S A M
,, Wann sagst du es ihm?" María sah mich mit großen Augen und voller Vorfreude an. Ich ließ meine Schultern hängen und schüttelte nur den Kopf.
,, Nie", murmelte ich lustlos.
,, Wie meinst du das?" María sah mir durchdringend in die Augen und zog eine Augenbraue hoch. Sowas würde ich auch gerne können.
,, Als ob Alonso sich überhaupt für mich interessieren würde. Ich meine, er kann so viele schönere Mädchen haben, warum dann ausgerechnet mich? Warum nicht Audrey oder Rosa?"
,, Weil sie nicht du sind", lächelte mich Keyla an. ,, Sie haben nicht deinen Charakter oder deinen Humor. Sie denken nicht wie du, sie sind total verschieden. Auch wenn man außen hübsch ist, es bringt dir nichts, wenn du innerlich ein mieses Miststück bist." Ich lachte kurz auf.
,, Und was, wenn ist ein Miststück bin?" Keyla zuckte nur grinsend mit den Schultern.
,, Aber sie sind ein mieses Miststück, verstehst du? Da ist ein gewaltiger Unterschied. Außerdem lenkst du vom Thema ab. Alonso ist jetzt in der Halle, kommt ihr mit?" Ich schluckte heftig, als sie ihren letzten Satz beendete und mir aufmunternd zunickte. Ich würde es ihm niemals sagen, aber trotzdem war es mir unendlich peinlich, ihm nach zwei Wochen wieder in die Augen zu treten, nach diesem Abend.
,, Leute, ich kann nicht", quengelte ich wie ein fünfjähriges Kind, was nicht im tiefen Becken schwimmen wollte, sondern lieber noch im Planschbecken schwamm. Dort, wo man sich von den Problemen verstecken konnte.
,, Du musst es ihm ja nicht jetzt sagen", lächelte Keyla.
,, Natürlich muss sie es!", rief María dazwischen. ,, Sonst schnappt Rosa sich ihn."
Bei diesem Gedanken musste ich wieder heftig schlucken. Ich stöhnte genervt auf und wünschte mir, dass ich niemals an diesem Zeitpunkt, an diesem Ort, an dieser Stelle, an diesem Tag, erschienen war, um meine Cousine zu besuchen. Und dass Alonso niemals gekommen wäre, denn dann hätte ich ihn nie kennengelernt. Ich hätte diese Probleme nicht und diese Sorgen um ihn nicht, ich hätte nicht diese Eifersucht oder den Drang, ihn zu haben.
,, Alonso würde sie niemals zurücknehmen!", rief Keyla ihre jüngere Schwester an. María stand daraufhin nur wütend von ihrem Bett auf.
,, Ich hab sie aber letzten rumkutschen sehen!" Ich zog scharf die Luft ein, als sich plötzlich alles in mir verkrampfe. Mein Herz, Gott, mein Herz tat am Meisten weh. Es fühlte sich so an, als ob mein Herz aus Glas wäre und es jemand achtlos auf den Boden geworfen hätte. Als ob jemand ein Messer genau in meine Brust stach. Genau an die Stelle, an der mein Herz wie wild pochte und sich nicht beruhigen wollte.
Ich hielt diesen Schmerz nicht aus, denn es war was ganz neues. Ich hatte so gemischte Gefühle. Einerseits war ich so wütend auf Alonso und hasste ihn, doch andererseits ...
,, Oh shit", murmelte Keyla und strich mir beruhigend über den Rücken. ,, Sie hat sich verliebt."
•••
Meine Schritte waren gleichmäßig und taktvoll, als ich mit gesenktem Kopf den Flur entlang lief. Vor mir standen Keyla und María. Während meine beste Freundin ihre jüngere Schwester sauer ansah, guckte diese nur, wie ich, auf den Boden.
Wir gingen von einer Hintertür aus hinaus und trafen auf einen Basketballplatz hinter der Halle.
Ich hatte mich nicht überreden lassen, mit zu kommen. Es war meine eigene Entscheidung die ich traf. Denn es würde höchste Zeit, mich nicht mehr von ihm zu verstecken.
,, Hey, was macht ihr denn hier?" Scheiße, warum hatte er denn kein Shirt an? Und warum sah er verschwitzt so gut aus?
,, Dürfen wir nicht?", giftete María sofort, was mich zum schmunzeln brachte.
,, Natürlich, und die princesa habt ihr auch mitgebracht?", grinste Alonso und zwinkerte mir zu. Mein Herz hatte schon zu rasen begonnen, als wir die Halle betreten hatten, doch nun stieg mein Herzschlag um Mengen.
,, Wir wollten nur vorbeischauen", erwiderte Keyla und saß sich auf eine Bank vor dem Basketballplatz hin. Ich tat es ihr gleich und zog meine Beine an meinen Oberkörper.
,, Hey, lass die Schultern nicht so hängen." Keyla schubste mich an den Schultern an, während ich betrübt zusah, wie María mit Alonso auf spanisch sprach.
,, Weißt du", fing ich mit zitternder Stimme an. ,, Es ist einfach ein scheiß Gefühl, wenn du weißt, dass er dich nie lieben wird."
Keyla sah mich ohne jegliche Mimik an, doch dann schüttelte sie nur traurig den Kopf. ,, Woher willst du es wissen, wenn du es nicht mal versucht hast."
,, Würde es etwas bringen?"
,, Vielleicht will er dich nur beschützen." Ich lachte verächtlich auf und schüttelte den Kopf.
,, Er ist ein Gangmitglied. Weißt du wie gefährlich es ist, überhaupt seine Familie zu beschützen?" Ich hatte noch nie so genau über sein Gangleben gedacht. Warum machte er überhaupt bei so einem Mist mit?
Plötzlich hörte ich einen Schuss. Dann würden es mehrere. Der Ton traf meine Ohren, wie ein Pfeil, der sich in Sekundenschnelle hineinstach und blitzschnell wieder rausgezogen wurde.
,, Bücken!", schrie eine weibliche Stimme, doch ich nahm nichts mehr wahr, da ein weiterer Schuss sich durch meine Ohren bohrte und meinen Kopf vibrieren ließ.
,, Scheiße, Sam, BÜCK DICH!", hörte ich Alonso laut und deutlich rufen. Ich öffnete meine Augen und sah, wie er hinter einem Busch gebückt war und eine Waffe in seiner Hand hielt.
Alles passierte so langsam und doch so schnell, dass ich gar nicht mitkam und meinen Körper nicht kontrollieren konnte. Ich zitterte schrecklich. Wenige Sekunden später zog mich jemand unter die Bank und ein weiterer Schuss, der viel näher war, durchfuhr meine Ohren. Ich zuckte zusammen und versuchte die Tränen und die Angst hinunter zu schlucken. Mein Herz raste, doch diesmal nicht wegen Alonso, sondern wegen der Angst zu sterben.
,, CRIMES!", schrie eine tiefe, männliche Stimme. Alles passierte auf einmal so schnell, da war plötzlich niemand mehr neben mir oder um mich herum, außer ein paar dunkel gekleidete Typen mit einem grün-schwarzem Bandana. Einer zog mich urplötzlich hoch hielt mir eine Waffe an den Kopf.
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New York Nights
Teen FictionIhr altes Leben ließ Samantha Hanson in Florida, als sie mit ihrer vierköpfigen Familie nach New York City zog. Eine Stadt voller Leben und Liebe, egal ob Tag oder Nacht, es war immer etwas los. Und als sich die aufbrausende Sam im falschen Viertel...