Kapitel 10

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,, Sam, wir müssen reden." Verena zog mich am Arm zu ihrem Spind, wo Lia auf uns wartete. Beide musterten mich merkwürdig, was mir ein mulmiges Gefühl gab.

,, Vielleicht war das in Florida so", begann Lia. Sie sah mir ernst in die Augen. ,, Aber das hier ist New York. Du kannst so einfach abgeknallt werden, und wir wissen doch alle, dass man nicht mit diesen Gangstern abhängen sollte. Willst du sterben?"

Irgendwie wollte ich gehen, beide bereiteten mir schon mit ihren Blicken ein schlechtes Gefühl.

,, Du wirst mit reingezogen. Und ehe du dich versiehst, haben sie dir ein illegales Tattoo stechen lassen, und du bist in einer Gang. Weißt du was das bedeutet?", fragte mich Verena. Ich schüttelte den Kopf und sah hoch, in ihre eisblauen Augen. ,, Das bedeutet, dass du um dein Leben kämpfen musst. Keine Zukunft. Aber du hast viel mehr verdient, weil du besser bist als sie. Wir sind besser als sie, und haben eine Zukunft. Wir haben es nicht nötig so zu leben." Ich zog die Augenbrauen zusammen und verengte meine Augen. Was wollte sie damit sagen? Dass wir etwas besseres seien, nur weil wir mehr Geld hatten?

,, Hör auf mit diesem Latino abzuhängen. Es ist schlecht für dich und deine Zukunft", beendete Verena den Satz und ging. Ich sah schockiert zu Lia, die mich bedauernd ansah.

,, Sam, du bist so naiv. Wir wollen nicht, dass dir etwas passiert. Okay?" Ihre Augen füllten sich mit Tränen, die kurz davor waren, ihre Wangen hinunter zu rollen. Ich runzelte verwirrt die Stirn.

,, Aber Lia, was soll das?"

,, Vertrau uns einfach, ja?" Ich konnte es ihr nicht versprechen. Irgendwie mochte ich Alonso.

,, Hmm", murmelte ich nur und sah auf meine Chucks. Sie lächelte leicht und stolzierte zu ihrem Kurs, mit ihren schwarzen Plateau Heels. Lia war wirklich sonderbar. Sie hatte eine zierliche Figur, doch ihr Style war so gewagt und dunkel. Und ihre Art war einfach nur süß. Es passte irgendwie nicht zu ihrem Aussehen, doch das machte sie so sonderbar.

Ich seufzte leicht und schüttelte den Kopf. Ich wollte sie nicht anlügen, doch irgendwie konnte ich nicht glauben, was mir Verena erzählt hatte. Irgendwie wollte ich es nicht glauben.

-

Ich ging die Stufen hinunter, auf dem Weg zum Parkplatz, als mir auffiel, dass Mom unser Auto hatte. Genervt stöhnte ich und ging zur Bushaltestelle.

,, Hey, bleib stehen, Samy!", schrie jemand hinter mir. Keyla atmete schwer, als sie bei mir ankam und mich anlächelte.

,, Samy?", lachte ich.

,, Wohin des Weges?" , grinste sie nur und wedelte mir der Hand.

,, Nachhause", antwortete ich und sah mich kurz um. Kein Alonso.

,, Wo ist dein Auto?"

,, Meine Mom hat es."

,, Kannst du zu mir?" Verblüfft sah ich sie an, und überlegte kurz. Ich dachte an Verena's Worte und an Lia's Sorge.

No risk, no fun.

,, Klar. Ich schreib nur kurz meiner Ma." Sie nickte zufrieden und schien auch mit jemandem zu telefonieren.

Ich: Bin bei einer Neues Freundin. Geht das klar?
Mom: Kauf Milch ein, wenn du wieder kommst.     

,, Geht klar. Wollen wir los?", ich ging auf die Bushaltestelle zu, doch hielt inne in meiner Bewegung, als ich sah, dass Keyla mich nur breit angrinste.

Plötzlich führen zwei Motorräder auf den Parkplatz. Völlig fasziniert beobachtete ich jede ihrer Bewegungen, bis die zwei Motorräder vor uns hielten, samt Fahrer.

Sie zogen ihren Helm aus und ich starrte ein paar Sekunden auf Alonso's lockige Mähne.

,, Ich wusste, dass du drauf starrst!", begrüßte er mich grinsend und ging von seinem Motorrad runter. Ich knirschte mit den Zähnen und schüttelte den Kopf.

,, Stimmt nicht! Ich hab nur auf deinen ... Helm geguckt. Darf ich das nicht?" Keyla hielt sich auf einmal die Hand auf den Mund vor Schock und schubste mich mit der anderen an.

,, Ihr seid so süß zusammen!", kreischte sie. Ich schüttelte den Kopf und zeigte ihr den Vogel.

,, Spinnst du?" Mein Stolz wollte es wohl nicht Wahr haben, dass ich ihn mochte.

,, Finde ich auch. Die weiße gringa krieg' ich eh noch", lachte er. Ich schüttelte stutzig den Kopf. Mich würde er erst recht nicht bekommen!

,, Chica, mach dir keine Hoffnungen!", rief ein anderer Typ. Ich sah ihm ins Gesicht und von irgendwoher erkannte ich ihn.

,, Das ist Ramon", lächelte Keyla. Sie ging auf ihn zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ramon sah sie erst verwirrt an. Danach schüttelte er schnell den Kopf doch letztendlich nickte er. Sein Gesichtsausdruck gleichte einem langweiligen Panda.

,, Lasst uns los." Ramon stieg auf sein Motorrad, Keyla dahinter. Beide zogen sich ihren Helm an und düsten los. Davor wedelte sie noch mit der Hand und kicherte mich an. Ich starrte ihnen hinterher, mit offenem Mund und wendete mich nun Alonso.

,, W-wa .. eh .. ", fing ich stotternd an und sah nochmal in die Richtung, wo Keyla und Ramon verschwunden waren.

,, Steig rauf", befahl er mir. Ich sah mir sein Motorrad nochmal an und war beeindruckt. Es war eine schöne Maschine.

,, Nein, nicht dein Ernst", stöhnte er genervt. ,, Du bist nicht einer dieser Mädchen, die Angst vor mein Baby haben, oder?"

,, Dein Baby?" Er klopfte auf das Motorrad.

,, Genau. Er heißt Luis."

,, Luis? Ach du scheiße, Alonso! Was ist schief bei dir gelaufen?", lachte ich amüsiert und lehnte mich an sein Motorrad.

,, Komm schon, Steig auf. Du musst keine Angst haben." Empört sah ich den Latino vor mir an.

,, Ich und Angst? Diese zwei Wörter gibt nicht in einem Satz. Ich liebe Motorräder. Lass uns fahren." Er sah mich erstaunt an und hob die Augenbraue, als ich mich hinter ihm hin saß und auf den Helm wartete. Er gab mir sofort einen.

,, Wo ist deiner?", fragte ich Alonso und suchte den zweiten Helm.

,, Ich hab keinen zweiten."

,, Warum trägst du dann nicht diesen?" Er drehte sich um, lächelte mich kurz an und fragte:,, Bereit?"

Ich zog mir schnell den Helm an und legte meine Arme um ihn. Meinen Kopf lehnte ich langsam an seinen Rücken und hatte Angst, dass er meinen schnellen Herzschlag hören konnte.

,, Bereit!"

New York NightsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt