Kapitel 9

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Nachdem Marc und ich die restliche Zeit zusammen im Park verbracht haben, fuhr er mich schließlich nach Hause. Eigentlich wäre ich zu Fuß gegangen, weil ich gerne spazierte und so über paar Sachen nachdenken konnte, aber ich kannte mich hier in Bristol Null aus und hätte keinen blassen Schimmer, wie ich dann nach Hause kommen sollte. Deshalb ließ ich mich von Marc nach Hause fahren. Das war echt nett von ihm!

Als wir uns verabschiedeten, fuhr er sofort weiter und ich stolzierte rüber zur Haustür, doch stand ich erst davor, bemerkte ich, dass ich gar keinen Hausschlüssel zu diesem Haus hatte. Deswegen klingelte ich Sturm bis mein Vater mir die Tür aufmachen sollte, aber er machte nicht auf. Ich klingelte etwa schon drei Minuten lang, ohne nur einmal den Finger von der Klingel zu nehmen, aber nichts passierte. Na klasse! Nun war ich ausgesperrt!

Ich ließ mich auf die Stufen vor der Haustür fallen und schaute auf meinem Handy, wie spät es war. Viertel vor acht. Wo war denn mein Dad? Denkt hier eigentlich keiner mal für einen kurzen Moment an mich? Meine Mutter war so egoistisch und mein Vater ebenfalls!

Jetzt musste ich hier solange warten bis er wieder zurück kam, aber wo war er überhaupt? War ihm gar nicht bewusst und sprach zu sich selbst, Hey! Grace ist nicht zu Hause und hat auch kein Schlüssel zu diesem Haus. Am besten bleib' ich hier und warte auf sie bis sie kommt? Wie meine Mutter eben! Wenn beide Elternteile so egoistisch waren, war ich das gleich auch? Ach! Interessiert mich jetzt sowieso nicht! So oder so stand ich als Böse im Rampenlicht ...

Seufzend saß ich nun da und langweilte mich zu Tode. Was, wenn mein Vater erst spät nach Hause kommt? Am besten rufe ich ihn mal an.

Ich zückte mein Handy aus meiner Hosentasche und klingelte ihn an. Was für eine Überraschung! Er ging nicht dran! Kurz stöhnte ich auf und wurde allmählich sauer. Ich stand auf und musste nach einer Lösung suchen. Ich versuchte es mal von hinten irgendwie herein zu kommen. Ich versuchte um das Haus herum, durch die Gartentür zu gehen, die aber abgeschlossen war. Das hielt mich aber keineswegs auf und ich kletterte einfach über das Gartentor. Als ich abgesprungen bin, befand ich mich im Garten und sah mich um.

Gehörte der Garten tatsächlich meinem Vater? Alles hier im Garten war so schön. Das brachte mich aus der Fassung! Jede Pflanze hatte ihre eigene Farbe und sah auf jeder eigenen Art besonders aus. Abgesehen von den Pflanzen hier, die mich an das Paradies erinnerten, stand ein großer Steinbrunnen mitten im Garten. In dem Brunnen befand sich eine Statue und daraus kam Wasser. Nein warte! Das ganze erinnerte mich eher an einen Wasserfall! Woah! Unfassbar! Mein Vater besaß sein eigenen Mini-Wasserfall!

Als ich daran vorbei schaute, sah ich eine Hollywoodschaukel. Paar Meter weiter, erkannte ich ein Pavillon. Unter diesem befand sich ein großer Tisch mit vielen Stühlen rundherum. Gartenmöbel. Um mehr hier im Garten forschen zu können, machte ich mehrere Schritte auf die Hollywoodschaukel zu und setzte mich drauf. Von da aus sah ich mich begeistert um und blieb mit beiden Augen bei zwei Bäumen stehen. Zwischen den Bäumen wurde eine große Hängematte befestigt.

Nachdem ganzen Staunen erinnerte ich mich wieder, wieso ich hier war. Ich musste irgendwie ins Haus rein kommen. Ich sprang von der coolen Schaukel und lief nach vorne zur Gartentür, welche ins Haus rein führte. Das war eine Schiebetür und als ich an etwas griff, womit man die Tür zur Seite schieben konnte, bewegte er sich nicht. Ich versuchte es nochmal.

Zwecklos! Sie war verriegelt! Okay, Grace! Dreh' jetzt bloß nicht durch! Dad kommt schon irgendwann nach Hause und dann kannst du deine ganze Wut bei ihm auslassen.

Diesmal legte ich mich vorsichtig auf die Hängematte und spielte mit meinem Handy herum und hörte Musik dazu. Leise summte ich mit, als der Song #thatPOWER lief. Ich musste zugeben, Justin Bieber war nicht mein Lieblingssänger und es lag nicht an ihm, sondern an der Musikrichtung. Ich stand nicht wirklich auf Pop oder R n' B, doch diesen Song von Will.i.am feat. Justin Bieber mochte ich. Gleichzeitig surfte ich im Internet und aus Langeweile erkundigte ich die Stadt Bristol. Als ich nach schaute, was für Schulen hier es gab, musste ich mehrmals schlucken. Wehe mein Vater steckt mich auf eine Mädchenschule! Ich bringe ihn sonst um! Auf jeden fall müsste ich eine Uniform in der Schule tragen. Ich fand noch keine Schule hier in Bristol, wo man keine Schuluniform tragen musste. Mist!

Es verging schon eine Stunde und mein bescheuerter Vater war immer noch nicht da. Es war schon neun Uhr abends. Will der mich verarschen?! Noch immer schien die Sonne, aber ich wusste, dass sie nicht mehr so lange dort oben im Himmel bleiben würde. Ich hatte jetzt keine Angst vor der Dunkelheit, nur die Kälte machte mir sorgen. Ob es heute Nacht sehr kalt sein würde? Hoffentlich nicht! Ich schwöre, wenn erstmal mein Dad nach Hause gekommen ist, ist er tot! In mir kochte Wut! Nicht mal ein Tag war ich hier und schon hatte er keine Lust auf mich! Was sollte die scheiße?! Ich will jetzt 18 sein!

Im nächsten Moment verblasste die Wut in mir und ich war einfach nur noch fertig. Ich ließ mein gesamten Körper von der Hängematte tragen und versuchte mich weiterhin zu entspannen. Es fühlte sich echt schön an und ich schlief irgendwann dann auch ein.

~~~

Durch die Sonne, die genau auf mein Gesicht strahlte, wachte ich quälend auf. Mit zugekniffen Augen versuchte ich aus der Hängematte runter zu kommen, aber irgendwie klappte es nicht. Als ich wieder versuchte aufzustehen, drehte sich einmal die Hängematte und ich knallte mit voller Wucht auf dem Gras auf. Mit dem Gesicht im Gras lag ich so da und hielt die Augen immer noch zu. So unbequem war es auf der Wiese gar nicht, aber es roch so eigenartig. Nachdem ich beschlossen hatte, aufzustehen, fragte ich mich zuerst, wieso ich hier im Garten war. Ach ja! Ich wurde ausgesperrt! Nun musste mein Vater doch wieder da sein, oder?

Ich schlenderte rüber zur Gartentür und schaute durch die Scheibe ins Wohnzimmer hinein. Mein Vater war aber nicht zu sehen. Okay. Dann musste ich es eben nochmal von vorne versuchen. Ich kletterte wieder über das Gartentor und kam vorne an der Haustür an. Ich klingelte mehrmals und dann ging die Tür auf. Als ich mit meinem Vater gerechnet hatte, machte aber eine schmale, große, blonde Frau mir die Tür auf und musterte mich schräg. Ich musterte sie von oben bis unten und bemerkte, dass sie kaum etwas anhatte, außer das Hemd, was gestern mein Vater trug. Ist er etwa gestern Abend ausgegangen? Und war das seine Freundin?

Dark HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt