(18) Neue Freundin

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Ich bekam etwas Ärger, weil ich erst jetzt kam und musste mich leider auf den letzten noch freien Platz setzen. In Religion durften wir uns immer umsetzen und natürlich war der letzte Platz neben Logan. Ich fragte mich ehrlich, wie er es geschafft hatte, dass sich kein anderes Mädchen neben ihn setzte. Schweren Herzens ließ ich mich also auf den Platz neben ihm fallen und sah dann gelangweilt nach vorne. Unsere Lehrerin, Frau Gabriella, war wirklich nett und kam aus Italien, aber sie konnte den Unterricht einfach nie interessant gestalten. Zum Leidwesen aller Anwesenden.
Nach einer Weile Unterricht wurde ich plötzlich angestupst und sah verwirrt zu Logen herüber. Es war gerade Mucksmäuschenstill und ich hatte schon Angst, dass er etwas sagen und die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse au uns lenken würde, aber er schob mir nur einen Zettel rüber und wandte sich dann wieder nach vorne, wo Frau Gabriella etwas an die Tafel schrieb. Vorsichtig und darauf bedacht, kein Aufsehen zu erregen, nahm ich den Zettel und faltete ihn auf.

Können wir reden?

Stand darauf und ich erkannte an Logan's Handschrift, dass etwas nicht stimmte. Die geschwungenen Linien wirkten leicht verwackelt und es schien, als hätte er beim Schreiben gezittert. Unauffällig schielte ich auf Logan's Hände. Sie zitterten tatsächlich. Sofort überkam mich Sorge und ich hätte am liebsten seine Hände in meine genommen, aber das konnte ich aus genau zwei Gründen nicht machen. Erstens, würde das die ganze Klasse mitbekommen und spätestens nach der Pause wüsste es die ganze Schule und zweitens, wollte ich ihn wieder ignorieren. Dennoch überlegte ich nicht lange, sondern schrieb schnell zurück.

In der Pause in der Abstellkammer.

Ich wusste, dass Logan verstehen würde, welche Abstellkammer ich meinte. Ich stupste ihn meinerseits an und schob ihm dann unauffällig den Zettel zu, bevor ich mich ebenfalls wieder dem Unterricht zuwendete. Ebenso leise, wie ich zuvor, öffnete Logan den Zettel und atmete erleichtert auf, als er ihn gelesen hatte. Das Zittern ging auch wieder zurück und ich fragte mich wirklich, was mit ihm los war.

Als Religion endlich vorbei war, rannte ich schon fast aus dem Klassenzimmer und schlüpfte dann in die Abstellkammer. Hoffentlich kam Logan wirklich. Ich atmete tief durch. Natürlich würde er kommen. Er wollte schließlich reden. Ich setzte mich auf eine falsch herum gestellte Mülltonne und grübelte über sein seltsames Verhalten nach. Nach ein paar Minuten wurde die Tür wieder geöffnet und Logan kam tatsächlich herein. Er sah sich kurz um und atmete erleichtert auf, als er mich sah. Er schloss die Tür hinter sich und blieb dann dort stehen.
„Du bist wirklich gekommen." meinte er erstaunt und lächelte mich süß an... Mist, nein! Jetzt wird es wieder schlimmer! „Natürlich." sagte ich und versuchte arrogant zu klingen. Anscheinend misslang mir das aber, denn Logan lachte leise auf und erklärte „Das hast du nicht so drauf, Süße." Ich konnte mir bei seinem Tonfall ein Lächeln nicht verkneifen. Er klang, als wollte er mich verführen ihn zu küssen. Ich musste jedoch stark bleiben. Er würde mich nur verletzen!
„Hör auf, abzulenken und sag endlich, was los ist." forderte ich ihn auf und sprang von der Mülltonne herunter. Logan atmete noch einmal tief durch, dann sah er mir tief in die Augen und meinte „Ich weiß, dass das nicht das ist, was du erwartest, aber ich muss wissen, ob du Kyle erzählt hast, was da zwischen uns war." Ich sah Logan kurz fassungslos an, dann fing ich mich wieder und sah ihn kalt an. „Was war denn da zwischen uns?" wollte ich wissen und sah, wie Logan sich anspannte. Er hatte meinen Stimmungsumschwung deutlich bemerkt.
Er sah kurz weg, bevor er ebenso kalt zurück sah. „Nenn es, wie du willst. Hast du Kyle jetzt davon erzählt oder nicht?" fragte er leicht sauer, aber jetzt bekam er erst recht keine Antwort. Ich schenkte ihm noch einen wütenden Blick, dann drängte ich mich an ihm vorbei und hatte schon die Klinke in der Hand, als er mich wieder zu sich herum drehte. „Mel, bitte." flehte er, aber ich war sauer und wenn ich sauer war, konnte man nichts machen. „Nein." zischte ich und versuchte mich wieder zu befreien, aber es klappte nicht.
Plötzlich wurde ich wieder in den Park zurück versetzt. Chris hatte mich auch nicht losgelassen und er würde es auch nie tun. Mein Atem ging schneller und ich spürte, wie mein Herz wild zu klopfen anfing. „Oh Gott. Mel, tut mir leid. Bitte. Nicht weinen." stammelte Logan und ließ mich los. Erleichtert ließ ich mich an der Tür herunter rutschen und setzte mich auf den Boden. Ohne zu zögern, ging Logan vor mir in die Hocke und nahm mich in den Arm. „Scht. Alles ist gut. Ganz ruhig." murmelte er und strich mir beruhigend über den Rücken. Ich versuchte wirklich, nicht zu weinen, aber ein paar einzelne Tränen schafften es trotzdem über meine Wangen.
Logen strich jede einzelne weg und plötzlich klopfte es an der Tür. Verwirrt sahen Logan und ich uns an, aber ich machte mir nicht die Mühe aufzustehen. „Mel? Seit ihr da drin?" fragte dann jedoch Paul auf der anderen Seite und ich sprang sofort auf. Ich machte die Tür einen Spalt auf und sah in das besorgte Gesicht meines besten Freundes. Ich sah ihn an und er kam schnell in die Abstellkammer und schloss die Tür hinter sich wieder. „Was ist passiert?" fragte er Logan und nahm mich sofort in den Arm. „Panikattacke?" sagte Logan, wobei das eher wie eine Frage klang.
Ich vergrub mein Gesicht an Paul's Schulter und er strich mir weiter beruhigend über den Rücken. „Und was hast du angestellt, was eine Panikattacke ausgelöst hat?" zischte Paul und jetzt wurde Logan wieder sauer. „Nichts, was dich angeht. Wir sollten mal lieber über meine Schwester reden! Wie kannst du es wagen sie zu küssen?!" meinte er einen Tick zu laut und zu aggressiv. „Wenn du willst, können wir auch zu Kyle gehen und das mit ihm klären. Schließlich hast du seine kleine Schwester angefasst!" „Schluss!" murmelte ich und legte all meine Wut in dieses einzelne Wort.
Sofort verstummten beide und sahen mich erschrocken an. „Es reicht! Logan, Kati ist alt genug um selbst zu entscheiden, wem sie ihr Herz anvertraut und wem nicht und Paul hör gefälligst auf, mich als Druckmittel zu benutzen!" zischte ich die beiden an und floh dann beleidigt aus der Abstellkammer. Ohne langen Umweg verschwand ich auf dem Mädchenklo. Ich ging direkt zu einem Spiegel und stellte zu meiner großen Erleichterung fest, dass nur Lippenstift und Lidschatten leicht verschmiert waren. Ein hoch auf die Erfinder des Wasserfesten Make-up's! „Hey. Hast du geweint?" fragte da plötzlich eine zarte Stimme hinter mir und ich drehte mich überrascht um.
Vor mir stand ein hübsches Mädchen mit aschblonden Haaren und großen, hellblauen Augen. „Hi. Sieht man das so sehr?" schniefte ich und sah sie genauer an. „Nein, aber nicht jedes Mädchen stürmt so in die Toilette, wie du und starrt sich dann im Spiegel an... naja, von den Schlampen mal abgesehen, aber du bist sicher keine." meinte sie und lächelte mich mit einem freundlichem, echten Lächeln an. „Nein. Wobei ich aber viel mit den Badboys zu tun hab." erklärte ich um zu sehen, was sie wollte. Sie wirkte nicht wie die üblichen Mädchen, die Freundschaft gaukelten, um an meinen Bruder und den anderen heran zu kommen.
„Oh... heißt das dann, dass ich mich lieber von dir fernhalten soll? Heute ist mein erster Tag hier und bis jetzt hat sich noch keiner angeboten, mir alles zu zeigen." meinte die Fremde unsicher und steckte sich eine Strähne hinter's Ohr. „Nein. Es heißt nur, dass ich vorsichtig bin, wenn ich mir Freundinnen suche. Soll ich dich vielleicht etwas herum führen?" bot ich nach kurzem Überlegen an. „Das wäre fantastisch... ähm...?" es war deutlich heraus zu hören, dass sie nach meinen Namen fragte. „Melody Quinn. Und du bist?" sagte ich und verfolgte ihren Gesichtszügen.
Bei meinem Nachnamen rümpfte sie abfällig die Nase. „Layla Jusance. Bist du vielleicht mit diesem Arschloch Kyle Quinn verwandt?" wollte sie wissen. In ihrer Stimme konnte ich nur Verachtung hören. „Oh... " machte ich erstaunt. Ich hatte noch nie ein Mädchen getroffen, dass meinen Bruder so offensichtlich verachtete. „Ja, er ist mein Bruder. Was hat er angestellt?" fragte ich nach kurzem Zögern. Layla schnaubte. „Er hat mich angegraben und als ich ihn abgewiesen hab, hat er mich die ganze Stunde über zum Gespött der Klasse gemacht." fassungslos hörte ich ihr zu und merkte wieder Wut in mir hoch kommen.
Ich sah schnell auf die Uhr auf meinem Handy und stellte erleichtert fest, dass wir noch mehr als genug Zeit hatten. Die Badboys waren also noch in der Cafeteria. „Okay, das müssen wir klären. Lust mit an unseren Tisch zu kommen? Ich mach ihn jetzt zur Schnecke." erklärte ich und schulterte meine Tasche wieder. „Klar. Dann weiß ich auch endlich, wo die Cafeteria ist." grinste Layla und schnappte sich ebenfalls ihre Tasche. „Aber sag lieber noch nichts. Seine Jungs sitzen auch da und ich hab mich eben mit zwei davon gestritten, also wird Kyle erst mal versuchen das zu klären." wies ich sie noch an, dann liefen wir zusammen zur Cafeteria. Layla erzählte mir währenddessen über sich.
Sie war aus New York hierher gezogen und wir fanden heraus, dass sie nur vier Häuser von meinem entfernt wohnte. „Kyle feiert das ganze Wochenende wieder durch. Vielleicht kommst du auch mal vorbei?" schlug ich vor und sie strahlte mich an. Wir kamen in die Cafeteria und plapperten fröhlich weiter, während ich einfach auf den Tisch meines Bruders zu lief. Die anderen waren natürlich schon da und auch Kati saß zwischen ihrem Bruder und Paul. Die Arme, dachte ich noch, dann stand ich direkt hinter meinem Bruder und wartete, bis uns jemand bemerkte.
„Mel! Da bist du ja! Ich hab mir schon Sorgen gemacht, wir... " plapperte meine beste Freundin drauf los und entdeckte dann erst Layla. „Wer ist denn das?" unterbrach sie sich selbst und sah Layla neugierig an. „Das ist Layla. Sie ist eine neue Freundin und hat mir etwas sehr interessantes über meinen lieben Bruder erzählt." sagte ich grinsend und alle Badboys sahen Layla gierig an. Nur meinem Bruder schien das nicht zu passen. „Die lässt euch nicht an die Wäsche." murrte er und sah mich dann böse an.
Ich erwiderte seinen Blick mit einem triumphierenden Grinsen. „Wann bist du so tief gesunken, dass du Mädchen schikanierst?!" zischte ich ihn dann an und er biss sich unbehaglich auf die Unterlippe. „Wir klären das zu hause." brummte er schon fast unverständlich. „Ganz sicher nicht, Fratello!" sagte ich und benutzte extra das italienische Wort für 'Bruder', um meine Wut zu unterstreichen. Es brachte mir zwar einige verwirrte Blicke ein, aber Kyle verstand es natürlich und spannte sich an. „Dann lass uns draußen reden, Sorella!" zischte er zurück und benutzte das Wort für 'Schwester' wohl eher, um mich zu warnen.
Wir lieferten uns ein kleines Blickduell, dann grinste ich ihn breit an und erklärte „Okay. Ich übernachte heute übrigens bei Timo." Es war zwar eine Lüge, aber es wirkte wunder. Mein Bruder wurde blass und starrte mich entsetzt an. „Nein!" sagte er nur und plötzlich sprang Logan auf und lief davon. Verwirrt sah ich ihm hinterher und dann zu Kati. „Ich komm gleich wieder." sagte sie und lief dann mit einem kurzen Lächeln zu Layla hinter ihrem Bruder her. „Und zu wem gehört sie?" fragte meine neue Freundin leise und sah ihr nach. „Der Typ, der gerade abgehauen ist, ist ihr Bruder und das dort drüben ist mein bester Freund, mit dem sie heute Abend ausgeht." erklärte ich.
Layla sah kurz zu Paul und nickte dann. „Melody, wenn du nicht sofort aufhörst, mich zu ignorieren, dann werf ich dich über die Schulter und wir klären das wirklich draußen!" sagte mein Bruder jetzt auf einmal wütend. „Nicht nötig. Ich hab gelogen. Ich wollte nur dein Gesicht dabei sehen. Unbezahlbar." grinste ich ihn an und Layla kicherte hinter mir. „Layla kommt heute Abend vielleicht auch und ich will, dass du nett zu ihr bist, sonst kannst du was erleben." erklärte ich ihm noch, gab ihm einen Kuss auf die Wange und schnappte mir dann Kati's Sachen. Ich würde mit Layla auf sie warten und dann klären, wie das heute Abend abläuft. Schließlich würde ich ihr beim fertig machen helfen.

Ich hatte noch in der Pause mit Kati ausgemacht, dass wir gleich zu ihr fuhren und mit Layla hab ich besprochen, dass sie um neunzehn Uhr, kurz nachdem Kati abgeholt wurde, zu mir kommen sollte. Jetzt stand ich in der Umkleidekabine der Mädchen und zog mich um. Zu meinem Leidwesen hatten wir jetzt Sport und weil unsere Schule es nicht einsah, mehr Lehrer zu bezahlen, hatten wir Mädchen das mit den Jungs zusammen. Ich band mir noch schnell einen Pferdeschwanz und ging dann mit ein paar anderen Mädchen raus auf den Sportplatz. Ja, Sportplatz. Wir mussten draußen Sport machen und es waren gefühlte hundert Grad.
Natürlich waren wir Mädchen da auch so schon nur spärlich bekleidet, aber die Schlampen nutzten die Gelegenheit und liefen nur in Sport-BH und Hotpants herum. Das machte unserem Sportlehrer Herr Jordan zwar überhaupt nichts aus, aber ich hegte sowieso den Verdacht, dass er nach Arsch und Oberweite Noten verteilte. Wirklich widerlich dieser Kerl. Ich fragte mich manchmal echt, wieso die Mädchen sich von ihm 'Hilfestellung' geben ließen. Anscheinend waren ihre Noten sonst nicht so gut. Ich musste über meine eigenen Gedanken lachen und schüttelte sie dann ab, weil die Jungs und unser Lehrer kamen.
Sofort entdeckte ich Logan, der mich ebenfalls ansah. Ich musterte ihn genau und musste zu meinem Leidwesen feststellen, dass er in Sportklamotten echt heiß aussah. Einige Mädchen waren anscheinend derselben Meinung, denn ein Seufzen ging durch die Reihen. Schnaubend wandte ich mich von Logan ab und suchte stattdessen nach Timo. Auch ihn fand ich ziemlich schnell. Er kam direkt auf mich zu und lächelte breit. „Hey Mel." sagte er und setzte sich neben mich auf die Bank, die hier neben den Umkleiden stand. „Hey. Wie geht's denn so?" fragte ich und lächelte zurück.
„Ganz gut. Nur schade, dass du Mittwoch so schnell weg warst." meinte er und ich wusste ganz genau, dass er es nur aus einem Grund bedauerte. Er wollte mich flachlegen, aber zum Glück hatte Paul mich mit Logan weg geschickt. Logan... mein Blick wanderte wie automatisch wieder zu ihm. Er wendete blitzschnell den Blick von mir. Hatte er mich beobachtet? „Ja, sorry. Ich hab wohl zu viel getrunken. Bin gleich wieder da." sagte ich und stand auf. Unauffällig setzte ich mich neben Logan und stupste ihn in die Seite.

Hey meine Lieben,
wie findet ihr das Kapi? Es ist echt schwierig, Mel und Logan zerstritten zu lassen, aber ich hab's geschafft. Ich möchte snowrain_0106 für ihre Verbesserungsvorschläge danken. Ich werde sie aber erst im nächsten Kapitel benutzen, weil ich dieses schon davor geschrieben hab. THX.

Alles liebe eure Ary-Lu ;*

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