Auf der Autofahrt sprachen wir wieder nicht mit einander. Wieso denn auch? Auf jeden fall hatte ich ihm nichts mehr zu sagen. Als wir angekommen sind, parkte mein Vater vor der großen Schule.
Englands Schulen waren, glaub ich, die begehrtesten Schulen überhaupt. Mein Vater hatte mir eine Schule ausgesucht, die ungefähr fünfzehn Minuten von zu Hause entfernt war. Vor dem Eingang, entdeckte ich eine Aufschrift. „Clifton High School", lies ich laut vor und machte ein fragendes Gesicht. Stöhnend trappelte ich meinem Vater hinterher und wir traten in die Schule. Wahrscheinlich hatten alle schon Unterricht, denn kein einziger Schüler befand sich in den Fluren. Ich folgte meinem Vater auf Schritt und Tritt und sah mich weiterhin um. Die Schule erinnerte mich an meine alte Schule. Nur wurden hier Uniformen getragen, was ich herausfand, als ich an einer Glasvitrine vorbei ging und Fotos von irgendwelchen Schülern sah, die eine Schuluniform trugen.
Komm Grace! Du wirst es überleben!
Abrupt blieb mein Vater vor einer Tür stehen und drehte sich in meine Richtung. Ernst blickte er in meine Augen und befiel mir, dass ich mich Benehmen solle. Das brauchte er mir nicht zweimal zu sagen. Ich bin doch nicht dumm!
Nachdem ich meine Augen verdreht hatte, blickte er mich irgendwie enttäuscht an und seufzte, bevor er an der Tür klopfte. Neben der Tür hing ein kleines Schild auf dem „Schuldirektor" stand. War ja auch klar, dass mein Vater an dieser Tür klopfen würde.
Eine weibliche, aber strenge Stimme hörte man von der anderen Seite der Tür. Sie bat uns herein. Mein Vater und ich traten ein und eine dünne, aber große Frau ging auf uns zu. Sie schüttelte die Hand meines Vaters und dann meine. „Willkommen! Sie müssen Mr. Mahone sein und das ist wohl Ihre Tochter, Miss Grace Mahone."
Freundlich nickte er und die Direktorin bat uns, uns hinzusetzten. Wir saßen auf zwei Stühlen vor einem großen Büroschreibtisch. Hinter dem Tisch war ein Bürostuhl aus braunem Leder. Darauf setzte sich die Direktorin. Mein Vater und sie gingen die Anmeldung durch und sie wollte meine Zeugnisse sehen, die ich aber nicht dabei hatte. „Kein Problem. Ich habe schon mit ihrer Mutter geredet. Sie schickt mir die ganzen Unterlagen und beim nächsten mal bringe ich sie Ihnen mit. Wäre das in Ordnung?", fragte mein Vater und sah dabei kurz zu mir, aber dann wieder zur Direktorin.
„Auf jeden fall", sprach die Direktorin mit Freude. „Dürfte meine Tochter trotzdem hier zur Schule gehen?" Ich bemerkte, dass die Direktorin die ganze Zeit schon schmunzelte. „Ja, das darf sie. Heute sogar schon. Aber wann würden Sie mit den Unterlagen nochmal hierher kommen?", fragte sie dann. Mein Vater machte ein nachdenkliches Gesicht und antworte dann mit:„Höchstwahrscheinlich übermorgen."
Verständnisvoll nickte die Schuldirektorin und reichte meinem Vater, die Unterlagen mit der Anmeldung in die Hand, die er jetzt ausfüllen wollte.
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„So, wo das jetzt geklärt ist. Wenn Sie möchten, können Sie jetzt schon hier zur Schule gehen oder morgen", meinte sie zu mir. Ich entschied mich für morgen. Meine Schuluniform würde ich morgen höchstpersönlich von der Schuldirektorin bekommen, wenn ich um neun Uhr hier angetreten bin. Mein Schulplan und alles andere, auch erst morgen. Ich weiß nicht, wieso ich nicht heute all diese Dinge bekam, aber mir war das egal. Heute, morgen, ... was spielte das für eine Rolle?
Als mein Vater und ich das Büro der Schuldirektorin verließen, fing die Pause an der Schule an. Viele Schüler in der Schuluniform standen oder liefen auf den Fluren. Jeder von den sah mir nach, als ich an ihnen vorbei gehen musste. Sie trugen alle die gleichen Sachen. Das ist alles so ... Ätzend! Die Schuluniformen waren in dunkelblau und vorne am Kragen war etwas rotes. Auf der Brust war der Wappen der Schule eingenäht worden. Die Mädchen trugen dadrunter Röcke und die Jungs eben Hosen, die auch zur Schuluniform gehörten. Ich fragte mich, wie ich wohl darin aussehen würde. So schlimm! Aber dann sah ich andere Schüler mit anderen Klamotten.
Sie hatten alle die selben Sportsachen an. Sie waren in Lila. Lila! Meine Lieblingsfarbe! Schlecht sahen die Sportsachen nicht aus! Wenigstens etwas gutes! Schließlich verließen wir die Schule und fuhren nach Hause, was nicht so toll war, weil diese Jennifer noch da war. Sie war in der Küche und stand vor dem Herd. Der Duft von Pfannkuchen lag unter meiner Nase. „Hallo, ihr zwei! Ich habe Pfannkuchen gemacht. Wollt ihr welche?", fragte sie ganz nett und sah dabei mich an.
Mein Vater stimmte sofort mit „Ja" ein. Erwartungsvoll sah sie mich wieder an. Entweder wollte diese Jennifer ein Neuanfang machen oder sie wollte mein Vater haben, oder hatte sie ihn schon längst? So als hätte sie meine Gedanken gelesen, kam sie paar Schritte näher auf mich zu und sprach dann zu mir:„Ich möchte mich bei dir entschuldigen, was heute morgen zwischen uns vor gefallen ist. Könnten wir zwei ein Neuanfang starten?" Irgendwie mochte ich diese Frau nicht, aber sie tat mir schon fast leid und außerdem wollte ich nicht noch weiteren Stress haben, deshalb ich langsam nickte und nur ein „Okay" heraus brachte. In ihrem Gesicht umspielte sich ein breites Lächeln. Ich sah zu meinem Vater hoch, der mich ansah, der wiederum eine Augenbraue hob und so überrascht wirkte. Ja, dass war ich von mir selber auch! Wir alle drei setzten uns an den Frühstückstisch in der Küche und aßen Pfannkuchen. Ich dachte, dass ich nun in Ruhe gelassen werden würde, aber dann fing Jennifer an mir eine Frage zu stellen.
„Wie fühlst du dich, nachdem du von Doncaster hierher gezogen bist?" Ich sah vom Teller auf und hob eine Augenbraue hoch. Wie sollte ich mich denn fühlen? War ich bei einem Psychologen?
„Ehm? Keine Ahnung?", sagte ich mürrisch und fing an Jennifer zu mustern, was mein Vater bemerkte und mich warnend ansah. „Ja, also. Jake hat mir deine ... Schwierigkeiten zwischen dir und deiner Mutter erzählt", fing sie an und machte ein besorgtes Gesicht.
Mein Vater hieß Jake.
Ich dagegen musterte sie nur noch schärfer und sagte dazu:„Und jetzt?" „Ich will dir nur damit sagen, dass dein Vater und ich, dich auf jeden fall besser behandeln werden", klang sie mitfühlend und sah mich besorgter an, als sie schon aussah. Was sollte das ganze hier? Ich will doch kein Mitleid! Schön das mein Vater sich jetzt um mich kümmern wollte! Nur leider war er fünf Jahre zu spät dran! Schon klar, dass Jennifer nett sein wollte, aber das ganze machte mich einfach nur wütend.
„Lasst mich einfach in Ruhe", klang ich fertig statt sauer. Ich hielt mir eine Hand vor die Stirn und stand langsam vom Tisch auf. Irgendwie bekam ich auf einmal Kopfweh. Ohne weiteres zu sagen, lief ich die Treppen hoch auf mein Zimmer. Ich spürte die Blicke meines Vaters und von dieser Jennifer auf meinem Rücken, als ich aus der Küche lief.
Oben angekommen, schloss ich mich im Zimmer ein und blieb erstmal in der Mitte des Raumes stehen und sah mich um. Ich musste anfangen mich hier einzuleben. Ich ging auf mein Koffer zu und sortierte all meine Klamotten in den Schränken. Das dauerte schon mehr als eine halbe Stunde. Doch danach fühlte ich mich immer noch nicht wohler hier. Bei mir zu Hause irgendwie schon, aber weil da auch meine ganzen Erinnerungen und Dekos waren und hier, eben nicht. Ich schaute auf die Uhr. Es war gerade mal 10:42 Uhr. Der Tag hat sowieso scheiße angefangen und sie konnte auch ruhig scheiße aufhören. Nur zu! Ich schmiss mich aufs Bett und versuchte irgendwie zu schlafen. Dabei ließ ich Musik abspielen. Ich bekam noch, bevor ich einschlief, den Song „Rock me" von One Direction mit. ____________________________________________________________________
Hoffe die Geschichte hat euch bis hier hin gefallen :*
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Dark Heart
Teen FictionAn einem Samstagabend in Doncaster wird die 17-jährige Grace Mahone, die sich kaum an die Regeln hält, von einer Party aufs Polizeirevier gebracht und später wird sie dort von ihrer Mutter abgeholt. Zu Hause gibt es richtigen Zoff, wobei sich Grace'...