∞4 Der Zug kommt

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Auf der Hälfte des Weges trennten wir uns, Aiden hatte mich überredet heute bei ihm zu schlafen, also umarmte ich kurz die kleine Gang meines Bruders.
Oder besser gesagt umarmte ich Jake, Simon, Kenan und Leon.
Lucas wandte sich schon ab als ich bei Leon war, der gleich neben ihm stand.
Also ignorierte ich ihn einfach, die Nerven für mehr Gedanken über ihn und mich fehlten mir schlicht und einfach.
Sie liefen nach links während wir die dunkle Strasse überquerten und nur die hellen Fussgängerstreifen wurden von den Laternen erleuchtet.
Fabio und Knut hatten beschlossen auch bei uns zu schlafen, während Leonie anstatt zu Jake zu gehen ruhig neben mir lief.
Ich runzelte die Stirn und zog sie etwas nach vorne, während die Jungs hinter uns in angehitzte Gespräche vertieft waren.
Schon vorhin, den gesamten Abend lang, gestartet bei dem Diners, hatte ich gespürt dass sie etwas anders drauf war.
"Was ist los?"
Ich hielt nicht viel von Einleitungen, oder sanftes zugehen bis man endlich das sagte was man eigentlich wissen wollte.
Also kam ich ohne Umschweife zum Thema.
Leonie senkte den Blick und ich sah genau dass sie etwas beschäftigte.
Sonst erzählte sie mir bei jeder Gelegenheit wie glücklich sie war oder wie sie meinen Bruder liebte, während ihre Augen aufleuchteten und sie mal wieder denen von Aiden so ähnelten.
Doch jetzt war nichts von dem ansonstigen Glitzern zu sehen, während sie meinen Blick mied.
"Wie kommst du darauf? Ich bin bloss..."
"Nein, komm mir jetzt nicht mit deiner typischen Ausrede okay?
Ich weiss das etwas nicht stimmt also raus damit!"
Sie seufzte und lehnte sich an mich während wir die letzten Meter zu der Haustüre liefen, und den unebenen Steinplatten auswichen.
Dann hielte wir vor der verschlossenen Tür, und ich knipste die schwach brennende Lampe, bedeckt mit Spinnweben, über ihr an, sodass das schummrige Licht ihre markanten Wangenknochen eingefallen wirkten.
Ich blickte zurück zu den Jungs, die noch weit entfernt ware und deren Silouetten sich in der Dunkelheit bloss langsam vorwärts bewegten.
Mein Blick schweifte über den Garten und das leicht plätschernde Wasser des Pools dass immer wieder an den Rand schwappte.
"Okay, wir... Wir haben uns gestritten als du und Aiden weg wart.
Nicht diese kleinen Streitereien, sondern richtig gezofft.
Er hatte mich mit einem Kumpel von Aiden gesehen und völlig falsche Schlüsse gezogen.
Es gab eine Schlägerei und als ich ihn anschrie er solle aufhören, da hat er...geschrien dass er sich eigentlich nicht um ein Mädchen prügeln sollte, dass mit jedem in die Kiste hüpfte."
Gegen ende ihrer Schilderung wurde ihre Stimme immer gebrechlicher und begann zu zittern.
Dann begann sie leise zu schluchzen und ich umarmte sie erschrocken.
Ich strich ihr beruhigend übers Haar und flüsterte.
"Aber wieso hast du mir das nicht gesagt?"
"Ich... Du und Aiden seid endlich so glücklich und ich wollte dir das nicht zerstören.
Und bitte sag es meinem Bruder nicht okay, er würde bloss ausrasten und alles schlimmer machen, auch wenn er es bloss gut meint."
Sie schniefte leise und löste sich traurig lächelnd von mir.
"Ich rede mal mit Jake okay? Ich kann mir das von ihm gar nicht vorstellen, er schwärmte doch bei jeder Gelegenheit von dir."
Murmle ich und half meiner besten Freundin schnell ihre Wimperntusche notdürftig weg zu wischen, sodass sie wieder gut und nicht völlig verheult aussah, als die Jungs ankamen und die Tür aufschlossen.
So etwas hatte ich Jake nicht zugetraut.
Bloss bei Menschen die ihm sehr viel bedeuteten, konnte er so ausbrechen.
Und das hatte er jetzt getan, was ich nicht in Ordnung fand.
Als ich neben ihr die Treppe rauf lief, fragte ich ob ich noch bei ihr bleiben sollte, so eine Art Mädelsabend, aber sie winkte ab.
"Es ist wohl einfach das Beste wenn ich jetzt schlafen gehe."
Ich nicke leicht und umarme sie nochmal fest.
"Komm einfach zu mir okay? Dann schubs ich wenns sein muss sogar meinen Lieblings Teddy zur Seite."
ich grinste leicht, auch wenn ich wusste dass ihr dazu gar nicht zu Mute war.
Ich mochte es nicht, so hilflos zu sein, ich hatte es noch nie gemocht.
Es war etwas von dem wenigen, was mir unmöglich schien.
Jemand anderem Gefühle zu geben oder zu nehmen.
Das konnte man bloss selbst.
Sie nickte ebenfalls und verschwand dann in ihrem Zimmer, während ich auf die anderen wartete.
Dabei lehnte ich mich an die Kühle Wand des Ganges und atmete tief durch, das würde kein einfaches Unterfangen werden, und wir alle wussten das.
Aber auch wenn ich lieber darauf verzichtet hätte, würden wir es nicht tun, waren wir nicht die Black Angels, dann wären wir keine berüchtigte Mafia und wären nicht einmal in der Lage unsere Gefangenen Mitglieder zu befreien.
Als ich die Schritte von der drei Jungs hörte wandte ich meinen starren Blick von der Decke ab und nahm die Typen ins Visier, die sich nun alle drei vor mir aufbauten.
Eigentlich standen sie bloss normal hin, und standen dabei gar nicht so gerade, aber da ich je einen guten Kopf kleiner war als sie, kam es mir wohl so vor.
Ich war zwar nicht klein, aber auch nicht die Grösste, was mir eigentlich noch nie Gedanken bereitet hatte.
Aber wie es schien versuchte ich an alles mögliche zu denken um mich vor den Dingen zu verstecken, die direkt vor meiner Nase spielten und die ich am liebsten zerschlagen hätte.
Jede von diesen bescheuerten Gang Aufträgen, ich wusste das ich dieses Leben gewählt hatte, aber manchmal, und jetzt war eine solche Situation, wünschte ich mir einfach wieder mein altes Leben zurück.
"Knut, Fabio, ihr wisst ja wo die Gäste Zimmer sind."
Aiden wies kurz den Gang hinunter und die beiden nickten.
"Geht klar."
zufrieden nickte mir Knut zu und Fabio wünschte mir gute Nacht.
Ich allerdings war viel zu sehr mit dem Dritten der kleinen Bande beschäftigt.
Aiden war mit einem unwiderstehlichen Lächeln näher getreten und fuhr mir mit den Fingerspitzen leicht über die Hüfte.
Dabei trat er immer näher und näher, was mich immer mehr in seinen Smaragdgrünen Augen versinken liess.
Diese ganze Prozedur raubte mir jegliche Hirnaktivitäten und ich konnte bloss ein schwaches, und nicht sehr überzeugendes, "nacht", zustande bringen.
Aiden grinste siegessicher und Fabio schüttelte leicht lachend den Kopf und klopfte seinem Kumpel auf die Schulter, der mich aber keine Sekunde aus den Augen liess.
Als ich das Zuschlagen der Tür hörte, wurde mein Hirn wieder angekurbelt und ich sah von den Augen meines Freundes weg, was allerdings zur Folge hatte dass ich jetzt seine muskulöse Brust direkt im Blickfeld hatte.
Da war es echt, ich betone, echt schwer noch bei Verstand zu bleiben.
"Was denkst du, wo sollen wir üben und vor allem wer wird als Freiwilliger ausgewählt? Ich meine..."
Begann ich wurde aber von Aiden gestoppt der kurz das Gesicht verzog und abwinkte.
"Nicht jetzt, das kann uns Morgen kümmern, aber nicht jetzt."
"Na gut."
unbehaglich wippte ich vor und zurück.
Wahrscheinlich war es blöd, mich so zu verhalten als würde ich ihn zum ersten Mal sehen, wenn er doch mein Freund war.
Aber irgendwie erschien es mir nicht richtig, dass Leonie solche Sorgen hatte und ich hier mit ihrem Bruder rum machte.
"Ich...Ich geh dann mal schlafen, war ein langer Tag und ja..Gute Nacht."
Nuschelte ich und drehte mich um um mit leicht geröteten Wangen zu meinem Zimmer zu hetzten, wurde aber von Aiden am Handgelenkt zurück gezogen.
"Warte Mal, du schläfst bei mir, keine Wiederrede."
Sein Grinsen war schelmisch und wirkte schon fast verspielt, was für den ansonsten ernsten Jungen ungewöhnlich war.
"Oh."
war alles was ich herausbrachte und bei allem Mitgefühl für Leone, schaffte ich nicht das Kribbeln das durch seine Berührung meine Arm hinaufraste zu unterdrücken.
"Mmm."
Leise murmelte Aiden einige Worte und drängte mich dann rückwärts in sein Zimmer, während mir sein Duft in die Nase stieg und den zweiten Hirn Aussetzer verursachte.
Ich zog ihn die letzten Zentimeter zu mir und legte meine Lippen hungrig auf seine.
"Na endlich."
Murmelte er und legte seine grosse Hand an meine schmale Taille und stiess blindlings die Tür hinter uns zu.
Es war verrückt, alles was wir gerade erfahren hatten, das Gefühlschaos und all die Infos veranlassten mich nicht dazu, auf zu hören.
Sie spornten mich sogar an, ich wollte nicht an sie denken.
Ohne Eile streifte er mir das Oberteil vom Leib und warf es auf den leeren Schreibtisch.
Dann zog er sich schnell auch seines aus und hob mich dann hoch um mich weich auf das federnde Bett zu werfen.
Ich kicherte und rutschte zurück, bis ich das weiche Kopfkissen unter meinem nackten Rücken spüren konnte.
Aiden zog sich schnell die Jeans aus und auch ich streifte meine enge Hose ab, nur noch in Unterwäsche lag ich da, und genoss den weichen Stoff seines Bettes.
Er stand bloss am Fussende und beobachtete mich, während sich meine Wangen wieder rötlich färbten.
"Was ist denn."
murmelte ich, aber liess die gesprochenen Worte wenig nach einer Frage klingen, vielmehr war ich an seine Augen gefesselt, die meine Körper hinab wanderten und dabei eine Gänsehaut verursachten.
"Davon bekomm ich nie genug."
Aiden schüttelte wohl verblüfft über sich selbst den Kopf und warf sich dann neben mich, sodass ich leicht in die Luft gehoben wurde und direkt auf ihn drauf plumpste, was er mit einem leisen "Uuff", kommentierte.
Eigentlich hätte ich wohl lachen sollen und seinen Oberkörper so lange ich konnte auf und ab fahren, ihm küssen oder wenigstens zu ihm unter die Decke schlüpfen.
Aber das tat ich nicht.
Wieso auch immer.
In mir machte es einfach "Klick" und meine Ganzen Gefühle wurden umgekrempelt.
Es war wegen all den Dingen, die ich heute Erlebt hatte.
Wieso sie allerdings ausbrachen, wenn ich es bis jetzt immer geschafft hatte, wusste ich auch nicht.
Vielleicht war Dylans Auftauchen der Auslöser gewesen, wieso ich plötzlich alles raus liess.
Bald schon spürte ich die erste Träne auf der Wange, und leise Schluchzer kamen mir über die Lippen.
Während ich noch nicht einmal wusste wieso, weinte ich.

Street: Fight or Die *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt