∞3 Ein altbekannter Feind

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Er hatte eine blaue Uniform an, das schwarze Funkgerät war an seiner Schulter befestigt und mit einem Kabel irgendwo an seinem Rücken angemacht. Sie glänzte im Licht der Taschenlampen und funkelte neu. Allein bei ihrem Anblick wurde mir schlecht. Niemals wieder hatte ich gedacht ihn sehen zu müssen. Erst recht nicht in diesem Aufzug.
Er trug seine Polizeimarke und sah uns kalt an.
In der Hand hielt er eine Pistole die er auf mich gerichtet hielt.
Ironisch, wenn man bedachte dass wir schonmal an dem Punkt gewesen war.
Die andere Hand hielt den Griff einer Krücke umschlossen, ich bemerkte dass er bloss sein eines Bein bewegte, das andere stand starr und völlig gerade da.
Sein Kiefer war etwas schief und er stand gebückter da, als hätte ihn der Sturz fürs Leben gekennzeichnet.
Das hatte er auch, bloss hatten wir gedacht er sei tot.
wir hatten das Netz ja gesehen, aber niemand hatte erwartet dass er das überleben würde.
Dylan.
Aiden schob sich unmerklich vor mich um mich aus der Schusslinie zu bringen und starrte Dylan dabei feindselig an.
Ich wusste dass er genauso geschockt war unseren Erzfeind zu sehen wie ich, nur lies er sich nichts anmerken, während mir der Schock ins Gesicht geschrieben stand.
"Jessy..."
Sagte Dylan nur, sein Blick haftete an mir und Ekel kam in mir auf.
"Dylan."
Ich sprach seinen Namen verächtlich aus, er sollte sehen wie sehr ich ihn hasste und er sollte darunter leiden.
"Aiden. Jetzt wo wir uns alle vorgestellt haben kannst du ja wieder Leine ziehen, oder reicht dir eine tracht Prügel nicht?"
Knurrte Aiden den Polizisten förmlich an und hatte das Gesicht zu einem Lächeln verzogen.
Doch es war keins von seinen charmanten und verführerischen Lächeln denen ich so schlecht widerstehen konnte.
Oh nein, es war absolut tödlich und kalt.
So wie er nur dann war, wenn er die Person ohne zu zögern Töten würde.
Und bei Dylan würde es mir nicht einmal leid tun.
Nicht eine Sekunde.
Bei uns im Untergrund galten nicht viele Gestze.
Die grössten waren wohl diese dass man sich an die Rangordnung zu halten hatte und an die wenigen Gesetze der Strasse.
Aber etwas gab es noch.
Loyalität.
Sie war das Wichtigste was man hier unten neben seiner Familie besass, denn nur so konnten so viele Menschen wie wir es waren, zusammen halten ohne sich gegenseitig nach einiger Zeit an die Kehle zu gehen.
Loyalitäts Bruch war unverzeihlich, und Dylan hatte genau das Getan. Nur noch viel schlimmer als wenn er nur die Gang gewechselt hätte.
Dylan hatte sich uns angeschlossen, nachdem er mir das Leben auf der Flucht vor einigen Bullengerettet, und sich so einen Platz in der Gang ergattert hatte.
Ich hatte damals nicht gesehen was für ein fauler Trick er angewandt hatte.
Meine Rettung zu imszenieren um sich Jakes und Aidens Vertrauen zu sichern.
Dann war er mitschuldig an dem Tod eines guten Freundes Markus und hatte die Aufgabe mich an die Bullen auszuliefern, sodass das Bündnis der Black Angels, das durch mich als Anker befestigt wurde zu brechen, und jede Gang einzeln zu erwischen.
Die Geschichte mit dem Anker war etwas komplizierter. Aber durch mich hatten wir unsere beiden Gangs einfach zu einer gemacht, einer stärkeren.
Und deshalb hatte ich auch abwechselnd bei Jake und Aiden und Leonie gelebt.
Als Zeichen dass keiner mir etwas tat um so dem
Bündnis nicht zu schaden.
Ich bezweifelte zwar dass man mich jetzt noch brauchte, die Gang war zu einer Familie zusammen gewachsen und es gab keine Grenzen mehr, sie waren längst verwischt.
Und dann war Dylan gekommen.
Doch durch Zufall hatten wir ihn erwischt und die Anderen waren drum und daran, ihn umzubringen.
Doch dann kam seine Verstärkung und es war zu einem aussergewöhnlichen Kampf in grosser Höhe gekommen, bei dem wir beide abgestürzt waren.
Allein beim Gedanke schauderte ich wieder.
Wie ich damals gefallen war, wie alles in mir gewusst  hatte dass es nun vorbei war.
Ich wurde von Aiden jedoch fest gehalten und baumelte am Rande der Plattform.
Dort musste ich auch eine Entscheidung treffen.
Dylan hing an meinem Fuss, ein Freund der ein Verräter geworden war.
Ich hatte ihn abgeschüttelt und er war gefallen.
Und ich musste bis jetzt mit dem Wissen leben dass ich über ihn entschieden hatte wie es eigentlich nur Gott dürfte. Oder wer das auch immer war der da oben sass.
Und jetzt war er wieder da.
Liess alle Erinnerungen aufflammen und mich fragen wieso um alles in der Welt er wieder in diesen Beruf eingestiegen war.
Wo es ihm dich offensichtlich nicht gut ging.
All diese Gedanken schossen mir durch den Kopf, nachdem Auden ihm gedroht hatte, noch eine Prügel zu bekommen.
"Oh es war bei weitem sehr unangenehm, doch deine Freundin hatte ja was für mich übrig, nicht?"
Aiden machte einen Schritt auf ihn zu, jedoch blieb er mit mahlendem Kiefer stehen als Dylan ihm die Waffe an den Brustkorb hielt.
Ich hatte Angst.
Nicht weil er hier war.
Sondern weil er Aiden bedrohte, und er war in der Lage abzudrücken.
Das wussten wir alle drei.
Er hätte es damals getan und würde es wieder tun.
Und Aiden war viel zu wütend und kalt als dass er zurück getreten wäre.
Er blieb genau an der Stelle stehen, während ich vergebens versuchte ihn zurück zu ziehen.
"Aber ich habe einen Vorschlag für euch, und da ihr mir eh nicht zuhört, biete ich euch einen Deal an.
Ich vergesse was ich hier gesehen habe, wenn ihr mit die Zeit lasst, ohne mich zu bedrohen, um euch etwas dringendes mit zu teilen.
Deal?"
Aiden sah kurz zu mir, und im Moment hätte ich Dylan sogar angebettelt, wenn er endlich die Waffe von Aiden weg nahm.
Wenn es um Aiden ging hatte ich einfach keine Kontrolle mehr über mich. Ich konnte es nicht ertragen Angst um ihn zu haben, das musste ich viel zu oft schon aushalten.
Und jetzt hatte ich ausnahmsweise mal die Möglichkeit ihn da raus zu holen.
Denn ein Nein hätte Dylan dazu veranlasst abzudrücken.
Ich sah die Lust dazu sogar in seinen Matten Augen, die ich gehofft hatte nie wieder sehen zu müssen.
Bevor Auden etwas sagen konnte war mir schon der Satz aus dem Mund gerutscht.
"Deal, und jetzt nimm die Waffe weg!"
Dylan grinste siegessicher und steckte die Waffe zurück in den Gürtel.
Er wusste dass wir uns an Deals hielten.
Leider. Eine der wenigen Prioritäten die es gab.
Eine Art Sicherheit und Ehrenkodex.
In der Zeit bei uns hatte Dylan ja prächtig gelernt.
"Nungut", er beachtete Aiden nicht der seine Fäuste geballt hatte und sah direkt zu mir.
Wahrscheinlich war er der Ansicht dass ich weniger gefährlich als mein rasender Freund war.
Bei Aidens tödlicher Wut war das auch nicht die schlechteste Idee, vor allem weil er sich sehr bemühte mich nicht auch finster und vorwurfsvoll anzusehen.
Doch er konnte sich auch irren, wenn er was falsches machte war ich gern bereit den Deal zu brechen.
Nochmals würde er nicht überleben.
"Nur zur Absicherung, ich komme im Namen der Regierung. Ich soll euch eine Nachricht überbringen, und sie würden es bestimmt nicht gerne sehen wenn ihr den Boten einfach umbringen würde, nicht?"
Er schien wohl in unseren Augen gelesen zu haben. Ich verzog die Lippen und spannte mich an.
Seit wann kam die Regierung mit etwas wichtigem zu einem einfachen Agenten wie Dylan?
Aber bei dem Wort allein hatte er mich schon im Sack, die Regierung war so ziemlich das Einzige was wir im Moment zu fürchten hatten.
Der Ewige Gegner von allen im
Untergrund.
Selbst den Kleinkindern war sie bekannt, als schreckliches Monster.
"Ich bin ein Krüppel, der Dienst hat mich aus geschlossen, mein Leben ist zerstört und ich kann nicht einmal selbstständig laufen, alles wegen euch.
Das ist eine Chance für mich, und ich werde alles tun, um sie zu nutzen."
Er schwenkt die Krücke und betrachtete sein Bein nachdenklich, welches er mit einem Krächzen vor schob.
Ob er Mitleid wollte oder sich aussprechen musste bezweifelte ich.
Normalerweise hätte es mir auch leid getan, einen Menschen so gebrochen zu sehen.
Doch nicht ihm, bei ihm erreichte es bloss meine Kalte Hülle, es perlte von mir ab.
Nein, viel eher wollte er klar stellen, dass viel davon aus ging, und er nicht zögern würde zu schiessen.
"Ich würde euch auch lieber gleich erschiessen für alles was ihr mir angetan habt...aber mein Job ist mir wichtiger."
Seine Augen zeigten die Wahrheit, er war schon immer ein Speichellecker gewesen und genau diese Sorte von Mensch verabscheute ich so krass.
"Es ist sehr wichtig und ich soll euch alle Datails jetzt erklären."
Ich forderte ihn mit einem Nicken auf zu sprechen.
Noch immer konnte ich es nicht glauben dass er wirklich hier stand, vor uns und uns Forderungen entgegen brachte.
Er. Uns. Eigentlich hätten wir ihn schon längst aus dem Reich der Lebenden befördern sollen.
Nicht nur aus Hass sondern auch aus Vorsicht der Gang gegenüber.
Er wusste einiges seit seiner Zeit bei uns und ich bezweifelte nicht dass er alles bereitwillig erzählte.
Doch es war so, wir wurden ihn nicht los, wie eine Klette des Verderbens hing er an uns, verfolgte uns durch Tod und Leben.
"Eine horde von Teenagern mit reichen Eltern wurden von einer Bande gefangen genommen, und sie fordern nun Lösegeld.
Eine Leiche ist schon zurückgekommen, da die Eltern, auf Rat der Regierung, noch nicht bezahlt hatten."
Aiden grinste, doch sein Blick war kalt.
"Dumme Regierung, sie hätten ihnen geben sollen was sie wollten.
Und nun wissen sie nicht mehr weiter."
Er neigte den Kopf, Wut war aus seinen Augen heraus zu lesen, als Dylan demonstrativ die Waffe schlenkerte. Machtdemonstration. Aiden war noch nie der Typ gewesen der sich gerne Unterworfen sah.
Er war mir ähnlich, auch er schien es mehr als normale Menschen zu hassen, jemandem zu zu hören, den Man hasste und der in aller Ruhe weiter redete.
Es juckte mich in den Fingern ihn und seine schleimige ruhige Stimme zum Schweigen zu bringen.
Doch stattdessen griff ich an Aidens Arm, wodurch er sich etwas entspannte.
Dylan warf und noch einmal einen missachtenden Blick zu, bevor er weiter fuhr.
"Und deshalb wollen sie euch anheuern, um die Jugendlichen zu befreien.
Gleichzeitig ist es auch eine Gelegenheit, die Reds, so nennen sie sich zu besiegen und eure Gefangenen Mitglieder wieder frei zu kriegen, die in einem gut gesichertem Bundes Gefängnis sitzen."
Ich reagierte erst einmal nicht.
"Was ist aus dem "wir verhandeln nicht mit Terroristen" geworden?
Wer sagt uns dass es keine Falle ist?"
Skeptisch beäugte Aiden den Bullen und ich überlegte woher ich den Namen bloss kannte.
Und dann fiel der Groschen.
Es waren die neuen vom Autorennen und sie hatten bestimmt vor, etwas grosses zu machen, da war es uns sehr hilfreich, so eine Gelegenheit zu bekommen.
Denn so konnten wir sie in ihre Schranken weisen.
Das sah auch Aiden ein.
Und zudem noch Gang Angehörige zurück zu bekommen waren zwei grosse Schritte die uns halfen.
Aber die Regierung half niemals freiwillig.
Blieb also noch der Gedanke an die mögliche Falle.
Denn welche Regierung würde schon Terroristen auf freien Fuss setzten?
Einfach so Mitglieder von einer gefährlichen Gang raus zu lassen?
Das war nicht wirklich glaubwürdig, auch wenn es durchaus gut wäre.
"Glaubt mir, sie greifen erst jetzt als letztes Mittel auf euch zurück.
Die Eltern machen so viel Druck sodass ihr nun doch eine Gegenleistung für euer tun bekommt."
Also das klang doch ziemlich merkwürdig.
Aber es hatte zwei Vorteile für uns und Aiden schien meine Gedanken gelesen zu haben.
Wenn wir annahmen, konnten wir zwei Fliegen mit einem Schlag fangen, vor allem da wir es unseren Mitgliedern schuldeten, sie raus zu holen.
Und wie waren ohnehin stark, wir konnten uns auf Fallen vorbereiten wenn wir wussten dass es eine geben würde. Dann waren wir eben besser als sie.
"Gut, was müssen wir tun?"
Aiden hob den Kopf und ein Lächeln breitete sich auf Dylans unproportioniertem Gesicht aus.
Das Lächeln welches ganz genau zeigte dass mehr dahinter steckte.
Nur gut dass wir auch so unsere Mittel hatten.
"Das erfahrt ihr gleich.
Aber vor allem, brecht den Deal nicht, das würde für euch nicht gut gehen."

Street: Fight or Die *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt