Kapitel 11

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POV John

Trotz der eisigen Temperaturen glühte mein Gesicht und Körper. Sherlocks Finger waren immer noch mit meinen verschränkt, wir waren aus dem Taxi ausgestiegen und kalte Londoner Winterluft peitschte uns ins Gesicht. Am liebsten würde ich mich jetzt in Sherlocks großen Mantel kuscheln, in den ich definitiv mitreinpassen würde...Aber eigentlich sollten wir doch gar keine öffentlichen Liebesbekundungen praktizieren - das gehörte sich doch nicht für eine "Affäre". Aber unsere Avance gehörte wohl zu einer Art von Affäre, Sherlock machte jedenfalls keine Anstalten meine Hand loszulassen, als er mich zu einem großem Gebäude führte, das einem kleinen Stadion ähnelte, vor deren Tür wir schließlich stehen blieben.

"Soo", sagte er.
"Soo?", fragte ich.
Wir grinsten schon wieder.
"Ich werde dir dieses "Du darfst die Augen erst aufmachen wenn wir da sind"-Ding ersparen, außer du kannst nicht darauf verzichten...", er sah mich überlegen-amüsiert, typisch Sherlockish eben, an.
"Nein ist ok", antwortete ich und er öffnete die Tür.
Wir befanden uns in einer Art Eingangshalle, und Sherlock ging zielstrebig auf einen Tresen zu, hinter dem eine junge Frau saß, die sich sofort erhob als Sherlock sich auf den Tresen lehnte. Ich folgte ihm rasch und stellte mich neben ihn.

"Was kann ich für sie tun, Mister-?"
"Holmes. Ich habe reserviert, für zwei Stunden."
"Holmes...einen Moment bitte."
Sie durchsuchte einige Zettel und sagte dann: "Genau, Sherlock Holmes und Begleitung für zwei Stunden und Ausleihe. Brauchen sie einen Spind?"

Was?
Ich glaubte langsam zu begreifen wo ich mich befand.

"Natürlich brauchen wir einen, dass ist doch offenkundig.", sagte Sherlock mit seinem üblich selbstbewussten Unterton.
Die Frau starrte ihn einige Sekunden lang an und nahm dann einen Schlüssel von einem Haken.
Sie lächelte süßlich und beugte sich vor.

"Haben sie heute Abend noch was vor nachdem sie ihren Bruder nach Hause gefahren haben?"

Bruder? Wie bitte?

Ich sah sie empört an während sie sich eine Haarsträhne um den Finger wickelte.

He's mine, bitch!
Sherlock, mach gefälligst was!, dachte ich und sah ihn an.

Als hätte er meine Gedanken gelesen, legte er los.

"Ich denke, Sie werden dafür keine Zeit haben, sie müssen schließlich ihren Hund ausführen, oder sind es zwei?, und ich denke ihre Lebensabschnittspartnerin wird auch nicht sonderlich erfreut sein wenn ich bei Ihnen erscheine, aber warten Sie, die ist ja seit einer Woche in den USA nicht war? Eigentlich wäre es ja nur fair wenn Sie mich abschleppen, sie hat schließlich auch etwas mit einem Amerikaner angefangen, ich schätze sie haben beide etwas ihre Orientierung verfehlt, aber sie hätte es Ihnen bestimmt heute gesagt, oder so, wenn nicht danken Sie mir. Übrigens, an Ihrer Stelle würde ich heute kein Roulette spielen, heute ist nicht ihr Glückstag. Grüßen Sie mir Ihre Großmutter, sie wird sich bestimmt über die Blumen freuen, im Altersheim ist es doch immer so trist."

Die Frau starrte Sherlock nun mit offenem Mund an, doch Sherlock legte nur (voller Besitzerstolz) den Arm um mich und wir gingen in einen Raum dessen Wände von Spinden gesäumt war. Ich war mir nicht sicher was ich ihn zuerst fragen sollte: wie er schon wieder die ganze Lebensgeschichte dieser Frau kannte, oder wo wir waren. Ich entschied mich fürs Letztere.

"Wo sind wir denn jetzt?", fragte ich.
"Was denkst du denn?", fragte Sherlock während er unseren Spind ausfindig zu machen versuchte.
"Ich weiß nicht... eine Eishalle vielleicht, oder -"
"Präzise.", sagte Sherlock. Er hatte den Spind gefunden, steckte ihn ins Schloss und öffnete ihn. Zwei Paar Schlittschuhe befanden sich darin. Er nahm sie heraus und gab mir das kleinere Paar. Er schloss wieder zu und wir gingen jetzt in die große Eishalle hinein, in der bereits etliche Menschen Schlittschuhfuhren. Ich hatte es noch nicht ganz realisiert:

Sherlock Holmes lädt mich zum Schlittschuhfahren ein? Schlitt-Schuh-Fahren?! Er?

Ich prustete plötzlich los und versuchte es rasch als Husten zu tarnen.
"Was ist?", fragte Sherlock.
"Ach nichts.. Ich kann mir dich nur nicht so gut auf Schlittschuhen vorstellen", sagte ich.
"Ich mir auch nicht", murmelte er.
Wir saßen uns auf eine Bank und zogen unsere Schlittschuhe an.

"Wie hast du das eigentlich schon wieder mit der Frau herausbekommen?"
Sherlock grinste nur.
"Sherlock! Wir hatten über das Angeben gesprochen! Jetzt sag's!"
Ich knuffte ihm in die Seite und er lachte.

"Ist ja gut, ist ja gut. Also, dass mir den Hunden war ja wohl das einfachste. Haare auf der Höhe ihrer Knie - allerdings konnte ich nicht genau erkennen ob es zwei verschiedene Farben waren."

"Und wie bitte hast du herausbekommen dass sie mit einer Frau zusammen war?", fragte ich und kämpfte mir meinen linken Schlittschuh.

"Eine Amulettkette mit Gravur - Emilie, könnte natürlich auch ihre Schwester sein, es sah aber sehr teuer aus, es können ja auch Schwestern teure Geschenke machen, ja aber auf der Rückseite stand das Datum 1.12.14, offensichtlich ein Jahrestag-Datum, somit auch ein Jahrestags-Geschenk dass schießt die Schwester aus, und beweist: Lebensabschnittspartnerin."

"Und das mit seit einer Woche in Amerika?"

"Mehrere Indizien: Erstens die Postkarte die auf ihrem Schreibtisch lag - Chicago, der Absender wieder Emilie, und warum seit einer Woche, sie hatte einen verblassten Bluterguss am Hals, auch Knutschfleck genannt, und er war nach seiner Verfärbung zu Urteilen mindestens eine Woche alt. Außerdem: Schreibst du nach weniger als einer Woche Urlaub Postkarten? Und warum hat sie was mit einem Amerikaner? Nicht so offenkundig, aber erstens ist ihre Postkarte ziemlich kurzangebunden und sie schreibt eigentlich nur über das Wetter, zweitens antwortet sie auf keine Nachricht - ich hab gesehen wie unsere Empfangsdame ihr im zwei-Minuten-Takt Nachrichten verschickt hat- wen spammst du so voll wenn nicht eine Partnerin die im Ausland ist und nicht antwortet? -Und warum ein Mann?- ganz einfach, offenbar hat der Amerikaner beim Schreiben ihr ein bisschen über die Schulter geguckt denn er hat den letzten Satz durchgestrichen und neu geschrieben. Männerhandschrift."
John schaute mich verblüfft an.
"Und um es abzurunden: Das Roulette stand im Kalender, hinter ihrem Tisch standen Blumen, bunte Schnittblumen in rosatönen, so offenkundig nicht für seriöse Anlässe, Krankenhaus oder Altersheim, im Kalender stand A.H., also besucht sie ihre Oma im Altersheim."

"Du kannst deinen Mund wieder zu machen.", sagte Sherlock da ich ihn immer noch wie ein entlaufendes Zebra anstarrte.

"Sorry Sherlock aber das ist echt immer wieder außergewöhnlich verblüffend!", verteidigte ich mich und Sherlock lächelte selbstgefällig.
"Und guck nicht so!", fügte ich hinzu.
"Ist ja gut. Wollen wir jetzt eislaufen?"

[AN: Meine erste Deduktion. Man war das anstrengend! Das war Teil 3 des Weihnachtsspecials, Teil 4 erwartet euch morgen um 12 Uhr.
Schönen Samstag euch noch :)]

I love you John Watson - a (German) Johnlock Fanfiction ( #Wattys2016 )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt