Kapitel 10

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„Wer bist du denn?", fragte die Frau und zwar ganz und gar nicht freundlich.

Ich hob eine Augenbraue und sah sie desinteressiert an. Statt ihr zu Antworten, lief ich an ihr vorbei ins Haus und stieg die Treppen hoch. Ich sah noch wie diese Frau mich empört nach schaute und mir schließlich nach oben folgte. Wieder fragte sie, wer ich sei und diesmal auch, was ich hier wolle. Sie lief dicht hinter mir her und als ich dann mein Zimmer betreten wollte, packte sie mich am Handgelenk und zog mich zurück

„Das geht dich gar nichts an!", brüllte ich ihr ins Gesicht, woraufhin sie langsam meine Hand los liess. Ich knallte ihr meine Zimmertür vor der Nase zu und verriegelte sie. Das einzige was ich danach noch hörte, war, wie eine Tür von der Diele aufging und dann eine männliche Stimme.

Mein Vater fragte dieser Frau, was los sei und sie regte sich nur auf. Sie sollte echt mal ein Gang runter schalten. Was hat sie denn für ein Problem? Ich wohnte vielleicht hier und es geht mir am Arsch vorbei, ob sie das wusste oder nicht. Ich hörte, wie die Frau zu meinem Dad „deine Tochter ist so unerzogen", sagte.

Oh! Es tut mir ja so leid! Wenn die Olle mal selber ausgesperrt ist und draußen schlafen muss, dabei keiner an sie denkt, und sie trotzdem danach normal bleiben kann, dann reden wir weiter! Sie weiß doch gar nichts über mich! Okay, ich auch nichts über sie.

Mein Vater versuchte sie zu beruhigen, aber sie hatte anscheinend kein Bock mehr. Zuletzt hörte ich eine Tür zu fallen. Miss Blondi hatte wohl ihre Tage! Bei diesem Gedanke musste ich innerlich lachen, doch das verging, als jemand an meiner Tür klopfte.

„Grace", hörte ich meinen Vater sagen. Er klang ruhig.

Als er versuchte in mein Zimmer rein zu kommen, drückte er die Türklinke herunter, aber die Tür ließ sich nicht öffnen.

„Grace. Bitte mach die Tür auf", sagte er seufzend.

Ich stand mitten im Raum und starrte zur Tür rüber. Dabei bewegte ich mich nicht von der Stelle, aber rief dann:„Diese Olle soll sich erst verpissen!"

„Ihr Name ist Jennifer", ertönte es von der anderen Seite der Tür. Jennifer, Pfeffer! Wie auch immer! Was interessierte mich das überhaupt?

Schließlich stampfte ich zur Tür rüber und schloss sie auf. Als ich sie öffnete, schaute ich auf die Brust meines Vaters. Er war sehr groß, bemerkte ich soeben und sah zu ihm auf. Ebenfalls trug er keine Alltagsklamotten, sondern ein weißes Shirt mit einer hellblauen Boxershort. Er sah zu mir runter und legte ein ernstes Gesicht auf.

„Du und meine ach so tolle Mutter seid solche Egoisten! Ihr widert mich an!", zischte ich und sah ihn mit wütenden Augen an.

„Was hab ich denn gemacht?", sagte er wie ein kleiner Junge. Echt! Wenn er nicht mein Vater wäre und so groß wäre, hätte ich ihm eine gescheuert. Er fragte noch!

„Ich war ausgesperrt! Die ganze Nacht habe ich im Garten geschlafen und als ich nach Hause kam, macht diese Schlampe mir unfreundlich die Tür auf!", brüllte ich so laut ich konnte und fuchtelte die ganze Zeit mit den Händen herum. Bevor mein Vater etwas sagen konnte, schrie ich ihn weiterhin an. „Wo warst du außerdem?! Hast diese dumme Kuh hier her geschleppt und was auch immer mit ihr gemacht! Hast du da mal nur eine Sekunde an mich gedacht! Hast du dich gar nicht gefragt, wo ich war?!"

Er war kein Stück besser als meine Mutter. Er schwieg. Noch immer stand er vor mir und sah mir ins Gesicht. Wie konnte er sich das noch trauen?

Angewidert musterte ich ihn und wollte ihn nicht mehr sehen. Als ich ein Schritt nach hinten machte, um meine Zimmertür zu schließen, hielt mich mein Dad auf, indem er ein Fuß gegen die Tür stellte. Ich sah auf sein Fuß und dann wieder in sein Gesicht.

„Geh zur Schule, Grace", sagte er im leisen Ton ohne mir dabei ins Gesicht zu sehen.

„Und auf welche Schule soll ich deiner Meinung nach gehen?", fragte ich zickig und verdrehte die Augen.

„Ich habe schon eine gefunden. Ich fahre dich jetzt dahin und melde dich dort an", meinte er und zog sein Fuß von der Tür weg und trat ein Schritt zurück. Diesmal sah er mir wieder ins Gesicht und meinte, bevor er in sein Schlafzimmer ging, dass ich mir was anderes anziehen solle.
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Ich hockte vor meinem Koffer auf dem Boden und suchte mir etwas aus, was ich anziehen konnte. Meine Klamotten, die ich gestern und heute morgen noch trug, rochen ein wenig nach Gras. Mit was anderes, meinte Dad bestimmt, etwas anständiges. Ich entschied mich für eine graue Röhrenjeans und dazu ein Olivengrünes Oberteil. Dazu zog ich meine schwarzen Vans an. Schnell bürstete ich mir die Haare und machte sie mir zu einem hohen Pferdeschwanz. Bevor ich dann runter ging, packte ich das nötigste, was ich heute gebrauchen könnte, in meine Tasche und schulterte sie mir über. Ich machte die Tür auf und ging runter in die Küche, wo mein Dad sich ein Kaffee machte und die blonde Tusse sich an ihn ran kuschelte. Sie trug immer noch das Hemd meines Vaters und sonst nichts anderes. Dagegen war mein Vater schon angezogen. Diesmal trug er ein Anzug.

„Bist du fertig?", fragte mein Vater mich und ließ diese Jeniffer los.

Ich atmete tief ein und wieder aus, um nicht noch einmal schreien zu müssen. Ich stemmte mir einen Arm an die Hüfte und heftete meinen Blick auf ihm. Ohne ein weiteres Wort löste er sich endgültig von dieser Jennifer und zog sich seine Jacke zum Anzug an. Ich öffnete die Haustür und stampfte aus dem Haus raus. Mein Vater kam mir nicht nach. Auf einmal zuckte ich zusammen, als ich so ein quietschendes Geräusch gehört habe. Der Garagentor öffnete sich und ein Mercedes fuhr langsam heraus. Mein Vater saß dadrin. Als er vor mir anhielt, öffnete er die Autotür von innen und wollte, dass ich mich reinsetze. Ich setzte mich rein und wir fuhren los.

Ich war gespannt auf was für eine Schule ich gehen müsse.

Dark HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt