Kapitel 05

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A L O N S O

Ich hatte nicht vor, Juan zu verscheuchen. Oder ihn zu verprügeln. Das war nicht mein Job, denn wenn ich ihn verprügelte, würde er nicht von Pedro umgebracht werden. Aber eigentlich hätte Juan es verdient, denn er Schlich sich immer wieder in unserem Gebiet herum und dabei war er einer von den Warrior's.

Aber ich wusste, wie es war, wenn eine wichtige Person vergewaltigt wurde. Ich wollte nicht, dass es einer anderen Familie oder einem Mädchen passierte. Man sollte ein Mädchen richtig behandeln, und nicht wie das letzte Arschloch vergewaltigen.

Ich fühlte mich verantwortlich, obwohl ich sie nicht kannte. Ich hatte sie noch nie in Queens gesehen. Sie hatte auch kein Bandana um und konnte sich nicht wehren.

Naja, sie hatte Juan in die Eier getreten. Aber viel hatte es nicht gebracht.

Ich verprügelte ihn. Und mir wurde genug Adrenalin ins Blut gepumpt, um ihn bis in die Bewusstlosigkeit zu schlagen. Ihn umbringen wollte ich nicht, doch meine Glock hatte ich dabei. Ich wollte, dass er litt. Und nach einem Schuss würde er nichts mehr spüren.

Das Mädchen schien mir als erstes arrogant und stur. Doch mit der Zeit wurde sie netter, aber blieb misstrauisch. Ich fand sie hübsch, aber ich kannte hübschere. Ich konnte aber die Jungs verstehen, etwas scharf war sie schon. Aber sie war einer dieser Brooklyn-Bitches, wie wir sie nannten. Hochnäsig und arrogant.

Während ich Tag für Tag um mein Leben kämpfte und versuchte, la familia zu beschützen, ging sie shoppen und hatte Spaß im Solarium.

Und als Sam mir nicht vertraute, als ich sie fragte, ob sie wirklich mit der U-Bahn fahren wolle, war sie wie die typischen Brooklyn-Bitches. Ich würde sie natürlich sofort abstechen, wenn wir hinter der nächsten Ecke waren.

Diese Leute hielten nichts von uns. Sie behandelten uns wie Kakerlaken, was mich aufregte. Wir waren auch nur Menschen! Sie waren nichts besseres, nur weil diese Leute mehr Geld besaßen. Wir wollten auch Sicherheit, doch bekamen sie nicht. Nein, man gab uns Knarren und ging davon aus, dass wir uns selbst beschützten. Seit mi papá tot war, war ich der älteste Mann, seit ich zehn war. Mein jüngerer Brüder war damals acht und meine Schwester fünf.

Nun war Diego sechzehn und Lorena dreizehn. Beide gingen, sowie ich, noch zur Schule. Ich hatte mein letztes Jahr vor mir und Diego war im zehnten. Lorena gerade in die siebte Klasse.

-

Ich saß in der U-Bahn, neben der gringa. Sie sah kurz auf ihr iPhone und sah dann zu mir.

Ich hatte keinen Scham, denn ich hatte sie angestarrt. Es war witzig mit anzusehen, wie sie mich verblüfft ansah. Meine Mundwinkel zuckten wieder. Vielleicht war sie ja doch nicht so schlimm.

Nach mehreren Station nahm ich ihre eiskalte Hand und stieg aus. Danach ließ ich sie sofort los und ging vor. Ich musste aufmerksam sein, vielleicht war hier ein Warrior oder einer von den Crimes. Ich wollte auch nicht Sams Leben gefährden, denn meins war gefährlich genug.

Wir gingen die Treppe nach oben. Diese Gegend sah .. deutlich anders aus. Manche Leute hatten Anzüge an, mit einer Aktentasche. Sie sahen die Leute arrogant an und gingen ihren Weg entlang. So viele verschiedene Menschen, die lachten, redeten, telefonierten, und das so ohne Sorgen. Kein einziges Gangmitglied war vorhanden, außer mich natürlich. Manche sahen mich mit einem gehässigen Blick an, andere ignorierten mich. Die meisten gingen ein paar Schritte zurück. Ich beachtete sie nicht und ging meinen Weg, denn diese Leute wussten rein gar nichts über mich, mein Leben oder meiner Vergangenheit. Sie kannten nicht meine Gründe.

Nach zwei Blocks übernahm Sam die Führung. Vor einem roten Haus, aus Steinen, blieb sie stehen. Es hatte zwei Geschosse und sah ganz schön aus. Ich versuchte nicht zu viel zu starren. War das ihr Haus?

,, Es ist das Haus meiner Cousine", erklärte sie, wie aus dem Nichts. Ich starrte eindringlich in ihre hellen, braunen Augen.

,, Also lebst du nur vorübergehend in New York?", fragte ich interessiert. Ich würde sie eh nie wieder sehen.

,, Doch, doch. Ich wollte nur meine Cousine besuchen, und hab mich verirrt, weil ich am anderen Ende von Brooklyn lebe." Ich nickte nur und sah kurz wieder zum Haus, dann zu ihr.

,, Okay, dann ... Auf Wiedersehen", fing ich leicht zögernd die Verabschiedung an. Sam sah mich kurz verwirrt an, schien dann bedrückt und nickte.

,, Auf Wiedersehen, Alonso."

Und dann ging jeder seinen eigenen Weg. Und niemand wusste, ob wir uns jemals wieder sehen würden.

New York NightsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt