehen", verkündete sie.
"Danke dass du für uns gekocht hast", sagte ich und die anderen fingen ebenfalls an sich zu bedanken. Louis sprang auf und schloss Luz in die Arme. Nach einander standen wir ebenfalls auf und bildeten so eine Gruppenumarmung. Dann wünschten wir ihr alle eine gute Nacht und ich sah ihr nach bis sie in ihrem eigenen Bus verschwunden war.

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