Kapitel 4

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Shit. Shit. Shit. Nein! Das kann doch nicht wahr sein! Nein!

Der Pommesstand stand eher weit hinten vom Gleis, im E-Bereich und der Zug befand sich aber im Bereich A bis B. Es war ein weites Stückchen ihn noch zu erreichen. Mit der Pommes in der Hand, rannte ich so schnell ich konnte auf den Zug zu. Mit der anderen Hand fuchtelte ich wie wild es ging, damit die Leute auf mich aufmerksam wurden und etwas tun konnten, damit der Zug nicht weiter fuhr. Ich rief noch:„Bitte, haltet den Zug an!"

Doch keiner reagierte.

Als ich sah, dass die Türen noch ungefähr zehn Zentimeter weit offen standen, raste mein Herz und ich versuchte noch schneller zu rennen, aber das funktionierte nicht. Das Piepsen in meinem Ohr, was von den Zugtüren kam, brachte mein Herz noch schneller zum schlagen. Das Blut in mir strömte nur so.

Ich erreichte die hinterste Tür des Zuges, welche aber schon zu war und auch wenn ich den Knopf drückte, ging sie nicht mehr auf. Ich lief direkt zur nächsten noch offenen Tür, jedoch fielen alle hinter nach einen zu.
Ich konnte nicht mehr laufen. Meine Lungen taugten es nicht mehr. Ich krümmte mich langsam nach vorne und versuchte Luft zu schnappen. All meine Sachen sind im Zug, fuhr es an meinem Gedanken vorbei. Einfach alles!

Ich hörte, wie alle Türen zu gingen, aber schaute nicht auf. Wenigstens hatte ich mein Handy dabei und mein Portemonnaie. Mit meinem Handy konnte ich jemanden anrufen, der mir helfen konnte und mit 'jemand' meinte ich ganz bestimmt nicht meine Mutter.

„Kommst du jetzt endlich!", riss mich eine Stimme aus meinem Gedanken und ich schaute hoch. Ein großer Junge befand sich im Zug und hielt die Tür für mich auf.

Mit weit geöffneten Mund starrte ich den Jungen an und rannte so schnell ich konnte zu ihm. Ich sprang regelrecht in den Zug. Wie glücklich ich war, als ich mich im Zug befand. Es war unbeschreiblich. Ich spähte durch die Glasscheibe und schaute zu meinem Platz rüber, wo sich mein Koffer und meine Tasche befand. Bevor ich dorthin ging, keuchte ich auf und versuchte mich zu beruhigen. Ich atmete sehr laut und hustete ein wenig. Ich hatte nie eine gute Ausdauer.

„Geht's?", fragte mich jemand. Es war der Junge, der mir die Tür aufgehalten hatte.

Ich sah ihn an und bemerkte dabei, dass der Zug los fuhr. Ich konnte noch gar nicht so richtig realisieren, dass ich mich gerade im Zug befand. Ohne etwas zu sagen, nickte ich einfach und versuchte normal zu atmen. Der Junge grinste mich an und meinte dann:„Geh wieder zurück auf dein Platz und entspann dich."

Ich hob eine Augenbraue hoch und musterte ihn. Er hatte mir nichts zu sagen, aber ich wollte ihn jetzt nicht dafür anmeckern, denn er hatte mir geholfen.

Der Junge war fast zwei Köpfe größer als, sodass ich mein Kopf ein wenig hoch neigen musste, um ihn ins Gesicht sehen zu können. Er hatte haselnussbraune Haare und grüne, strahlende Augen. Er trug ein weißes T-Shirt und eine blaue Jeanshose. Seine Schuhe erinnerten mich an Winterschuhe, aber ebenfalls an diese klassischen Männerschuhe. So eine Mischung aus beidem.

Ich musste zu geben, vom Aussehen her sah er schon ganz gut aus. Aber wie er wohl vom Verhalten her war?

Ich stand eher auf "Badboys", wenn man es so sagen darf. Mit schüchternen Jungs konnte ich nichts anfangen! Wie denn auch? Sie hätten bestimmt grundlos totale Angst vor mir, weil ich nicht gerade die netteste war. Ich konnte nett sein, aber einfach meine Ausstrahlung zeigte das Gegenteil.

Ich ging an den Jungen vorbei und setzte mich auf meinem Platz. Beim Laufen verlor ich viele Fritten, sodass ich weniger als die Hälfte noch drin hatte. Ich nahm mir eine zwischen die Finger und steckte sie mir in den Mund.

Als ich mein Buch weiter lesen wollte, schaute ich hoch und sah, dass der Junge sich gegenüber mir hinsetzten wollte.

„Ehm", stieß ich heraus und sah ihn angewidert an. Das war meine Art. Er schaute zu mir runter und sah mich fragend an.

Ich fing leicht an zu lachen und grinste. „Du musst hier nicht sitzen, um auf mich aufzupassen, damit ich nicht doch noch Atemprobleme bekomme. Ich kann schon auf mich selber aufpassen."

Mutwillig sah er mich an und lächelte breit. Seine weißen Zähne kamen zum Vorschein.

„Also eigentlich sitze ich nicht deshalb hier, sondern weil hier mein Platz ist", erklärte er, woraufhin ich dumm da stand.

„A...Ach so!"

Wieder widmete ich mich meinem Buch zu. Ich ließ es mir nicht anmerken, wie peinlich mir das gerade war. Zwischendurch aß ich meine Pommes und sah manchmal vom Buch auf, um den Jungen anzustarren, aber das eben ganz unauffällig. Er saß gegenüber von mir und hörte Musik mit seinem iPod. Nun konnte ich mich nicht mehr breit machen.

Irgendwie wollte ich anfangen mit den Jungen zu reden, aber traute mich nicht. So kannte ich mich gar nicht! Ich traute mich viele Sachen zu tun, aber einen Jungen anzusprechen etwa nicht? Das beunruhigte mich und ich widmete mich meinem Buch wieder zu bis ich ein leichten Fußtritt spürte. Schnell sah ich wieder auf und sah den Jungen an.

„Sorry!", entschuldigte er sich und lächelte vom Mundwinkel.

„Nicht so schlimm", gab ich flüchtig.

Dann sagte keiner mehr was. Er stöpselte sich wieder die Kopfhörer in die Ohren und ich lass mein Buch weiter. Ich wollte aber nicht mein Buch lesen, sondern mit den Jungen reden. Wann war das letzte mal, wo ich einfach so mit jemanden reden konnte? Mit meiner Mutter? - Nein. Mit Freunde? - Hahaha! Wenn man die Freunde nennen konnte. Außerdem konnte man mit ihnen auch nicht normal reden. Manchmal dachte ich, dass es an mir lag, aber nun wollte ich es mir beweisen, dass es nicht so war. Ich musste versuchen mit den Jungen ein Gespräch zu führen.

„Hey. Danke, dass du für mich den Zug aufgehalten hast", versuchte ich damit ein Gespräch auf zubauen. Würde es klappen?

„Kein Problem. Wäre ja scheiße gewesen, wenn hier dein Koffer und deine Tasche wären, und du aber da draußen", sprach er mit lachender Stimme.

„Genau", bestätigte ich und fügte hinzu:„Ich bin Grace und du bist...?"

„Marc."

Als er mir seinen Namen verriet, musste ich umso mehr Lächeln.

„Und wo geht's hin?", fragte ich ihn und versuchte nicht neugierig zu klingen. Ich fing an meiner Unterlippe zu Kauen, weil ich nervös wurde. So war ich doch nie!

„Zurück nach Bristol und du?", sagte er locker und dadurch wollte ich mehr über ihn wissen, als nur zu wissen wie er hieß und wohin er fuhr.

„Auch", antwortete ich knapp.

Danach sagte wieder keiner von uns etwas. Es kam nicht wirklich so rüber, dass er mit mir reden wollte.

„Wo warst du denn zuvor?", fragte ich dann einfach.

Ohne von seinem iPod hochzusehen, antwortete er mir. „In Kingswood."

Er sprach nicht weiter. Ich auch nicht. Es kam mir wirklich so vor, als würde er nicht mit mir reden wollen. Deshalb gab ich auf, was mich schon mulmig fühlen ließ. Ich ging ihm doch nur auf die Nerven, wenn ich noch weiterhin mit ihm gesprochen hätte, aber er musste ja nicht mit mir reden, außer er wollte nett sein. Ich lies mir kein Seufzer entgehen und steckte meine Nase wieder in das Buch. Zu Lesen funktionierte es nicht mehr. Ich konnte mich darauf nicht konzentrieren, sondern dachte nur an Marc, was er von mir dachte.

Schließlich sah ich einfach nach draußen und wollte so schnell wie möglich in Bristol angekommen sein.

Dark HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt