Kapitel 5

4.1K 229 4
                                    

Das Geräusch von schnüffelnden Hunden weckte mich. 

Sie schienen weit weg zu sein, doch ich konnte sie genau hören. 

Was war passiert und wo war ich? Ich hatte angst, meine Augen zu öffnen. War ich nicht eigentlich tot? 

Unter meinen Rücken spürte ich einen weichen, nassen Boden, aber die Nässe war nicht unangenehm. Ich spürte außerdem, dass sich einige Äste in meine Rücken drückten, aber auch das war nicht unangenehm. 

Ich versuchte mich an das letzte, was ich mitbekam, zu erinnern. 

Ich bin zu Mary gegangen. Und ich wurde von etwas angegriffen. Von einem Vampir!  

Schwachsinn, dachte ich mir. Vampire gibt es nur in Filmen. Aber was hat mich sonst anegriffen? Ich habe doch gespürt, wie jemand mir das Blut ausgesaugt hat. 

Das Schnüffeln kam näher. Suchten die mich etwa? 

Ich beschloss, dass ich die Augen öffnen musste. Ich atmete einmal tief durch und schlug sie auf.  

Gleich darauf kniff ich sie wieder zu. Es war so hell, es brannte in den Augen.  

Noch einmal versuchte ich sie zu öffnen, diesmal hielt ich mir instinktiv eine Hand vors Gesicht, damit die Sonne mich nicht blendete.  

Wow, dachte ich. Alles war so scharf. Ich hatte nicht einmal meine Brille auf (ich war nämlich leicht kurzsichtig) und trotzdem konnte ich alle Konturen der Bäume, sogar ihrer hoch gelagerten Blätter sehen.  

Überwältigt drehte ich mich ein paar mal hin und her, um mit meiner übernatürlichen Sehkraft meie ganze Umgebung wahrzunemen. 

Für einen Moment hatte ich vergessen, was mich letzte Nacht angegriffen hatte. Ich war einfach nur überglücklich, wegen meiner Sehkraft.  

Plötzlich wurde mir klar, dass auch meine anderen Sinne viel stärker waren. Ich hörte immernoch, wie die Hunde näher kamen, obwohl sie wahrscheinlich noch mehrere hundert Meter entfernt waren. Und noch etwas anderes nahm ich wahr. Einen Geruch, den ich nicht zuordnen konnte. Es roch gut...lecker, aber ich konnte diesen Geruch mit keinem anderen vergleichen.  

Mein Blick fand sofort die Quelle des Dufts. Ein Fleck, hoch oben an dem Baum, vor dem ich stand. War...war das Blut? Unmöglich. Menschen konnten kein Blut riechen. Und selbst wenn, würde es nicht so gut riechen. Ich hatte schon oft mein eigenes Blut abgeleckt, wenn ich mich geschnitten hatte und es schmeckte salzig und rostig. So stellte ich mir auch seinen Geruch vor.  

Aber genau von da kam er her. Ich erinnerte mich, gegen diesen Baum geknallt zu sein. Das war mein Blut. Bei diesem Gedanken wurde mir schlecht.  

Ein viel zu lautes Bellen riss mich aus meinen Gedanken und ich drehte mich so schnell um, dass ich es selbst nicht mal richtig mitbekam. Ein großer, schwarzer Schäferhund stand dort und starrte mich an. Ich atmete ein und roch den Duft seines Blutes. Er zuckte zusammen und zog den Schwanz ein, als ich einen Schritt zu ging. Ich erschrak heftig. Noch nie hatte irgendein Tier angst vor mir gehabt und jezt plötzlich winselte ein Hund nur wegen mir. 

Ein paar Sekunden später traten zwei Polizisten aus den Bäumen hervor.
Ich starrte sie entsetzt an. Ihr Blut roch noch viel besser, als das von dem Hund, oder das vertrocknete an dem Baum. Ein Brennen stieg in meiner Kehle auf.
Einer von ihnen kam langsam ein paar Schritte auf mich zu. Ich konnte seinen Herzschlag hören. Er faselte irgendwelche beruhigenden Worte, aber darauf konnte ich nicht achten. Alles was ich mitbekahm, war das Pochen seiner Schlagader, die das Blut in sein Herz pumpte und das Brennen, dass immer stärker wurde.
Nur einmal kosten, dachte ich und rammte meine messerscharfen Reißzähne in seinen Hals, doch als ich den ersten Tropfen Blut geschmeckt hatte konnte ich nicht mehr aufhören. Ich saugte jeden Tropfen aus seinem Körper und ließ ihn schließlich zu Boden fallen. 

Sein Kollege wollte gerade abhauen, doch innerhalb einer sechzehntel Sekunde war ich schon bei ihm und saugte auch ihn komplett blutleer. Der Hund war weggelaufen, aber ich machte mir nicht die Mühe ihm hinterher zu jagen. Ich hatte schon immer ein großes Herz für Tiere gehabt und hatte sogar ein schlechtes Gewissen, wenn ich eine Fliege tötete. Außerdem war ich satt.  

Jetzt, wo mein Blutrausch vorbei war, realisierte ich erst, was ich getan hatte. 

Ich kniete mich vor den toten Polizisten und weinte. Was war nur aus mir gewordn, dass ich Menschen tötete. Ich war eine Monster. "es tut mir so leid" flüsterte ich dem toten Körper unter Tränen zu. Er wollte mir nur helfen und zum dank hatte ich ihn getötet.

The hunterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt