∞21 Mami

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Für mich waren alle Kliniken gleich.
Weiss. Unheimlich. Todbringend.
Und Aiden wusste wie sehr ich es hasste, dieses Desinfektionsmittel zu riechen und die vielen Instrumente ansehen zu müssen, die in Schubladen lagen oder bereit auf dem Tisch.
Ein blauer Vorhang der bereits etwas verblichen wirkte; wurde von Miranda zurück gezogen und mir gefror das Blut in den Adern.
Da stand ein Stuhl.
Man konnte ihn gut mit einem dieser super bequemen Stühle beim Zahnarzt vergleichen, nur war dieser noch etwas flacher und neben dem Kopf hing ein Bildschirm.
Daneben stand ein Tischchen aus Metall, darauf standen allerlei Tuben und Flaschen und andere Werkzeuge.
Ich liess mich nie oft berühren, nicht einmal von Leuten wie Miranda, denen ich vertraute.
Und jetzt musste ich sowas über mich ergehen lassen.
Aiden bemerkte meinen Blick und trat etwas näher hinter mich, was mir wortwörtlich den Rücken stärkte.
"Keine Angst Jessica, da musst du nur drauf liegen, weiter nichts."
Freundlich und ermutigend wies sie darauf, während sie sich saubere Handschuhe über streifte und ich jede ihrer Bewegungen genau beobachtete.
Langsam nickte ich, auch wenn es mir vorkam als würde ich an der Luft hier drin ersticken.
Dann setzte ich mich auf das Polster, es war gar nicht so weich wie es ausgesehen hatte, und lehnte mich zurück bis mein Kopf genau schräg unter dem Bildschirm lag.
Langsam stiess ich die Luft aus und meine Augen huschten unruhig über die Anwesenden, während von draussen der Lärm der Strasse an meine Ohren drang.
Es war alles andere als entspannt.
Jede Faser in mir war bereit sofort los zu hechten um mich zu verteidigen.
Und das zweite kleine Leben für das ich Sorge tragen musste.
Vielleicht eine zu grosse Verantwortung für mich.
Miranda trat zu mir und lächelte beruhigend, sie verstand mich, das wusste ich.
Und sie hatte mir im Gefängnis bereits genug vertrauenswürdiges gezeigt, jetzt war sie noch genau dieselbe wie damals.
Sie griff nach meinem Top.
Mir war schon klar was sie tun wollte, aber Aidens Blick schoss sofort hoch, seine Augen verengten sich und er erhob sich leicht vom Stuhl nebenan.
Sofort hob Miranda abwehrend die Hände, sie wusste wohl gut genug wie es hier lief.
"Nicht aufregen, ich muss nur ihr Top anheben, damit ich den Ultraschall machen kann."
Ich linste unauffällig zu Aiden hinüber, irgendwie warteten Miranda und ich auf sein Einverständnis.
Er war nicht ganz überzeugt, nickte dann aber und lehnte sich zurück in den Stuhl.
Miranda setzte ihre Arbeit fort und hob eine übel riechende Taube, die sie über meinen Bauch hielt.
Ich verzog das Gesicht, meine Erinnerungen an solche Momente waren nicht die besten.
Und die Tatsache dass alles um mich weiss war und selbst Miranda so gekleidet war, trieb mir die Panik in die Adern.
Ich brauchte etwas was mir Halt gab, ansonsten würde ich noch völlig die Nerven verlieren und austicken.
Langsam tastete meine Hand nach Aidens und kurz darauf spürte ich seine auf meiner.
Fest und bestärkend.
Sofort fühlte ich mich besser und atmete langsam aus, während Miranda den kalten Gel auf meinen Bauch spritzte.
Nicht sonderlich viel, aber es war so kalt dass ich zusammen zuckte.
Lächerlich, die Freundin des Anführers hatte Angst vor etwas Kälte.
Ich presste die Lippen zusammen und bestrafte mich in Gedanken selbst dafür.
Dann hob sie ein weiss gelbliches Gerät auf, dessen vordere Seite stark gerundet war.
Davor stellte sie noch den Computer an und sofort richtete ich den Blick darauf.
Er blieb schwarz und umrandet von weissen Linien mit Zahlen die ich nicht verstand.
Darauf würde ich bald unser Kind sehen.
Irgendwie beängstigend.
Ich liess Aidens Hand nicht los und kurz schien es so wie früher.
Wenn es nur wieder so werden könnte.
"So, jetzt könnt ihr euer Baby sehen."
Lächelnd begann die lockige Frau mit dem Gerät auf meinem Bauch herum zu fahren und drückte etwas zu, was mir sofort Sorgen bereitete.
Aber natürlich wusste sie was sie tat, ich war zu übervorsichtig.
Mein Blick hing am Bildschirm, die feine Staubschicht verschwand als sich die Fläche in weisse und schwarze Bestandteile auflöste, die sich fortlaufend bewegten.
Ich war mir nicht sicher was zu erkennen war, denn so schnell wie die Formen sich veränderten wurde mir nicht klar, was davon jetzt mein Baby sein sollte.
Verunsichert und etwas ratlos linste ich zu Miranda, die fleissig das Bild studierte.
"Es ist alles da, das Baby sieht kerngesund aus.
Hier sehr ihr die beiden Ärmchen."
Sie deutete auf einen Teil und plötzlich konnte ich es auch sehen.
Es war ein berauschendes Gefühl.
Zum einen dass ich nun wusste dass es dem Baby trotz all den Strapazen gut ging und zum Andern weil ich wirklich winzige, Konturen eines Körpers der noch etwas unförmig war ausmachen konnte.
"Und hier das Köpfchen, es liegt richtig herum, ich sehe da absolut keine Probleme."
Es beruhigte mich sehr, denn ich wusste wie viele vielleicht noch kommen würden, sobald es auf der Welt war.
Dann spürte ich eine Träne in meinem Augenwinkel, so berührend zu sehen was ich da geschaffen hatte.
Zusammen mit Aiden.
Kurz sah ich zu ihm, sein Blick hing etwas abwehrend am Computer, aber ich konnte auch etwas wie Faszination in seinen Augen sehen.
Und das war vor allem das was mich freute.
"Wird es eine Mini Jessica oder ein Baby Aiden?"
Fragte ich dann.
Ich hatte doch keine Ahnung was man wo sah, ich wollte nichts peinliches sagen.
Miranda lächelte.
Aber nicht belehrend sondern einfach so als wäre es das normalste auf der Welt sich zu irren.
"Das kann man jetzt noch nicht sagen, am besten erkennt man es im siebten Monat."
Ich spitzte die Lippen.
"Noch so lange? Wie sollen wir denn dann Namen aussuchen?"
Protestierte ich, auch wenn mir klar war dass das jetzt nichts verändern würde.
Aidens Mundwinkel zuckten und er liess langsam meine Hand los, bevor er sich etwas aufgelöst durchs Haar fuhr.
Miranda lachte laut und tippte dann auf der Tastatur herum.
"Möchtet ihr ein Foto haben?"
Ich öffnete den Mund um zu antworten, aber Aiden war schneller.
"Ja."
Verblüfft sah ich zu ihm und er zuckte die Schultern.
"Ich muss doch etwas zum Angeben mitbringen."
Ich konnte mir ein feines Lächeln nicht verkneifen, also nickte ich.
"Super. Dann solltest du mich so in ein zwei Monaten wieder besuchen, ausser irgendetwas verändert sich zum Schlechten. Ich bin jederzeit erreichbar," Miranda half mir auf und ich putzte meinen Bauch, bevor ich das Top wieder darüber fallen liess.
Während wir zur Türe liefen, hielt sie mich nochmals zurück.
"Und Jessica.
Bitte vermeide so viel Stress wie möglich."
Ich lächelte.
Wenn sie nur wüsste.

Street: Fight or Die *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt