• Epilog •

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• S A M •
Do - Heaven

Trauer gehört nun mal zum Leben, jedoch drückt jeder seine Trauer auf verschiedenste Weise aus. Jeden überfällt die Trauer zu einem anderen Zeitpunkt, auf seine eigene Art und Weise.

Manche betranken sich, manche weinten tagelang. Manche sprachen mit anderen darüber und manche ließen es in ihrem inneren, bis es sie auffraß.

Nicht immer müssen wir den Tod betrauen, sondern auch das Leben. Verluste gehörten dazu.

Das allerschlimmste am Trauern ist, dass man es nicht kontrollieren kann. Und das beste was wir tun können, ist, es über uns ergehen zu lassen. Den unendlichen Schmerz einfach ergehen lassen. Und einfach loszulassen, wenn wir es können.

Eines der gemeinsten Dinge daran ist, dass in dem Moment, indem man glaubt, es überstanden zu haben, wieder von vorne losgeht. Und immer, jedes Mal, verschlägt es einem den Atem. Als ob der Schmerz sich erneut tief ins Herz setzte und alles blockierte.

Die unzähligen Tage an denen man sich im Bad eingeschlossen hatte und weinte, würden irgendwann aufhören. Die Nächte, an denen man sich in den Schlaf geweint hatte, würden irgendwann aufhören. Die Momente, an denen sich ein dicker Klos im Hals bildete und die Gelenke sich nicht richtig bewegen konnten. Die Momente, an denen man nichts anderes tun konnte, außer einfach dazusitzen und es über sich ergehen zu lassen, würden irgendwann aufhören.

Doch in diesem Moment schien es einem so, als ob es kein Ende gab. Kein Ende aus der Trauer. Keine große Erläuterung, wo man plötzlich den Sinn des Lebens wieder finden würde. Es waren Momente, wo alles nur dunkel erschien. Kein Licht, alles war erloschen. Und wenn wir uns irgendwann mal fragten, warum es manchmal so beschissen war und es so höllisch wehtun musste, müssen wir auch daran denken, dass es sich von der einen Sekunde auf die andere ändern könnte. Auch wenn es so weh tat, dass man keine Luft mehr bekam, lernte man irgendwann, zu überleben.

Man überlebte, indem man sich daran erinnerte, dass es eines Tages, auch wenn es im Moment unvorstellbar war, es nicht mehr so wehtun würde.

•••

Ich rannte so schnell ich konnte ins Krankenhaus. Tränen flossen über meine Wangen, waren es Glückstränen? Oder doch Tränen der Hoffnung?

Meine Beine zitterten, wie meine Hände, als ich Keyla erblickte. Sie saß neben Ramon und ihrer Mutter. Als sie sich umdrehte und mich erblickte, kam auch sie auf mich zu.

,, Was ist passiert? Haben sie ihn gefunden?"

Keyla nickte nur. Ihre Stimme zitterte. Als sie mich umarmte und flüsterte:,, Sie operieren seit einer halben Stunde. Wenn alles gut geht, S-Sam, vielleicht ... wenn alles gut geht ... " sie wischte sich ihre Tränen weg. Ich lachte kurz.

,, Keyla, das ist doch ein gutes Zeichen! Wenn Sie operieren, dann lebt er noch, als sie ihn hergebracht haben!" Sie grinste nur leicht und schluchzte dann erneut. ,, Ich kann es noch nicht fassen", murmelte sie und zog mich zu den Stühlen, wo ihre Mutter schlief und Ramon hielt Luis in seinem Arm, der, wie seine Mutter, auch schlief.

,, Ich habe Angst", flüsterte Ramon. Sein Gesicht war durchnässt. ,, Was, wenn er sterben wird?"

Ich lächelte leicht. Ich hatte Hoffnung, da ich Alonso kannte. Er war ein Kämpfer, er würde überleben. Er würde es schaffen.

,, Nein, Alonso schafft das. Wir kennen ihn, er hat eine ganze Woche überlebt!" Erinnerte ich beide daran war war etwas erleichtert, da ich immer dieses kleine Fünkchen Hoffnung in mir hatte. Ich hatte immer gehofft, dass Keyla mich anrufen würde und er überleben würde. Ich hatte die ganze Zeit gehofft.

,, Vielleicht hat sie recht", stimmte Keyla mir zu. ,, Vielleicht ... "

Ein Arzt kam erschöpft auf uns zu. Er sah stur auf seine Hände und fragte:,, Sind sie die Angehörigen von Alonso Ramirez?" Wir alle nickten. Ramon weckte Keyla's Mutter auf.

,, Alonso hatte viele innere Blutungen, wir haben alles getan, was wir konnten, doch er ist uns verblutet. Es tut mir unglaublich leid, wir haben wirklich alles gegeben."

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